Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Hinweis: Ihre bisherige Sitzung ist abgelaufen. Sie arbeiten in einer neuen Sitzung weiter.
Metadaten

Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 24.1906

DOI Heft:
Nr. 4
DOI Artikel:
Giefel, Joseph Anton: Geschichte des katholischen Gottesdienstes in Ludwigsburg, [2]
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.15939#0045

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
— N

Regiment der Garde du Corps zu Fug,
2 Bataillons von „alt Kreis" und 2 Ba-
taillons von Prinz Louis. Bei einem
jeden Evangelio, ivelche unter den 4 Por-
talen der drei innern Höfe abgesungen
ivurden, feuerten die Regimenter, wie
dann auch die in dein hochfürstl. Schloß-
garten anfgefnhrten Stücke während der
Prozession beständig abgefenert wurden.
Nach geendigter Prozession ivnrde das
Hochamt der hl. Messe unter dreimaliger
Abfenernng soivohl der Kanonen als klei-
nen Gewehre abgesnngen, abends um
4 Uhr aber die Solennitüt dieses Fest-
tages mit einer solennen Vesper unter
abermaliger Abfenernng der Kanonen be-
schlossen."

Die Landschaft brachte die Sache bis
vor den Regensburger Reichstag. Die
evangelischen und katholischen RcichSstände
nahmen sich der Sache an. Im übrigen
aber blieb es in Ludwigsburg die
nächsten 20 Jahre, ivelche die schweren
Kämpfe des Herzogs mit der Landschaft
ausfüllen, beim alten. 1.764 drang
diese wieder ans Aufhebung des Gottes-
dienstes in der katholischen O'emeinde-
kirche und gänzliche Schließung derselben.
Der Herzog aber sollte gehalten sein,
das Geläute in seiner eigenen Hofkapelle
zu Lndivigsbnrg abzustellen, den Gottes-
dienst durch keinen fremden Priester ver-
richten zu lassen und seine Hofkapellen zu
Grasenegg und ans der Solitude abzutun.

Die Stellung des Herzogs der Land-
schaft gegenüber ivard mittler'veile iiiliner
gespannter. Hauptsächlich waren es auch
die Lnbwigsburger Religionsverhältnisse,
welche die Stände unter den Hanptbe-
schwerdcn bezeichneten und weshalb sie den
Herzog bei dem Kaiser verklagten. Da
verließ der Herzog Stuttgart mit seinem
ganzen Hofstaat und schlug seine Residenz
in Lndivigsbnrg ans.

Am 25. Juli 1767 reisten auf beson-
deren Befehl des Herzogs alle Hofkapläne
nach Ludwigsburg ab, mit Ausnahme des
Hofkaplans Seiz, welcher zu Stuttgart
zurückbleiben mußte, um den Gottesdienst
daselbst zu besorgen.

Der Gottesdienst wurde damals hier
in folgender Ordnung gehalten: An Werk-
tagen war täglich hl. Messe um 8 Uhr,
von Allerheiligen bis zum Matthiästag

8-/2, auch 9 Uhr. An Sonn- und Feier-
tagen beginnt die Messe um 1k Uhr,
wenn gepredigt wird, so geschieht dies
vorher nach 10 Uhr. An höheren Festen
wird 3 Uhr nachmittags die Vesper ge-
sungen , an kleineren Festen wird ein
Rosenkranz. mit Litanei gebetet. Am
Mittivoch und Freitag wird nach der
Messe in der Sakristei mit den Kleinen
eine Katechese gehalten. An Festtagen,
wenn nicht gepredigt wird, singen die
Italiener mit hoher Stimme (castrati)
nach 9 Uhr einen Rosenkranz. Außerdem
waren die Lndwigsbnrger katholischen
Geistlichen da und wurde in der katho-
lischen Gemeindekirche für die katholischen
Gemeindeglieder Gottesdienst gehalten.

Der Sturm aber kam bald zum Ans-
bruch. Am Hof zu Wien wurde unter-
handelt. Der Herzog, der Geld brauchte,
mußte nachgeben, und so kam unterm
27. Februar und 2. März 1 770 ein von
Kaiser Joseph sanktionierter, zwischen dem
Herzog einerseits und der Landschaft an-
derseits abgeschlossener Vertrag zu stände,
durch welchen die Landschaft erreichte,
was sie seit beinahe 50 Jahren ange-
strebt hatte: Schließung der Gemeinde-
kirche und Entfernung der Glocken aus
der Hofkapelle. Die Lndwigsbnrger Ka-
tholiken sollten sich für die Zukunft an
dein Gottesdienste in der herzoglichen
Hofkapelle begnügen lassen. In dem schon
oben angeführten Berichte des Hoflaplans
Schreyer und J. Mainone vonLudwigsburg
vom Jahre 1771 heißt es: „Es könnte doch
auch der Fall eintreten, daß ein in der Regie-
rung nachfolgender Herzog seine Hof-
kapelle nicht zur Gemeindekirche machen
lassen wollte. Vielleicht gehen aber die
Absichten der Landstände gar dahin, daß,
wenn ein Herzog protestantischer Religion
nach ihren sehnlichen Wünschen in der
Regierung folgen sollte, ans einmal das
katholische Religionswesen ansgetilgt wer-
den solle."

Die gänzliche Schließung der katholi-
schen Kirche zog sich bis in den Sommer
I 772 hinein. Noch am 18. Januar 1771
baten die katholischen Lndwigsbnrger Bür-
ger Joh. Friedrich Banhardt,-) Bren-

') Eine aus Rottenburg a. N. stammende
Familie. Der LudwigSburger Maurermeister
 
Annotationen