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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 25.1907

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Nr. 5
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Groner, Anton: Die Capitani der Medicigräber Michelangelos
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https://doi.org/10.11588/diglit.15940#0055

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48

links sinnend der Musik lauschen, rechts
Zweige van dein Baum pflücken, um dem
Künstler den verdienten Lorbeerkranz zu
flechten. Der Violinspieler ist dem Apoll
in Raffaels Parnaß und im Sieg über
Marslias (beide in der Camera dellaSeg-
natura des Vatikans) nachgebildet; die
ganze Anordnung und Idee der beiden
Seenen erinnert zugleich sehr stark au
Raffaels „Traum des Ritters" (vgl. „Köln.
VolkSzeitung" 1907 Nr. 280). Die beiden
gegensätzlichen Allegorien, die in unwesent-
lich verschiedenen Metamorphosen der
Nenaissancezeit geläufig waren, verkörpern
den vergänglichen irdischen Glanz und
Ruhm und das unvergängliche Fortleben,
lieber den Sinn der beiden Bilder am
Grabmal des großen Magnisieo Lorenzo
kann kein Zweifel sein: Sie wollen eine
Verherrlichung der Knnstpflege und des
Mücenatentums am Mediceerhofe darstellen
und wohl näherhin besagen, daß hier dem
Künstler nicht bloß die Möglichkeit, sich
unsterblichen Künstlerruhm zu sichern, son-
dern auch irdischer Glanz und Ruhm zu
teil wurden. In den späteren Skizzen
für das Doppelgrabmal ist jede Spur
von den beiden Scenen verschwunden.

An den beiden Herzogsgräbern waren
ursprünglich Porträtstatuen vorgesehen.
Denn auch Lorenzo führt auf einer frühen
Skizze (Burger, Florent. Grabmal, 1905,
S. 369, Abb. 207) den Kommandostab,
den er im Leben als Feldherr der Kirche
trug. Rach den frühesten Skizzen für das
Doppelgrab der Magnifici sollten hier auf
den beiden Sarkophagen schlummernd die
beiden Porträtgestalten liegen. Auf zwei
solchen Skizzen steht der eine Sarg frei auf
Füßen, der andere dagegen ist vorn bis
herab zum Fußboden durch eine Stein-
platte verschlossen, und diese Platte zeigt
un Relief eine dritte ruhende Porlräl-
gestalt. Diese bisher unbeachtete Tatsache
erklärt sich sehr einfach, wenn wir uns
erinnern, daß die beiden Magnifici zu-
sammen mit ihrem Vater Piero in einem
Sarkophage ruhten. Die dritte Porträt-
figur stellt allem Anschein nach den Piero
dar, der vermutlich auch hier mit einem
seiner Söhne zusammen beigesetzt werden
sollte.') Tie drei Porträtgestalten ver-

schwinden ans späteren Skizzen, auf denen
schmucklose Sarkophage erscheinen. Auf
einer dieser Skizzen (Burger, Florent.
Grabmal, Taf. 34, Abb. 2) stehen von
Michelangelos Hand geschrieben zwei Zeilen,
die bisher niemand beachtet hat. Wir
entziffern die denkwürdigen Worte also:
Ce 6ure tre negli epitafi a giagere
non anno ne innanzi ne relievo.
perche sono m.orti e eloro opere

perino.

„Die drei Figuren brauchen nicht auf
den Gräbern zu liegen, nicht frei
und nicht relief.
Sie sind ja tot und ihre Werke —
sie gehen zu Grunde."

Diese Worte Michelangelos sind nicht
bloß für die Entstehungsgeschichte der Grab-
müler von größter Bedeutung, insofern
sie sämtliche Skizzen mit zwei Sarkophagen
als Entwürfe zum Magnifici-Grabmal
erweisen; sie erhellen zugleich wie eine
Fackel das Geheimnis der Gedanken nnb
Empfindungen, mit denen der Künstler
im Jahr 1521 — denn alle bis jetzt
veröffentlichten Skizzen müssen vor April
152 l entstanden sein — die Grabmäler
der Medici schuf.

Wenn er mit solch schwermütiger Be-
gründung auf Porträtfignren der Magni-
fici verzichtete, so wird er die Möglichkeit,
Bildnisfiguren der beiden Epigonen zu
umgehen, mit einem wahren Gefühl in-
nerer Erlösung aufgegriffen haben!

Auf weiteren Skizzen für die Herzogs-
gräber werden die Sitzfiguren durch ein
Paar schwebender Genien mit einem Lor-
beerkranze gekrönt. Aus der Verherrli-
chung des mediceischen Mäcenatentnms
in den oben beschriebenen Scenen ist eine
Apotheose der Verdienste der Medici an
zwei Jdealgestalten geworden. Diese Ver-
herrlichung galt auch jetzt in erster Linie

ger, Studien, S. 86, Abb. 6), die zwischen die
beiden anderen Skizzen nut 8 Portratgestalten
einzureihen ist, hat sehr wahrscheinlich erst die
zweite Hand die unsymmetrische und vermeintlich
überflüssige dritte Gestalt iveggelassen. Jedenfalls
hat dieser Zeichner den übrigens auch so noch
fast unkenntlichen Helden, der auf allen Bieren
am Boden kriecht und seine Lorbeeren einsammelt,
nach dem vermutlich an dieser Stelle undeutlichen
Original falsch ergänzt, wie die größeren Tctail-
zeichnungen zu den Scenen (S. 87, Abb. 7) klar
beweisen.

Auf der nur in Nachzeichnung erhaltenen
Skizze mit den oben beschriebenen Scenen <B»r-
 
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