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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 24.1906

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Nr. 8
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Mayer, Franz Xaver: Die gotische Kirche in Eglosheim
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https://doi.org/10.11588/diglit.15939#0094

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82

hard im Bart). Das schöne alle schmid-
eiserne Beschlag an der Türe ist nicht
zn übersehen.

Ist daS Aeußere des Baues interessant,
so bietet das Innere dieser Kirche des
Betrachtenswerten gar vieles. Allerdings
darf unser kunstgeübtes Auge sich nicht
stoßen an fast undenkbaren Zutaten: im
Chor amphitheatralisch eingebaute Kirchen-
blinke, so daß die schönen Formen des
Sakramentshauses verdeckt und die Se-
dilieti-Nische unsichtbar gemacht ist. Nur
der obere Teil des Watidtabernakels schaut
über die Kirchenbänke hervor. Der Altar
ist unter dem Chorbogen ausgestellt, das
Antlitz der im Chor sitzenden Gläubigen
nach der Kanzel an der Nordwand des
Schiffes gerichtet. Der Chor ist innen
überspannt durch ein Kreuzgewölbe, dessen
Nippen auf dreiviertelsrunden Diensten
ohne Capitelle ruhen. Einige Dienste
sind für die Aufstellung voll Statuen her-
gerichtet, welche aber fehlen. (Stein-
metzenzeichen sind an den Diensten und
im Chor zu sehen.) In den drei skulp-
lierteu Schlußsteinen sehen wir ein Agnus
Dei über dem früheren Hochaltar an der
Ostwand, dann Christuskopf, das Wappen
des Herrn v. Speth (drei Kämme oder
Schlüssel, das wir überhaupt in dieser
Gegend öfter treffen, z. B. in Hoheneck,
ebenfalls im Schlußstein des Chors am
Chvrbogen; in der Alexanderkirche in
Marbach an der Nordwand des Chors
in einem alten Gemälde; in der Kirche
in Schwieberdingen an einem Alabaster-
epitaph an der Südwand der Kirche).

Dieser Chor birgt in sich verschiedene
Reste von alten G l a s g e m ü l d e n ans
gut gotischer Zeit, welche von den alten
gemalten Fenstern sich ans unsere Zeit
gerettet haben. Im Ostfenster sind die
zusannnengestellten Reste zn sehen: Ma-
dontia mit Jesuskind, Christus am Kreuz,
Erbärmdebild mit Scepter und Palm-
zweig, Flucht nach Aegypten (etwas ver-
dorben), zwei Heilige, Donatoren mit
ihren Wappen (Wappenschild der Herren
v. Baldeck, im blauen Felde ein silberner,
rechtsspringender Hund, als Helmkleinod
der gleiche Hund; Otto v. B., Burgherr
von Asperg, kauft 1440 einen Anteil von
Eglosheim). Auch Zieste von Wand-
ni a l e r e i e n erhielten sich auf der Epistel-

seite, zu beiden Seiten einer großen
Wandnische, vielleicht für die Sedilien
oder für ein heiliges Grab bestimmt (was
öfters der Fall ist). St. Katharina und
St. Barbara sind noch durch die Tünche
zn erkennen, in halber Größe ansgeführt.
Außer diesen Neberresten von Malereien
erfreut unser Auge ein reicher Wand-
tabernnkel oder Sakraments-
Haus, gegenüber der genannten Nische
ans der Evangelienseite. Dieser Taber-
nakel ruht auf einer Säule als Fuß mit
dem württernbergischen Grafenwappen.
Ueber dem Tabernakel erhebt sich eine
Fiale mit schönen Krabben und einer
Kreuzblume. Links und rechts davon
sind noch Konsole und Baldachin erhalten
für einstige, jetzt fehlende Figuren (Hei-
ligenstatuen).

Durch den reichgegliederten, dreifach
abgetreppten gotischen Chorbogen treten
wir in das Schiff der Kirche. Das-
selbe ist überspannt von einem schön
konstruierten N e tztg e w ö l b e , dessen
Rippen auf Konsolen mit den Brust-
bildern von Propheten, die Gewölbe-
gurten auf solchen mit den Bildern der
Evangelisten, während in den Schluß-
steinen die Apostel, ebenfalls in Brust-
bildern, abgebildet und bemalt sind;
wahrlich eine herrliche Symbolik: die

Kirche, erbaut ans die Propheten und
Evangelisten, gehalten von den Aposteln!
Dieses Netzgewölbe hat noch die alte
Bemalung, hauptsächlich Strahlen- und
Bänderornamente. Die Strahlen in den
Winkeln der Netzmaschen zeigen folgende
Farben: grün, rot, blau in kräftigen,
starken Strahlen, getrennt durch gelb
(Gold?) in dünnen, kleinen Strahlen. Die
Kreuzungen des Nivpengewölbes haben
folgende Farbengebung: an den Seiten
rot und blau; im Scheitel: gelb. Auch
die A p o st e l k r e u z e an den llmfassungs-
inauern sind noch in der alten Bemalung
erhalten, wie auch an der Nordwand des
Schiffes ebenfalls Spuren von Gemälden
zu erkennen sind unter der Tünche.

Ganz besonders fesselt das Auge die
an der Nordwand des Schiffes aufgestellte
herrliche, kunstvoll aus Stein gearbeitete
Kanzel vom Jahre 1498 (an der
unteren Ausladung angebracht). Auf ge-
I wnndener Säule erhebt sich die Kanzel
 
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