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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 24.1906

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Nr. 5
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Rohr, Ignaz: Eine Ausstellung von Goldschmiedearbeiten
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https://doi.org/10.11588/diglit.15939#0058

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47

erst nicht zu erzielen; aber das Werk'
würde ihm alle Ehre machen. Bei den
Sonnenmonstranzen sind vier Besonder-
heiten zu nennen: die noch tief in die
Barockzeit hinein reichende Zentralanlage
des Fußes, die wiederholte Anwendung
des Stammbaumes Christi als Grund-
idee für die Ausgestaltung, die häufige
Anwendung von Heiligenfiguren und das l
Ebenmaß bei aller Größe der Dimen-
sionen. Die Zentralanlage des Fußes j
(im Vier-, Sechs- und Achtpaß) steht j
eigentlich im Widerspruch mit der sehrJ
in die Breite, aber eben nur nach zwei
Seiten ausladenden Sonnenmonstranz und I
ist nur zu erklären als Nachklang der
Gotik. Der Stammbaum Christi ist in
der Weise verwendet, daß Jesse entweder
mit Fuße liegt und von da aus sich der
Stammbaum mit den signifikantesten
Zwischengliedern ausbaut, oder daß der
Stammvater karpatidenartig den Schaft
maskiert. Die Heiligenfiguren sind ent-
weder als Relief getrieben oder in voller
Figur angeschranbt bezw. genietet, oder
als Halbfignren in Kartuschen und andrer
passender Fassung angebracht. In einem
Fall bedeckt die Halbfigur der Mutter- j
gottes fast den ganzen Sonnenkern und
trägt in der durchbrochenen Brust den
Kristalleinsatz für das Allerheiligste.

Tie R e l i q u iari e n finden sich in
Hand-, Arm-, Kopf-, Brust-, Kreuz-,
Monstrauzform und Vollfigur und kehren
in allen Clilperioden wieder. Hier war
besonders reiche Gelegenheit zur Verwen-
dung von Juwelen und Halbedelsteinen,
und es zeigt sich auch hier das lange
Nachwirken der Gotik.

Die vorhandenen Taufbecken fallen
auf durch die Größe der Dimensionen
und einzelne durch plastische Darstellungen,
sogar von Scene» aus der griechischen
Mythologie.

Der Größe nach nimmt die erste Stelle
unter allen Ausstellungsobjekten das Ante-
pendinm aus dein Breslauer Dom ein
mit den Martyrien der Patrone der
Kathedrale (1,02 X 3,20 Meter, in Silber
getrieben) aus dem Jahr 1704, und die
von dem schwäbischen Bischof Jerin für
den Hochaltar desselben Doins beschaffenen
Figuren der Patrone sowie des Gekreu-
zigten mit Maria und Johannes ans dem

Jahr 1590, gleichfalls aus Silber. Letz-
tere Gruppe von Figuren ist ein inter-
essantes Beispiel deS Ringens zwischen der
strengen Linienführung der Gotik und der
freieren Art der späteren Zeit.

M e ß k ü n n ch e n, E w i g l i ch t l a m -
p e n und Weih m a s s e r b e ck e n aus der
Barockzeit und später sind mehrfach ver-
treten. Die Teller zu den Kännchen wei-
sen znm Teil prächtige Ornamente in ge-
triebener Arbeit auf.

Was p r o t e st a n t i s ch e K i r ch e und
Synagoge ausstellten, das geht mit
dein Stil der Entstehungszeit. Interessant
waren die Kelche protestantischer Kirchen
aus katholischer Zeit. Die Gemeinde-
kelche sind teilweise schwerfällig und das
von dieser Seite Ausgestellte trat sehr
zurück gegenüber den katholischen Para-
menten. Gerade auf protestantischer Seite
wurde dies in der Ausstellung selber
wiederholt konstatiert. Rechnet man zum
heutigen Besitz auf katholischer Seite noch
das, was ihr die Säkularisation entzogen
hat, so ist sie völlig liors de concours.

An profanen Gegenstände n
waren neben einigen wenigen Schmuck-
sachen vor allem eine stattliche Anzahl
teilweise vortrefflicher Becher, Humpen
und Waffen sowie der Besitz von Gilden
und Zünften zu sehen, letzterer mehr
kulturhistorisch als künstlerisch interessant.

Wo die Meister (oder mittels der
Beschauzeichen) wenigstens der O r t der
Anfertigung angegeben werden konnte,
da geschah es. Die meisten Arbeiten
stammen ans Schlesien selber; doch wird
auch eine Reihe anderer deutscher Städte,
wie München, Nürnberg, Augsburg, ja
selbst Paris und Nom genannt.

Der Eindruck der Ausstellung war
der denkbar vorteilhafteste. Es war nicht
nur die Menge des Gebotenen, welche
imponierte (981 Nummern), ebensowenig
der Metallwert (Ueberwiegen des Silbers
gegenüber vergoldetem Kupfer), sondern
vor allein die Reichhaltigkeit der Motive,
die Harmonie der Verhältnisse, der indi-
viduelle Charakter der Einzelarbeilen trotz
der Uebereinstiinmuug des Stils im all-
gemeinen. Es dürfte wohl selten die
Möglichkeit wiederkehren, so vieles und so
Gediegenes vereint zu sehen. Dieselbe
wurde denn auch reichlich ausgenützt.
 
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