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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 24.1906

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Nr. 5
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Rohr, Ignaz: Eine Ausstellung von Goldschmiedearbeiten
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https://doi.org/10.11588/diglit.15939#0057

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auf bis in die Nokokozeit. Die Nähte
zwischen den eiiizelnen Feldern sind ent-
weder glatt, oder — und zwar manch-
mal in sehr ansdringlicher und schwer-
fälliger Weise — durch Band- und Flecht-
werk hervorgehoben. Der einfachste Schmuck
für den Fuß ist die Gravierung. Der
Gegenstand derselben sind Ranken, Spruch-
bänder mit Stifternamen, manchmal aber
auch mit recht sinnigen Anrufungen,
Bilder vom einfachen Brustbild bis znm
signrenreichen Gruppenbild. Einzelne der-
selben sind in ihrer Art wahre Meister-
werke und stehen an Vollendung in nichts
zurück hinter den Gravierungen ans einer
gleichfalls ansgestellten Monstranz ans
Oberglogan, bei denen man Anklänge an
einen Wohlgemntschen Holzschnitt gefun-
den hat. Eine andere Art des Schmuckes
sind Email, Unterglasinalerei und Niello.
An plastischem Dekor finden sich: ge-
triebene Ornamente jeder Stilgattung,
Figuren und Kompositionen in derselben
Technik, anfgelötete Körnchen und Schnüre,
anfgeschranbte Heiligensigürchen oder Wap-
penschilder mit Inschriften, Halbedelsteine,
Edelsteine und deren Imitationen in ent-
sprechender Fassung. Für Ungarn ist
charakteristisch das reiche, farbenfrohe
Drahtemail, für die Grafschaft Glatz die
Besetzung mit Granaten. Der Nvdns
hat zunächst die schlichte Form eines ein-
fachen Knotens; bald aber bemächtigt sich
die Architektur desselben, treibt Stangen
hindurch, versieht sie an den Enden mit
Nägeln, Rosetten, Niello und Inschriften,
arbeitet ihn wohl gar znm Hänschen um
als Schrein für Figürchen und flankiert
ihn das eine- und anderemal mit Fialen
und anderen Ziergliedern in einer Fülle,
daß er bei nnsern modernen, spitzen-
besetzten Albenärmeln direkt die Gefahr
des Hängenbleibens involviert und den
Kelch praktisch unbrauchbar macht. Die
Renaissance zwingt ihn wieder in strengere
Formen; Barock nnd Rokoko dagegen
bieten neue Möglichkeit zn freierer Be-
handlung. Insbesondere ermöglicht es
der Naturalismus des Barock, ihm ein-
fach die Trauben- oder Birnform zn
gebe». Die Cnppa macht sowohl in
der Form als im Ornament alle Stil-
wandlnngen mit. In der Frühgotik ist
sie niedrig, aber nach oben weit aus-

ladend , im Lauf der Zeit wird sie
schlanker, nach oben enger nnd bis über
die Milte hinaus mit Ornamenten man-
nigfachster Art bedeckt, das eine- nnd
anderemal geradezu überladen. Die ver-
wendeten Motive sind denen des Fußes
ähnlich: Gravierung, Rankenwerk der
verschiedenen Stilarten, Email, Medail-
lons, Engelsköpfe, Engel als Schilvhalter,
Reliefs nnd Halbfignren. Als Unikum
möge genannt werden ein Kelch, den
König Maximilian von Bayern an Kar-
dinal Diepenbrock schenkte: ans dem Fuß
baut sich völlig naturalistisch behandeltes
Wnrzelwerk auf; die Cnppa ist mit zwölf
Blumenkelchen garniert, ans denen je die
HalbfigNr eines Apostels hervorragt. Auch
ein Kelch ans Pawonkan ans der zweiten
Hälfte des 17. Jahrhunderts verdient be-
sondere Erwähnung: die Stelle des

Ständers vertritt eine feine weibliche Ge-
wandfigur, die mit erhobenen Händen die
Cnppa trägt.

In größeren Dimensionen ansgeführt
kehren die Formen der Kelche bei den
Ziborien wieder. Eine eingehendere
Behandlung derselben ist deshalb nicht
nötig, nur sei betont, daß fast nie gegen
das Ebenmaß gesündigt mürbe, obgleich
die Größenverhältnisse diese Gefahr un-
mittelbar nahelegten. Die Krone ans dem
Deckel erscheint manchmal unverhältnis-
mäßig groß, ist aber ans die Bekleidung
mit dem Mäntelchen berechnet.

Die M o n st r a n z e n zeigen eine
bunte Mannigfaltigkeit nnd Reichhal-
tigkeit in der Ausführung, obgleich
allen zusammen eigentlich nur zwei
Typen zn Grunde liegen: die Tnrmform
nnd die Sonnenform. Eine Sonder-
stellung innerhalb der erster» Gattung
nimmt die Monstranz von Ratibor ein.
Der Turin ruht nicht ans Fuß nnd Schaft
mit Nodns ähnlich dem Unterbau der
Kelche, sondern baut sich im Sechseck auf
sechs gegossenen Löwen ans. Das Unter-
geschoß birgt Christus als Schmerzens-
mann in der Art der gregorianischen
Messe, das Obergeschoß den zylindrischen
Tabernakel. Nebengeschosse mit Pfeilern,
Säulen, Fialen nnd Heiligenfiguren flan-
kieren den Kern; ein Pelikannest krönt
ihn. Man vermutet Beit Stoß als Ur-
heber des Entwurfs. Gewißheit ist vor-.
 
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