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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 24.1906

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Nr. 6
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Ehrhart, Alfons: Die Entstehung der christlichen Basiliken, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.15939#0069

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bedeckten Mittelraum eine Aehnlichkeit mit
den Basiliken der Alten hatte. Sonach
muß man ebensowohl den heidnischen wie
den christlichen Römern nachrühmen, das;
beide Teile für ihre großartigen Zwecke
sich Gebäude schufen, deren Formen nicht
erborgt, sondern ans dem klaren Bewußt-
sein eines bestimmten Zweckes hervor-
gegangen waren."')

Bleibt es auch ein Verdienst Zester-
manns, neue Wege gesucht zu haben, so
war seine neue These wenig glücklich und
stieß alsbald ans vielseitigen Widerspruch.
Denn es ist ganz und gar unzulässig, eine
neue Kunsterscheinung wie die christliche
Basilika, aus dem zeitlichen und kulturellen
Zusammenhang vollständig heranszulösen.
Wenn auch nicht zu bezweifeln ist, daß
die Gemeiudebedürsnisse und der christliche
Geist bei Schaffung der Kultusstätteu
formend und bildend milwirkten, so steht
anderseits ebenso sicher fest, daß das
Christentum auch hier wie in anderem
an Vorhandenes und Gegebenes anknüpfte,
wie es ja überhaupt die alle Kultur in
kluger Weise sich dienstbar machte.

Im weiteren Suchen und Forschen
glaubte Meßmer den richtigen An-
knüpfungspunkt für die älteste christliche
Kultusstätte in der Privat-Vasilika,
dem Haupt- u n b P r a ch 1 saal der
Paläste römischer Großen in der Kaiser-
zeit, gefunden zu haben. Fast gleichzeitig
und ähnliche Wege gehend sah Wein-
gartner das Vorbild der christlichen Basi-
lika in dem „ägyptischen Saal" des
römischen Palastes.

Die These Meßmers wurde von R e b e r
weiter entwickelt und eingehender begründet.
Einen neuen Gesichtspunkt führten Mar-
tigny und F. X. Kraus in die Unter-
snchung ein, indem sie auch die Kata-
komben kapelleu und die über der
Erde gebauten Cömeterialbasiliken
in den Kreis der Betrachtung zogen und
sie als llebcrgang zu den Basiliken uach-
züweiseu versuchten. Auch I. P. R i ch t e r
knüpfte an die Katakomben an. Einen
weiteren originellen Lösnngsversnch der
Frage verdanken wir Dehio (Sitzungs-
berichte der k. b. Akademie der Wissen-

') Die antike» und die christlichen Basiliken
<3. 171.

schäften zu München, 1882, S. 301 bis
341). Dehio findet den Ursprung der
christlichen Basilika in dem Atrium
des r ö m i f ch e n W o h n h a u s e s. Das
Basilikengnerschisf führt er zurück ans
die alae des Atriums; „der oblonge
Grundplan mit der festen Perspektiven
Richtung auf das Sanktuarium, ja selbst
alle einzelnen Züge des Grundplanes er-
weisen sich als ein Gegebenes: Qner-
schiff und Chor im italienischen Cavae-
dium, die dreischiffige Teilung des Lang-
hauses im griechischen Peristil und die
Verschmelzung beider im spätrömischen
Säulenatrinm". Damit ist nach Dehio
der ganze Grundriß für die Basilika ge-
geben. Auch die Ueberhöhuua des Haupt-
schiffes der Basilika über die Seitenräiline
soll insofern mit dem Atrium, näherhin
mit seinem Grundriß zusammeuhäugeu,
als „die Ueberdachuug des Compluviums
nur in Verbindung mit Ueberhöhnng des-
selben ausführbar sein konnte". Das
Tabliuum des Atriums, der Ehrenplatz
des Hausherrn, findet Dehio in dem
Priesterchor der entwickelten Basilika, den
steinernen Tisch zwischen Tabliuum und
Jmpluvium des antiken Hauses findet er
in dem Altar, die clipeatae imagines
des römischen Atriums in den Wand-
dekorationen der Kirchen, Papst- und
Bischofsporträts. — Die Begründung der
These wirkt für den Augenblick bestechend.
K. Lange weist indes die These Dehios
mit Recht zurück. Denn die kleineren
Basiliken, für die doch das Atrium vor
allem als Vorbild in Betracht kommen
würde, haben ein Querschiff nur in seltenen
Fällen. Das Tabliuum ist stets viereckig
und hinten geöffnet, dee Chor der Basilika
aber fast immer halbrund und geschlossen.
Der Nachweis eines Zusammenhangs der
basilikalen Dachüberhöhung mit dem Atrium
erscheint auf den ersten Blick als gekünstelt
und erzwungen. Lodaun ist das Atrium
nur ein Hof, die Basilika aber eine Halle,
ein Haus.

Weit mehr Wahrscheinlichkeit als Dehios
Lösungsversuch hat derjenige Konrad
Langes für sich und erscheint uns iit
Verbindung mit den Thesen Meßmers,
Martignys und Kraus' die eigentliche
Lösung der Frage zu bedeuten, da wir
nicht einsehen können, wie gerade e i n
 
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