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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 25.1907

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Nr. 1
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Gradmann, Eugen: Frühgotische Wandmalereien in der ehemaligen Kapelle zu Münzdorf, OA. Münsingen
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https://doi.org/10.11588/diglit.15940#0012

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— 1

beit Attributen: Messer, Keule, Muschel, I
Schlüssel, Stab, Schwert, die Apostel:
Bartholomäus, Thaddäus, Jakobus d. ä.,
Petrus, Paulus. Einer hält einen kurzen
Kreuzstab, ein anderer nur ein Buch;
die meisten tragen außer ihren Kenn-
zeichen in der andern Hand ein Buch.
Fünf Apostel stehen links, vier rechts vom
Fenster.

Zwei Apostel in entsprechender Um-
rahmung sind ans die Südwand gesetzt,
einer auf die Nordwand. Mangels be- !
soliderer Kennzeichen können sie nicht mit >
Namen genannt werden.

lieber dem Ostfenster sieht man noch
den oberen Teil von einem Christus-
kopf, von vorn gesehen, vom Krenz-
nimbns umgeben, blond. Der untere Teil
wurde durch eine Erweiterung des Fensters
schon im Mittelalter zerstört.

Im mittleren Abschnitt der Süd- j
w and, zwischen den beiden Fenstern, ist ;
in einem langen eingeteilten Streifen das ;
Jüngste Gericht; aufgebant in drei
Streifen übereinander, die durch Bänder
getrennt sind. Im obersten, ans Wolken
sitzend, Christus, in symmetrischer Stellung
von vorn gegeben. Ums Haupt der
Kreuznimbus. Aus seinem -Munde kom-
men zwei Schwerter. Neben ihm werden j
von zwei kleinen Engeln die Werkzeuge
seines Leidens gezeigt. Vor ihm knien
rechts und links, in verlorenem Profil
gezeichnet, Maria und Johannes. Es
reihen sich links und rechts die zwölf
Apostel an, auf Bänken sitzend, alle mit
geschlossenen Büchern, mit der freien Hand
gestikulierend, lieber ihnen ist in geraden
und gewellten Linien der abgetönte Him-
melshorizont markiert.

Im mittleren Streifen drängen sich
die L-eligen und die Verdammten, durch
einen Pfeiler mit Architekturmotiven ge-
trennt. Nach links vom Beschauer, rechts
im Bild, werden die Seligen abgeführt
von Petrus, der vor dem Tor des Him-
mels steht und auf die Tür deutet. Der
Ort der Seligen ist gezeichnet als ein
Hans mit vielen Wohnungen, das ist:
mit drei gotischen Fensterarkaden dicht
übereinander, in deren Oeffnungen viel- ■
leicht Köpfe gezeichnet waren oder doch
vom kundigen Beschauer hinzugedacht wur-
den. Die Begnadigten stehen in zwei

Reihen, so daß von der hinteren die Köpfe
über die vordere Reihe aufragen. Die
Figuren sind halb nach rechts gerichtet,
nehmen von der Spitze bis znm Ende
des Zugs an Größe ab. Man erkennt
an der Tracht Bischöfe, die an der Spitze
des Zuges schreiten, Fürsten oder Edle
beiderlei Geschlechts, Kleriker, einen Bettel-
ordensbruder mit dem Gürtelstrick, eine
Nonne. Viele tragen eine Kopfbedeckung.

Die Gruppe der Verdammten ist nur
znm kleineren Teil erhalten, dafür aber in
den Einzelheiten besser, so das; man auch
die vom Affekt bewegten Gesichtszüge noch
zum Teil sieht. Hier findet man Bewaff-
nete. Alle sind halb nach links hin im
Bild gerichtet.

Jkonographisch merkwürdig ist der un-
terste schmale Streifen des Weltgerichts-
bildes. Da ist in schematischer Zeichnung
und Wiederholung, so daß sie wie ein
Zierband wirkt, eine Reihe von Sarko-
phagen mit Akroterien an den Ecken der
Tuniba und angelehnten Deckeln; und
in jedem stehen zwei kleine Menschen-
gestalte», meist bekleidet, in lebhaften Ge-
bärden bewegt: die Auferstehung der Toten.
Auch sie sind nach Ständen gekennzeich-
net durch allcrei Gegenstände, die in
ihren Händen oder zu ihren Häupten
deutlich genug abgebildet sind. Dian er-
kennt den Müller am Mühlstein, den
Zimmermann an der Art, ben Bauern
am Pflug, den Schmied an Hammer
und Zange, den Schneider oder Kauf-
mann an der Tnchschere, den Edelmann
am Wappenschild. Einem Manne sind
die Würfel beigegeben. Die Tiere, zwei
Vierfüßler und ein Vogel, die man vor
den Gräbern sieht, sind nicht bedcntnngs-
loS. Die Vierfüßler sind reißende Tiere
mit menschlichen Gliedmaßen im Maul.
Der Vogel scheint einen Ring im Schna-
bel zu halten. Das sind also die Tiere,
die bei der Auferstehung des Fleisches die
Menschenleiber wieder von sich geben, die
sie einst verzehrt hatten.

Diese letztere Darstellung wird erklärt
durch die Legende, die Herradis von
Landsberg in ihrem Hortus deli-
ciarum zum Bild des Jüngsten Tages
gibt: Corpora et membra hominum a
bestiis et volucribus et piscibus olim
devorata nutu Dei repraesentantur, ut
 
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