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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 25.1907

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Nr. 2
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Baur, Ludwig: Was wir sollen und wollen, [2]: zum 25. Jubiläum unseres "Archivs"
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https://doi.org/10.11588/diglit.15940#0019

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Heransgeacben und redigiert von Professor Idr. Ludwig Baue in Tübingen.

Verlag des Rottenburger Viözelan-Knnstvereins;
Roniinissionsverlaa von Friedrich Alber in Ravensburg.

o.

Jährlich 12 Nummern. Preis durch die Post halbjährlich M. 2.>>5 ohne
Bestellgeld. Durch den Buchhandel sowie direkt von der Berlagshaudluug
Friedrich Alber in Ravensburg pro Jahr M. 4.10.

1907.

was wir sollen und wollen.

(Zum 28. Jubiläum unseres „Archivs".)

Bo» Prof. Dr. Ludwig B a n r.

II.

In der Tat zeigt ein auch mir flüchtiger
Blick in die bisherigen 24 Jahrgänge unseres
„Archivs" eine Mannigfaltigkeit und Reich-
haltigkeit des Inhalts, eine Fülle von
Anregungen, praktischen Ratschlägen und
kunstästhetischen Winken, die vielleicht nicht
immer und überall in ihrem vollen Werte
erkannt und gewürdigt wurden.

Ist nun damit unsere Aufgabe ein für
allemal getan? Bleibt nichts mehr zu
tun übrig? Können wir nunmehr in
quietistischer Selbstzufriedenheit die Hände
ruhig in den Schoß legen in dem Bewußt-
seins daß der Klerus durch Unterricht in
der Kunstgeschichte und eigenes Studium
genügend künstlerisch geschult sei, daß wir
ja Architekten haben, die in den sogenannten
„kirchlichen" Stilen kunstgerecht zu bauen
verstehen, Plastiker, Kunsthandwerker und
Maler, die Akademien besucht und tüch-
tig in ihrem Fach schon das Rechte tref-
fen werden? — In der Tat! Wenn der
Schluß richtig wäre, so könnten wir unser
Organ ruhig einschlafen lassen. Denn
alle Institutionen, Gesellschaften und
Unternehmungen der Menschen leben nur
so lange und haben auch nur so lange
ein Recht zu leben, als sie positive Auf-
gaben und Ziele vor sich habe», Zwecke
erfüllen und sich wirksam erweisen können.

Aber an dem ist es nicht! Der Klerus
kann und darf niemals die Herstellung
und Ausstattung des Heiligtums, in dem
er seinen erhabenen gottesdienstlichen Berns

I auszufüllen hat, ganz und gar fremden
Händen überlassen. Hat er aber ein Recht
darauf, in diesen Dingen gehört zu werden,
dann gilt auch das Wort des edlen Overbeck:
Der Geistliche müsse seine Pflicht erkennen,
der christlichen Kunst ernste Aufmerksamkeit
und tiefes Studium zu widmen, um sein
Recht, hier mitzureden, in sachgemäßer
Weise auszuüben.') Die Beschästignng mit
der christlichen Kunst wird dann für ihn
nicht bloß eine private Liebhaberei, sondern
heilige Berufspflicht. Gewiß! Wir sind
über die gröbste llnkenutnis der Stilarten
und über die vielbeklagte Stilmengerei
hinaus- Auf allen Gebieten der kirchlichen
Kunst, vorab der Architektur, aber auch in
der Plastik, in Malerei und Metallarbeiten,
! lassen sich zum Teil glänzende Meister-
werke ans neuer und neuester Zeit anführen,
und das Archiv hat auch nie vergessen,
auf sie als nachahmenswerte Muster hin-
zuweisen. —- Gewiß, die Zeiten sind dahin,
wo mau auf dem Stab eines schwarzen
Meßgewandes anstatt christlicher Symbole
eine Aschenurne und einen Genius mit
nmgestürzter Fackel prangen sehen konnte,
wo man die Stoffe für die hl. Gewänder
samt der Bordenverzierung in Farben-
druck ansführte. Aber wer möchte es
leugnen, daß noch viel Ungeschmack und
Unkenntnis in Sachen der kirchlichen Kunst
zu beklagen ist? Denken wir nur an so
viele in schreienden Farben angestrichene
Heiligenstatnen, mit ihrem konventionellen
süßlichen Frömmigkeilstypus, der so gar
keine Kraft und Männlichkeit hat! Sie stehen
keineswegs nur vereinzelt da! — Wem

’) Overbeck, Sein Leben und sein Schaffen,
Freiburg 1886, S. 118.
 
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