Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Hinweis: Ihre bisherige Sitzung ist abgelaufen. Sie arbeiten in einer neuen Sitzung weiter.
Metadaten

Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 25.1907

DOI Heft:
Nr. 5
DOI Artikel:
Groner, Anton: Die Capitani der Medicigräber Michelangelos
DOI Artikel:
Kümmel, Konrad: Die neue Leutkircher Monstranz, [1]
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.15940#0056

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
49

beit Magnisici. Aber durch den Wille»
der Lebende», der Michelangelo verpflichtete,
die beide» Einzelmonnmente de» Herzogen
z» widme», mußte der Künstler die Hul-
digung gerade an de» Gralnnäler» der
unbedeutendste» Medici aufstelle». DieS
widerstrebte ihm in seiner tiefste» Seele.
Die Magnifici waren tot und die Epi-
gone» ließe» ihre Werke z» Grunde gehe».
Er ließ daher die Toten itnd ihre Ver-
dienste in Friede» ruhen und wandte sich
an die Lebende» mit seinem Fürstenspiegel,
dem ideale» Herrscher int Krieg und Frieden,
dem Urbild männlicher Tatkraft und Ent-
schlossenheit, und dem unvergleichlichen
Pensieroso, dem ideale» Abbild des großen
Staatsmannes und Künstlerfürsten Lorenzo,
der einst auch Michelangelo entdeckt und
ihm seine strahlende Künstlerlaufbahn er-
schlossen hatte.

X)ic neue £eutfircber Monstranz.

Von KoIIrad Kümmel.

Auf Weihnachten 1906 ist der Stadt-
pfarrkirche zu Leutkirch von frontmen und
hochgesinnten Stiftern eine Monstranz be-
schert worden, welche in ganz hervor-
ragender Weise eine Besprechung verdient.
Sie ist nach Entwurf wie nach Ausfüh-
rnng das Werk des Goldschmieds Hngger
in Rottweil a. N., und es kamt gleich
zum voraus gesagt werden: sie ist nnsers
Erachtens das Beste und Schönste, was
dieser feinsinnige Meister, dessen Namen
den besten Klang hat, bis jetzt erdacht
und gemacht hat, und das will nicht
wenig heißen nach den bisherigen Lei-
stungen desselben. Verfasser dieses hatte
seinerzeit ex oltrcio, auf Veranlassung
des hochw. Herrn Stadlpfarrers von Lent-
kirch, den Entwurf für die Monstranz vor
der Aussührnng zu begutachten, die letzte
Ausgestaltung desselben zit beraten und
schließlich das fertige Werk zu prüfen
zum Referat betreffend Uebernahme des-
selben durch den Besteller; wenn er über
dasselbe anmit auch im „Archiv" referiert, so
geschieht es zunächst, weil seines Erachtens
nichts mehr die praktischen Zwecke des
„Archivs" fördert und nichts mehr der
Leserschaft desselben dienlich ist, als die
positive Vorführung von Werken kirchlichen
Dienstes, welche zugleich von hervor- i

ragendem künstlerischem Werte sind. So-
dann soll es geschehen zur Ehre der
Stifter wie der Leutkircher Stadtpfarr-
kirche, die mit dieser Monstranz ein monn-
mentales Denkmal der kirchlichen Me-
tallnrgie unserer Gegenwart erhielt, welches
von bleibendem Werte ist. Und endlich
hat auch der Meister, aus dessen Kopf
und Hand sie hervorging, ein Anrecht auf
dieses Referat, nachdem es ihm leider
nicht vergönnt war, sein Werk, an dein
er ca. zwei Jahre gearbeitet, der ver-
dienten öffentlichen Besichtigung in Stutt-
gart zugänglich zu machen.

Die Monstranz ist, entsprechend der
Kirche und dent Altäre, im gotischen Stil
entworfen und vollständig in Feinsilber
(Gesamtgewicht ca. 19 Pfund) von Hand
gearbeitet. Ihre Höhe beträgt ca. 93 cm.

Der Meister hat den spätgotischen
Stil gewühlt, diejenige Stilart, welche
den Vorzug besitzt, mit der Forderung
einer streng logischen architektonischen An-
lage die Gewährung weitesten Spielraums
für Entfaltung des Detailschmucks zu ver-
binden. Und nach diesen beiden Seilen
hin ist das Werk gleichmäßig vollendet.

Es ist ein Bauwerk nach deit Regeln
gotischer Architektonik, ein Sakraments-
Hans, eine Tnrmkapelle des Sanktissimum,
die ans der von dem Fuße getragenen
Grundplatte in wunderbarer Zierlichkeit
sich erhebt und aufbaut. Der Fuß selbst
ist im Sechspaß konstruiert, aus ihut
wächst im Sechseck der kräftige Stamm
auf mit dem doppelten Rodus: unten in
Gesimseform, darüber der eigentliche Knaitf,
gebildet von einem knospenartig zusammen-
geschlossenen spätgotischen Fialenwerk; von
da wächst sich das Ende des Schaft-
stammes ztt der Grundplatte des eigent-
lichen Bauwerkes aus, die (abgesehen von
der Erweiterung zu beiden Seiten für
das flankierende Fialenwerk) wieder die
Sechseckform zeigt. Im Sechseck baut >ich
darauf der ganze Sakramentshaus-Turm
auf. Zwar hat der Expositionsrauin den
Kreis zum Grundriß, aber seine Seiten
sind gebildet durch vier Pfeiler, welche
nicht int Quadrat, sondern int Sechseck
gestellt sind; der fünfte und sechste Pfeiler
sind weggelassen, tun die Durchsicht durch
die Mitte des ExpositionSranmes nicht zu
hemmen, lieber der Halbkngelkuppet aber.
 
Annotationen