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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 25.1907

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Nr. 2
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Brinzinger, Adolf: Historienmaler Bernhard v. Neher, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.15940#0023

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17

ihn sehr beeinflußt haben, verweilte
mehrere Wochen in Venedig und kehrte
über Padna und Verona nach München
zurück. Seine Lehrjahre als Historien-
maler waren jetzt vollendet.

2. In München erhielt er die schmerz-
liche Nachricht voni Tode seines Vaters
und eilte deswegen nach Biberach, um
seine Mutter und Geschwister zu unter-
stützen. Fräulein Emilie Linder, Malerin
aus Basel, kaufte sein in Rom gefertigtes
Bild „Abraham mit den Engeln vor
seinem Zelte" (jetzt im Museum zu Basel),
und von Cornelius empfohlen, erhielt er
nun von König Ludwig I. den ehren-
vollen Auftrag, sdas von Friedrich Gärt-
ner restaurierte Jsartor im Tal über
dem Haupleingang, mit dem 75 Fuß
langen, 8 Fuß hohen historischen Fresko-
bild „Einzug Kaiser Ludwig des Bayern
nach der siegreichen Schlacht bei Ampfing"
zu schmücken, die Seiteneingänge mit den
Bildern der Gottesmutter und des heilige»
Benno, Schutzpatronen der Stadt. Neher
legte zwei Skizzen vor, die den König
und Cornelius sehr befriedigten. In
drei Jahren fertigte er zuerst den riesigen
Karton (jetzt in Weimar), dann die Farben-
skizze und begann im Sommer 1834 das
Malen in der ihm fast unbekannten schwie-
rigen Freskotechnik mit Hilfe des Fresko-
malers Kögl ans Oberndorf in Bayern
für 5000 Gulden Honorar. Ende Sep-
tember war die Enthüllung. Das lebens-
volle, volkstümliche, echt historische Bild
fand allgemeine Bewunderung. Der Sieger,
Ludwig der Bayer, mit Hrone, Scepter
und Reichsapfel geschmückt und von glän-
zendein Gefolge begleitet, wird vom
Magistrat, Klerus und Volk empfangen.
Ein Reichsherold und Musikanten eröffnen
den Zug, Frauen streuen Blumen, Ge-
fangene und Siegestrophäen beschließen
den Zug. Die Komposition ist abwechs-
lungsreich, ist sehr warm empfunden, hat
schönen Rhythmus der Linien und charak-
teristische Figuren: stolze Männer, an-
mutige Frauen, liebliche Kinder, prächtige
Pferde. Die Farbe ist klar und heiter
und harmonisch zusammengestimmt, die
Zeichnung sicher, der Geist des großen
Freskomalers Massaccio in Florenz scheint
über dem Bilde zu schweben. Durch die
Witterung hat das Bild leider viel ge-

litten, ist 1858 von Professor W. Linden-
schmitt und 1881 im Keimschen Verfahren
durch seine Schüler restauriert worden.
Friedrich Zimmerinan», Rehers Schüler,
fertigte 1881 einen Stich als Vereinsgabe
des Münchener Kunstvereins. Der Ein-
fluß von Cornelius führte Neher auf diese
höhere Bahn und bewahrte ihn vor der
Gefahr der süßen Weichlichkeit oder flauen
Glätte.

I. Im zweiten Teile seines Lebens
finden wir Neher künstlerisch tätig in
Weimar, Leipzig u n d S t u t t g a r t.
— Durch Empfehlung seines früheren
Lehrers, des Kunstschriftstellers Ludwig
Schorn, kam Neher am l. Mai 1836
nach Weimar. Die Großherzogin Marin
Paulowna, Großfürstin von Rußland,
ließ vier um den Conseilsaal des Schlosses
in Weimar gelegene Zimmer ausmalen:
das Schiller- und Göthezimmer durch
Neher, das Herderzimmer durch Gustav
Jäger, das Wielandzimmer durch Fried-
rich Preller und A. Simon. Zuerst rnalte
Neher die 34 Bilder des Schiller-
zimmers: Sieben Bilder aus Schillers
größeren Dramen: Wallenstein, Braut von
Messina, Don Karlos, Maria Stuart,
Fiesko, Jungfrau von Orleans, Wilhelm
Tell, ferner zwei kleinere Scene» aus diesen
Dramen, lieber den Fenstern und Türen
malte er Balladen Schillers: Ritter von
Toggenburg, Gang nach dem Eisenhammer,
Graf von Habsburg, Kampf mit dem
Drachen. Die Wandstreifen sind mit
40 scklichten anmutigen Bildern ans bem
„Lied von der Glocke" auf Goldgrund
bemalt und durch reizende Arabesken ver-
bunden, über der Büste Schillers die Hul-
digung der Künste. Masken, Wein- und
Blumengewinde an den Wandflächen um-
geben die Gemälde, und unten am Sockel
sehen wir Tiere und Genien in Rauken-
friesen auf braunrotem Grund. In drei
Jahren wurde das Schillerzimmer voll-
endet (1836 bis Frühjahr 1840). Unter
den größeren Schillerbildern werden am
meisten gerühmt: der Tellschuß, die Kapu-
zinerscene in Wallensteins Lager, die Hul-
vigung der Künste sowie die Bilder aus
der Glocke. (Letztere hat H. Leutemann
auf Holz gezeichnet, I. G. Flegel ge-
schnitten, erschienen Leipzig, R. Weigel
1855. Folio.) Die Großherzogin und
 
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