Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Hinweis: Ihre bisherige Sitzung ist abgelaufen. Sie arbeiten in einer neuen Sitzung weiter.
Metadaten

Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 24.1906

DOI Heft:
Nr. 9
DOI Artikel:
Naegele, Anton: Ein neuentdecktes Totentanzgemälde aus dem Mittelalter in der deutschen Reichshauptstadt, [3]
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.15939#0097

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Drgllll des Notteiidurger Liözesaii-LcreiiiS für christliche Kirnst.

kjerausgegeben i»id redigiert von Pfarrer Dctzcl in 5t. Lkristiiia-Raoeiisburg.

Verlag des Rottenburger Diözesan-Ailustvereiiis;

Aoiniiiissionsvcrlaa von Friedrich Alber in Ravensburg.

.. Jährlich 12 Nummern. Preis durch die Post halbjährlich M. 2.05 ohne

Pf. Q. Bestellgeld. Durch den Buchhandel soivie direkt von der Berlagshaudlung IQOO
S Friedrich Alber in Ravensburg pro Jahr M. 4.10. '

(Ein neuentdecktes Totentanzgemälde
aus dem Mittelalter in der deutschen
Reichshauptstadt.

Von Or. Anton Nägele in Niedlingen.

(Fortsetzung.)

Zu solcher Hypothese geben aber weder
literarische noch uioumueutale Zeugnisse eine
Handhabe, noch ist ans dem Nentenverkauf
zu Gunsten „unserer lieben Frau Glockturm-
gebän" eine Vollendung des Turmes zu fol-
gern, vielmehr erklärt sich das lange Un-
vollendetbleiben des Glockenturms sehr leicht
ans der Not der Zeit, der Sorge für den
Ausbau der Häuser, Kirchen, Klöster und
anderer öffentlicher und privater Bauten
nach dem schrecklichen Brandnnglnck, dessen
Folgen im Lauf von 70 Jahren ganz zu
beseitigen die Mittel nicht reichlich genug
alsbald stoffen. Man müßte wahrlich
viele Kirchenzerstörnngen annehmen, wenn
man aus der einige Jahrzehnte langen
Stagnation des Turmausbanes gleich auf
elementare Hindernisse schließen wollte.
Harren ja doch heute noch nach Jahrhun-
derten viele Kirchen der Vollendung ihres
in die Lüfte ragenden Schmuckes oder
müssen sich wie manche in unserem Hei-
matlande mit einem armseligen Stnmpf-
abschluß begnügen. Wie Jahrhundert auf
Jahrhundert berühmtere Bauwerke auf
ihren liveri kioktorne warten mußten, mag
man auch aus des verewigten Stadtpsar-
rers Eugen Keppler Abhandlung in nn-
sers H. H. Bischofs neuem glänzenden
Werk: Aus Kunst und Leben ersehen.

Wir habe» uns diese kurze Auseinan-
dersetzung über die Baugeschichte des Tur-
mes der Berliner Marienkirche nicht ganz

ersparen können, weil an ihrem Ergeb-
nis die chronologische Fixierung des Toten-
tanzgemäldes wesentlich mitbestimmt wird;
in der Turmhalle befindet sich nämlich
dieser eigenartige Schmuck, der die durchs
westliche Hauptportal Eintretenden begrüßt.
Mag man nun Lübkes Hypothese beistim-
men oder nicht, jedenfalls stand vom Neu-
bau nach der Brandkatastrophe der untere
Teil des Turmes schon vor der Mitte des
15. Jahrhunderts urkundlich vollendet da
und konnte mit Malereien und Altären
geschmückt werden. Die Vorhalle des
1418 genannten „Kloktorne", der sich über
deren Mitte erhebt, war ursprünglich durch
3 hohe Spitzbogen nach den 3 gleichhohen,
durch 6 Paar durchgegliederte Pfeiler ge-
trennten Schiffen hin geöffnet, an ihrer
nördlichen Seitenabteilung war um die
Wand und die vorspringenden Pfeiler un-
ser To t e n ta n z angebracht in einer Länge
von 22,67 m und einer Höhe von 1,98 m.
In derselben Zeit müssen nach allermahr-
scheinlichster Berechnung von den urkund-
lich überlieferten 16 Altären der Marien-
kirche mindestens zwei in den kapellen-
artig gestalteten Seitenränmen der Turm-
halle gestanden haben. J»l l 6. Jahrhundert
bald nach Einführung der Reformatio u
erfuhr diese ganze herrliche Ausstattung
des prächtigen Atriums durch bauliche
Veränderungen und den Wechsel des Glau-
bensbekenntnisses von Fürst und Volk
teilweise Zerstörung. Es wurden nämlich
die drei Oeffnnngen der Turm Halle
gegen das Schiff hin vermauert, durch
eine Fachmerkwand wurde nach Lübkes
j Worten (S. 9), waS bisher ein integrieren-
der Teil des geweihten Innern war, von
 
Annotationen