Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Hinweis: Ihre bisherige Sitzung ist abgelaufen. Sie arbeiten in einer neuen Sitzung weiter.
Metadaten

Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 24.1906

DOI Heft:
Nr. 2
DOI Artikel:
Bogner, Heinrich: Die Bedeutung des Aachener Oktogons als Zentralbau, [2]
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.15939#0027

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Solche Gewohnheit basiert jedenfalls auf
den Eigenschaften des Oktogons, es für
einen größeren Bau geeignet erscheinen zn
lassen, zumal auf der Eigenschaft, sich von
der eintönigen Kreisform ebensoweit zu
entfernen wie von der starren, wenig llnter-
stützungspunkte bietendenQnadratform.Jni
Oktogon ist danach in gewissem Sinne
eine Vollkommenheit erreicht. Und darauf
mag das Sprichwort 'Aucuhoxim in der
Bedeutung „es fehle nichts" zurückzuführeu
sein, angewendet zunächst auf das Grab-
mal des lyrischen Dichters Stesichorns
vor dem Tore der Stadt Catanea, ein
Grabmal, welches acht Säulen und acht
„Winkel" hatte und zu dein acht Stufen
hinanfführten?)

Es ist nach vorstehenden Ausführungen
anzunehmen, daß die Wahl des Zentral-
b a u e s im A a ch euer Al ü n st e r durch
seinen ZweckalsGrabkapelle bestimmt
ivurde und lag in diesem Falle als Vor-
bild die Grabkirche S. Vitale in Ravenna
nahe.

In diesem Sinne möchte sich Verfasser
die Worte von Rebersa) aneignen: „Es
wäre befremdend, wenn Karl der Große,
der in Rom gekrönte, römische Kaiser, der
treue Sohn der römischen Kirche, welcher
jedenfalls mehr Grund hatte, ans eine der
römischen Hanptbasiliken, zumal auf jene,
in welcher er die Kaiserkrone empfing,
sein Augenmerk zu richten, auf den Ge-
danken gekommen wäre, eine abseits be-
findliche Anomalie alsVorbild 311 erwählen."

Noch mehr Uebereinstimmung mit dem
Grundriß der Pfalzkapelle — innen Acht-,
außen Sechzehneck — als S. Vitale be-
kundet freilich die ungewöhnliche Kom-
bination von Rotunde und Oktogon, welche
bei den zwei Rundbauten zn Jerusalem
gefunden wurde.

Die andere Bestimmung der Pfalzkapelle
als Hof-, als P a l a st k i r ch e beeinflußte
wahrscheinlich weit weniger die Gesamt-
form, war nur Veranlassung zur Ein- !
Achtung von Emporen.

Kirchen mit bes. Berücksichtigung von Breslau.
S. 225—262 ) S. 227.

’) Ebendaselbst, S. 220.

-) Reber, Frz. u.. Der karolingische Palastbau.
l. Die Vorbilder. (Aus den Abhandlungen der
k. b. Atad. d. Wissensch. 3. .al. XIX. Bd.

1II. Abteilung. München 1391.) S. n.

Aiit dem erstgenannten Zwecke, dem als
Grabkirche, welcher freilich das wesentliche
Erfordernis einer solchen, nämlich die
Krypta?) fehlt, läßt sich die ganze Physiog-
nomie der Pfalzkapclle entfernt in Ein-
klang bringen.

Diese hat gewiß nicht das Gepräge eines
luftigen, von leichten Stützen getragenen
und selbst leichten Baues. Im Gegen-
teil ! Sie erscheint von außen verhältnis-
mäßig gedrungen, innen in ihren unteren
Partien derart, daß sie auch ohne be-
sondere Vorkehrungen, wie es die zahl-
reichen Verankerungen 2) sind, welche man
zwar beispielsweise auch in den Abseiten
der Sophienkirche zn Konstantinopel für
nolwendig erachtete, in S. Vitale dagegen
infolge der Epedrenbildnng entbehrt werden
konnten,'') eine mehr als genügende Sicher-
heit gegen Einsturz geboten hätte. Kurz,
eine monumentale Durchführung steht in
Aachen einer mehr eleganten Bauweise der
Gemeindekirche (Basilika) gegenüber. Es
scheint sogar, daß es der fränkische Kaiser
mehr als die griechischen Souveräne aus
die Eigenschaft der Festigkeit abgesehen
hatte, denn sein Werk hat sich wohl er-
halten, ohne wie die Sophienkirche der
Ausbesserungen oder der Konsolidation zn
bedürfen?) Der Eindruck der Monumen-
talität ist gewiß durch eine s i ch t b a r e Stein-
kuppel, welche Verfasser ans verschiedene»
Gründen annehmen zu dürfen glaubt, er-
höht worden. Waren doch schon, um nur
dies eine zu betonen, im Altertum im
Gegensatz zn der architravartigen. Decke
und der itzängenrichtung der eigentlichen
Göllertempel die Grabtempel durch die
Knppelform ausgezeichnet und im Vergleich
zn den niedrigen Formen der übrigen Tempel
mehr tnrmartig gestaltet.

') Weingartner, S. 31.

Rhoe», C., Die Kapelle der karolingischen
Pfalz zn Aachen. (Zeitschr. d. Aach. Gesch.-B
8. Bd. 1880.) BI. 2. Fig. 5 und 0; Nvlteu
S. 13. —

s) Hübsch, H., Die altchristlichen Kirchen nach
den Baudenkmalen und älteren Beschreibungen
und der Einfluß des altchristlichen Baustils auf
den Kirchenbau aller spateren Perioden. Karls-
ruhe 1862—1868. S. 50.

4) Dartein, 1*'. de, Etüde fur l’architecture
lombarde et sur les origines de l’architecture
romano-byzanline. Daris 1865—1882. p. 110
i bis 116,
 
Annotationen