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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 24.1906

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Nr. 11
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Pfeffer, Albert: Frühgotische Dekorationsmalereien in der Martinskirche zu Ebingen
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Naegele, Anton: Ein neuentdecktes Totentanzgemälde aus dem Mittelalter in der deutschen Reichshauptstadt, [5]
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https://doi.org/10.11588/diglit.15939#0116

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bändern, letztere mäßige Spätrenaissanee-
a:beite». Auch im Chor zeige» sich Spure»
vo» spätere» Malereien.

Was die Zeitbestimmung »»geht, so
ist einmal das sicher, daß die Ebinger
Malereien auf der Weude voui romani-
sche» 311111 gotische» Stil stehe». Die zu
hoher Blüte gekommene romanische Ber-
zieruugsknust wird nicht plötzlich ausge-
geben, sonder» wirkt »och lauge nach.
Daneben erwacht ein neues naturalistisches
Ornamentationswerk, das sich ganz an die
heimische Flora anschließt. Diesen »enen
Formen gehört die Liebe des Künstlers,
in ihnen lebt und schwelgt er; er tan»
sich kaum genug tu», immer neue Formen
und Ornamente aus der neu entdeckten
Pflanzenwelt heranszuholen und an de»
Wänden zu verweilen. Nur ein Werk
kann sich in Württemberg mit diesen
Ebinger Malereien messen, das sind die
Dekorationen des Sömmerrefektorinms in
Bebenhansen, etwa 1335 entstanden:
diese stehen schon ganz ans dem Boden
der Gotik, während die Ebinger Orna-
mentik noch den romanischen Geist atmet
und in der Stilisierung der neuen Orna-
mente noch nicht so geschickt und gewandt
ist, wie die in Bebenhansen. Schon der
Umstand, daß die primitive Tuffstein-
architeklnr gebieterisch eine Bemalnng ver-
langt, das Schiff der Marlinskirche aber
nm etwa 1250 entstanden sein dürfte,
weist für die Entstehung der Malereien
auf die zweite Hälfte des 13. Jahr-
hunderts hin; spätestens dürften sie im
Anfang des 14. Jahrhunderts entstanden
sein. Darum kommt der dekorativen Aus-
stattung der Martinskirche eine hohe Be-
deutung zu, weil ans dieser frühen Zeit
keine Dekorationsmalereien von solchem
Umfang außer denen in Bebenhansen in
Württemberg erhalten sind.

Sehr bedauerlich ist, daß die Malereien
nicht erhalten worden sind. Mit dem Schiff
der altehrwüidigen Martinskirche sind auch
sie gefallen. Durch Maler Wenuagel sind
im Auftrag des Landeskouservators farbige
Kopien augefertigt worden, und so sind
die Malereien der Nachwelt ivenigstens
erhalten geblieben. Sehr erwünscht wäre
ihre Veröffentlichung in einer Publikation
der württembergischen Wandmalereien.

eLi» neuentdecktes Totentanzgemälde
aus dem Mittelalter in der deutschen
Reichshauptstadt.

Bo» Dr. Auto n Nägele i» Nied li»gen.

(Schluß.)

Wenn wir nunmehr den knn st histo-
rischen Charakter unseres eigen-
artigen Totentanzgemäldes erkennen wollen,
so ergibt sich uns als Maßstab die an-
nähernd feststehende, oben untersuchte
chronologische Bestimmung, die aus
der Bangeschichte der Marienkirche hervor-
geht, ferner die technische Ausführung der
altüberlieferten Totentanzidee und endlich
das Verhältnis zu den älteren Darstel-
lungen desselben Inhalts. Wenn wir
unser Kunstwerk, das durch ein günstiges
Geschick mit fast urkundlicher Treue er-
halten geblieben, im Nahmen der Malerei
des 15. Jahrhunderts betrachten, so fügen
sich die einzelnen künstlerischen Faktoren
trefflich in diesen Zeitraum. Bereits
als ein Denkmal der vorwärtsstrebenden,
anfsteigcnden Entwicklungsphase erscheint
unser Bild im Lichte seines Doppel-
charakters, der Vereinigung von steifem
Typischen und freier N a t n r w a h r h e i t.
Flandern und Brabant waren ja der
Ausgangspunkt eines solchen Aufschwungs
der Malerei im 15. Jahrhundert und
ihre ersten großen Vertreter die Brüder
van Eyck. Wenn wir auch für das Ein-
dringen der neuen flandrischen Nich-
tnng in Deutschland kein festes Datum an-
geben können, so zeigt sich doch ihr Einfluß
bereits in mittel- und norddeutschenNachbar-
gebieten, sicherlich auch im Berliner Toten-
tanz. Die Individualität der Beobach-
tung und Darstellung tritt deutlich her-
vor in der wechselnden Haltung der
Oberkörper, in den allerdings wenigen
Andeutungen anatomischer Kenntnisse in
einigen Todesbildern, in der meist treffen-
den Abwägung des richtigen Verhältnisses
der Körper, in der lebendigen Charak-
teristik der Köpfe, die mehrmals den
Unterschied der Altersstufen und selbst
feinere geistige Eigentümlichkeiten znm
Ausdruck bringt. Deutlicher als unsere
| Farbenlithographie nach Prüfers Auf-
nahmen lassen die nach Lübkes Anwei-
sungen genau durchgezeichnten Köpfe auf
einer Separatabbildnng die bewnndernngs-
! würdige Wiedergabe individueller Züge
 
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