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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 23.1905

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Nr. 11
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Detzel, Heinrich: Ein Gang durch restaurierte Kirchen, [32]
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https://doi.org/10.11588/diglit.15938#0116

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104

Kosten des Großzehntherrn wieder auf- 1
gebaut wurde. „Mit dieser Summe aber,"
berichtet Hasen (S. 80), „brachte mau
den Bau bloß unter Dach. Eine zweite
Umlage war notwendig, niemand ivollte
jedoch mehr zahlen. Die Verhandlungen
dauerten jahrelang. Kaplan Ignaz Edel-
bert Werner, welcher den Ban kräftig
betrieb, hielt unterdes Gottesdienst in der
halb ansgebauten Kirche. Endlich kamen
wieder Gelder, der Bau wurde vollendet,
und die schöne Kirche, in freundlicher,
stiller Lage auf sonniger Höhe, wurde
1793 am Dage des hl. Gebhard einge-
weiht." Diese alte Kirche hatte Decken-
gemälde von dem Maler Andreas
Brugger, welcher 1737 zu Kreßbronn
geboren ward und den Graf Ernst von
Montfort in Wien und Nom hatte bilden
lassen. Er fertigte diese Deckengemälde
in Gattnau ans Anhänglichkeit an die
Kirchengemeinde, der er entsprossen, un-
entgeltlich ; außerdem schuf er in der Ge-
gend noch Gemälde zu Norschach, in der
ehemaligen alten Kirche zu Tettnang, zu
Langenargen ». s. w. und starb in letz-
terem Orte im Jahre 1812.

Diese int Jahre 1 788 erbaute Kirche
wurde nun ilach und nach für die an-
wachsende Pfarrgemeinde zu klein; sie war
bei 159 Fuß Länge und 53 Fuß Breite
nur 36 Fuß hoch und bot so auch architek-
tonisch durch ihre niedrige Decke ein Miß-
verhältnis. Schon bei der Einschätzung
zum Behnfe der Lastenabfindnng fand man
die Kirche zu klein, und cs wurde des-
halb eine Summe von 5000 Gulden,
verzinslich vom 1. Januar 1849 an, zur
einstigen Erweiterung ausgeworsen. Auch
stiftete 1863 der frühere Kaplan in
Gattnau, Df. Johannes v. Auer, ein
Kapital von 6380 Gulden zur „Ver-
besserung imb Verschönerung der Kirche".
Diese Gelder waren nun so angewachsen,
daß man in unserer Zeit an einen voll-
ständigen Umbau und an eine durch-
greifende Erneuerung des Innern der
Kirche gehen konnte.

Es wurde nun der Architekt Codes
in Stuttgart berufen, um Pläne für die
Erweiterung der Kirche, Erhöhung des
Turmes n. s. w. zu fertigen, und es
konnte im Spätsommer 1902 mit den
Arbeiten begonnen werden. Die Kirche

1 wurde vollständig nmgebant, und zwar
im Spätrenaissancestil: ver allem erhielt
sie auf der Westseite einen architektonisch
sehr wirkungsvollen Anbau in einem
Polygon, das bis in die mittlere Höhe
der Kirche hinnnfgeführt wurde und die
Vorhalle bildet. Der Westgiebel mußte
infolge dessen neu erstellt und entsprechend
erhöht werden, desgleichen auch dieSchiffs-
mauern um 11/2 Meter, ebenso mußte ein
neuer höherer Dachstuhl, der dem Zim-
mermeister Bened. Banr in Hemigkofen
übertragen wurde, erbaut werden. Der
neue Plafond im Schiff der Kirche wurde
in Kassettenform hergestellt, gerohrt und
' mit einer zwei Zentimeter dicken Gipsdecke
versehen. Diese wie alle anderen Gipser-
arbeiten besorgte Joh. B. Malang von
Kreßbronn. Sämtliche Fenster im Schiff
wurden durch Glasermeister Klotz in
Ravensburg neu hergestellt und wurde
hiezu Kathedralglas mit farbigen Bor-
düren verwendet. Der Boden der Kirche
wurde um 15 Zentimeter vertieft und mit
Mettlacher Plättchen belegt; auch ein neues
Kirchengestühl wurde erstellt. Die Empore
wurde nin einen halben Meter erhöht und
dadurch erweitert, das; die neue Orgel
zurückversetzt wurde in das Polygon, das
zugleich gegen die Empore hin durch einen
neuen Chorbogen, also einen zweiten,
westlichen Chorbogen, in der Kirche abge-
schlossen wurde, wodurch auch im Hinteren
Teil der Kirche, inwendig, entsprechend
dem Aeußern, ein wirkungsvolles, schönes
Architektnrbild entsteht. Der östliche Chor-
bogen mußte abgebrochen und um einen
Nieter höher gesprengt werde», auch
wurden die Chorwände neu verputzt und
die Lisenen gerade gezogen. Der Turm,
der aus spätgotischer Zeit stammt, mußte
wegen Bnnfälligkeit zur Hälfte abgetragen
werden; er ist wieder neu aufgebaut und
wurde, damit er das erhöhte Kirchendach
überragt, um fast fünf Meter über sein
ursprüngliches Maß erhöht, auch ist er
wieder mit einem Satteldach und einem
Dachreiter darauf bekrönt worden, so daß
er jetzt mit seinem grünen Ziegeldach und
in seiner imposanten Höhe weit hinans-
schaut in das schwäbische Meer und die
ganze Seeufergegend beherrscht. Er ist
jetzt einer der stattlichsten Türme der
ganzen Seegegend. Alle diese Maurer-
 
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