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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 25.1907

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Nr. 2
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Ehrhart, ...: Die religiöse Kunst auf der Ausstellung in Nürnberg, [2]
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Literatur
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https://doi.org/10.11588/diglit.15940#0029

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fertige Liebe sowie der Frieden, der über dein
Ganze» liegt und durch die Umgebung noch er-
höht rvird, wirken sehr ansprechend und reizvoll.
Ein ähnliches Bild voll schöner, friedlicher
Träumerei ist „Die Nonne am See" von
Hans BorchHardt, desgleichen „Die be-
tende Nonne" von E. Keck. Die gleichen
schönen Eindrücke weckt „Der alte lesende
Mönch" von Linderuin. Zum Lobe der aus-
stellenden Künstler sei es auch gesagt, daß kaum
eine das Ordensleben karikierende Darstellung
in Nürnberg sich fand.

Zum Schlüsse sei noch hingewiesen auf ein
eigenartig schönes Bild von Uhde, „Christin
am Märtyrer grabe". Ist der Streit der
Meinungen über Uhde auch noch nicht geschlichtet,
so ist doch unleugbar, daß er charaktervolle Eigenart
und die Gabe künstlerischen Schauens wie wenige
seiner Zeitgenossen besitzt. So war auch dies in
Nürnberg ausgestellte Bild in all seiner Schlicht-
heit von ergreifender Poesie. In der Abteilung
für Plastik befand sich etwas Aehnliches: ein
Grabdenkmal mit einem Engel als Totenwächter.
Es war nur klein und von bescheidenen Formen,
nicht in dein große» Stil der Werke von deni
Italiener Bistoifi, der schon ein Marmordichter
des Todes genannt wurde, und mit unerschöpf-
licher Phantasie immer neue großartige Totendenk-
müler schafft. Allein so bescheiden und klein das Werk
ist, so tief ist der Eindruck, den cs hervorruft.
Ileberhaupt barg die kleine Abteilung für Plastik
manch schönes Werk, so einen David und Goliath
und einen auferstandenen Christus, dessen Hal-
tung freilich etwas theatralisch ist.

Literatur.

Handbuch d e r K u » st g e s ch i ch t e. Sechste
Auflage mit 314 in den Text gedruckten
Abbildungen, vollständig neu bearbeitet
von Hermann Ehrenberg. Leipzig
(I. I. Weber) 1906. X und 533 S. Preis
gebd. 6 M.

Bei dem hohen Interesse für Kunst und Kunst-
geschichte, das unleugbar in der neuesten Zeit
sehr weite Kreise ergriffen hat, ist die Nachfrage
nach kurzen, präzisen, zuverlässigen Führern durch
das reichverzweigte Gebiet der Kunstgeschichte im
Steigen begriffen. Auch die erschreckende Ueber-
fülle der Produktion auf. dem kunsthistorischen
Gebiete, der nicht selten in Mikrologie nusarten-
den Detailforschung macht kurze, übersichtliche
Zusammenfassungen durchaus notwendig. Die
gesteigerte Nachfrage zieht anderseits auch ein
gesteigertes Angebot nach sich, und so können
wir für die letzten Jahre eine hübsche Anzahl
von Uebersichten und Grundrissen der Kunstge-
schichte verzeichnen. — Nicht die letzte Stelle
nahm unter diesen der sehr brauchbare „Kate-
chismus der Kunstgeschichte" von Bruno Bücher
ein, der immer wieder gern gelesen und gekauft
wurde. Als Bücher 1899 starb, beschloß die
Verlagshandlung, durch Hermann Ehren-
berg eine gründliche, durch die neueren Forsch-
ungen in der Kunstgeschichte nötig gewordene
Neubearbeitung veranstalten zu lassen, der
sie in dem nunmehr vorliegenden Buche in wirk-

lich anerkennenswerter Weise auch leistete. Da
dieses aber „völlige Unabhängigkeit voin alten
Werk" für sich in Anspruch nimmt, so wäre es
unseres Erachtens richtiger gewesen, es nicht als
0. Auflage zu bezeichnen, wollte man aber das,
dann sollte auch der Name Bachers in irgend
einer Form auf dem Titelblatt genannt sein.
Die Grundsätze, die den Neubearbeiter leiteten,
spricht er dahin aus: „Die eigentliche Aufgabe
bei der Neubearbeitung schien mir ein abermaliger
Versuch zu sein, aus der riesigen, immer mehr
anschwellenden Blasse des Stoffes dasjenige her-
auszufinden und gemeinverständlich darzustellen,
was für das große Publikum unserer Zeit künst-
lerisch wirklich von Bedeutung ist. Die Haupt-
persönlichkeiten und Hanptströmnngen der bilden-
den Künste wurden deshalb besonders hervorge-
hoben. Geringwertigeres, Nebensächliches, das,
was bloß für den Fachmann Anziehungskraft
haben kann, nur andeutungsweise behandelt oder
ganz übergangen."

Man wird im großen Ganzen die getroffene
Auswahl durchaus billigen können. Naturgemäß
wird es bei der Beurteilung über die zu treffende
oder getroffene Stoffanswahl stets Meinungs-
verschiedenheiten geben, und stets werden hier
Wünsche offen bleiben. Es wäre aber nicht zu
viel behauptet, wenn neben Uhde und E. v. Geb-
hardt als religiösen Malern der Gegenwart, auch
katholische Plastiker oder Künstler der Farbe ge-
nannt worden wären: ein Busch, ein Fngel,
Locher, Feuerstein, ein Thissot und so mancher
andere hätten es wohl verdient. Auch die Beuroner
Kunst, die um ihrer Eigenart ivillen in Wien so sehr
beachtet wurde, und deren Prinzipien in geistvoller
Weise durch Keppler, P. Desiderins Lenz, P.
Ansgar Pöllmann literarisch behandelt sind, hätte
nicht übergangen werden dürfen. Auch im Urteil
wird man verschiedentlich andere Wege getjeii:
so ist es doch ein mehr als eigentümliches Stück,
wenn die Raffaelbilder der Loggien kurzerhand
als „Fabrikware" bezeichnet werden. — Die Aus-
stattung des Buches ist eine treffliche. Die bei-
gegebenen Bilder sind im allgemeinen sehr gut
gewählt und gut reproduziert. Viele sind aller-
dings zu dunkel und deshalb undeutlich. Einige
Nuditäten, die der Neuzeit angehören, dürften und
müßten wegfallen (sie könnten auch ohne jeden
Schaden ivegfallen), vollends in einem so elemen-
taren Uebcrblick, der in die Hände der weitesten
Kreise kommt. Aber neben dieseni pädagogischen
Gesichtspunkt ist es auch ein tieferer prinzipieller
Grund, der uns zu dieser Bemerkung veranlaßt.
Wir haben den Mut, allem Geschrei und alle»
Phrasen zuin Trotz, das Unsittliche unsittlich zu
nennen und an der Forderung unverbrüchlich
festzuhalten, daß auch die Kunst der Moral zu
gehorchen habe. Wir stimmen Volkelt (Aesthe-
tische Zeitfragen S. 7 ff.) unumwunden zu, der
sagt: „Auch die Kunst ist höchsten Endes dazu
da, die Menschheit auf ihrem Weg zum Guten
zu fördern. Auch der Künstler soll sich mit dem
Gefühle erfüllen, daß sein Schaffen sich in die
sittliche Entwicklung der Menschheit einzugliedern
habe. Der Künstler soll es nicht als seiner un-
würdig, als kleinlich und hausbacken ansehen,
wenn ihm zugemutet wird, die sittlichen Ideale
als auch für ihn geltend anzuerkennen .... es
 
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