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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 24.1906

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Nr. 12
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Schön, Theodor von: Zur Geschichte des Glockengusses in der Reichsstadt Biberach
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https://doi.org/10.11588/diglit.15939#0125

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111

Glockengießerfamilie S ch melz gedacht.
Die Tätigkeit derselben erstreckte sich bis
aufs Unterland, die Reichsstadt Reutlingen.
Beim großen Brande gingen die Glocken
der dortigen Marienkirche zu Grunde.
„Es war ohngefaer 8 Uhr Abends am
24. September (1720), als man die
Stnndenglocke znm letzten Mal vom großen
Thurm herab ertoencn hörte. Nicht iin
untern Theil der Kirche, sondern über de.»
Glockenstuhl in einer Hoehe von wohl
180 Fuß wurden die ersten Flammen an-
fangs wie ein kleines Lichtchen sichtbar.
Das dortige Holzwerk hatte der von allen
Seiten herbeiwogenden Hitze nicht laenger
widerstehen koenuen. Bon dem glühenden
Luftzug geschaukelt, begannen die Glocken
sich gleichsam selbst zu Grabe zu laeuteu.')
Der Glocken waren 6 und unter denen t,
die man gegen 100 Centner schwer ge-
schätzt (hat). Sie wurden alle mit ent-
setzlichem Knall und Krache abgeivorsfen,
so verderbt und verbrannt, daß von allen
noch bis dato nichts weiter, als von der
größten Beetglocke ein ringes Stück finden
koenuen."-) Es gingen zu Grunde vier-
große und zwei kleine Glocken. Fetzer
im Zurückblick auf das große Bran.dnnglück
(S. 47) sagt: diese Glocke (die Eilfeglocke)
sei nach dem Brande lange Zeit über die
einzige gewesen, mit welcher das Zeichen zu
allen Gottesdiensten habe gegeben werden
müssen, nachdem man sich anfangs der
Trommel bedient hatte, um die Gemeinde
in der St. Nikolai-Kirche (der jetzigen
katholischen Kirche) zu versanrmeln. Man
bedurfte neuer Glocken, und diese gossen
Joh. Georg und Christoph Schmeltz.
Das veranlaßte Streitigkeiten mit dem
einheimischen Glockengießer Johannes
KnrtzT) Das Ratsprotokoll vom 14. Juli
1727 meldet: die beede Herrn Sch mel tzer
klagen wieder Herrn Zunftmeister Kurtz e n,
daß er am Samstag mit Gewalt in den
Zwinger (wo die Glocken gegossen wurden)
hinein.tringen wollen. Weilen sie es aber
nicht zugelaßen (haben), haette (er) sie

0 Fetzer, Zurückblick auf das große Nraud-
uuglück, S. LI.

0 Pregizer, Gottgeheiligte Poesie, 1726,

S. 389 ff.

3) Laut Nathsprotokoll wurde 19. Juli 1723
der neu erwählt Schinidzunftiueister Herr Johannes
Kurtz, Roth- und Ziungießer, beeidigt.

— sit venia — Hundsfntter gescholten
und gesagt, daß die Glocke nichts nutz
und eine schetterigte Kuhglocke seye, welche
nicht 2 Jahr lang dauern, sondern Stücker
herausspriugen werden. Als verlangen
sie beede S ch m e l tz e r Satisfaction und
eine nnpartheyische Besichtigung und
Augenschein anff Ohnrechts Kosten ein-
nehmcn zil laßen, zu diesem Ende sie
50 Reichsthaler zur Cantion der Obrig-
keit hinterlegen und bitten wollen, den
Kurtzeu gleichfalls dahin auzuhalten,
weilen sie zumahlen als Stiinppler (uicl)t-
zünftische Pfuscher) von ihme gescholten
worden (seien). Zeugen, welche des
Kurtzeu Injurien gehoert haben sollen,
(seien) Hans; Jacob Koengott, Herr
Viceschultheiß H ip p, Balthasar Bi u t s ch -
ler, Johannes alt Beck, Sailer und
Sohn, Herr Zunftmeister Knapp. Der
Ratsbescheid lautete: in entstandener Klage
zwischen denen beeden kuusterfahrenen Stück-
nnd Glockeugiesern Hern Schmeltzern
von der loeblicheu Reichsstadt Bieberach.
Klaegern, eins entgegen und wieder Hern
ZunstmeisterJohannKurtzen, Beklagten,
am andern Theil puncto vorgelosfener
sehr harten und jchmaehlichen Injurien
erkennt ein loeblicher Magistrat, daß so-
wohl der klagende, als beklagte Theil
in Zeit von 2 Tagen jeder 50 Reichs-
thaler der Obrigkeit als eine Cantion
paar hinterlegen und daraufhin einer
gantz unpartheyischen Besichtigung und
Augenscheins anff Ohnrechts Kosten ge-
waertig sein sollen. Entzwischen sollen
biß zu Austrag der gantzeu Sache alle
Injurien sistiert und hiemit dem Hern
Kurtzeu bey 20 "Reichsthaler Straff
ernstlichen verhütten seyn, sich in den
Zwinger und zum Gießen zu Berhüthung
weitern Handels nimmer zu verfügen,
wie dann auch biß zu Austrag der gantzeu
Sache die beede Hern Schureltzere mit
ihrer Arbeit ferner furgehen und der ge-
bührenden Satisfaction halber von Obrig-
keits wegen vollkommen gesichert sepn
sollen. Weiter heißt es im Rathsprotokoll
vom 4. August 1727: die beede Knnst-
und Glockengiesser übergeben ein Memoria,
und bitten um Abschrifft des in ihrer be-
wusten Sache ertheilten Rathsbescheyds,
so aber zu Berhüthung größer» Handels ab-
geschlagen worden (ist). Herr Zunftmeister
 
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