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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 25.1907

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Nr. 6
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Baur, Ludwig: Gedanken über Beleuchtungsanlagen in Kirchen, [4]
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https://doi.org/10.11588/diglit.15940#0070

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fulgentes insertis lampadibus. Cer-
nimus et pro candelabris arbores quas-
dam erectas multo aeris pondere miro
artificis opere fabricatas, nec magis
corruscantes superpositis lucernis, quam
suis gemmis. ... O vanitas vani-
tatum, sed nonvanior, quam insanior.«')
Es war Ivie eine Gewissensfrage, die er
an seine Zeit richtete: »Quid putas
in bis omnibus quaeritur?
Poenitentium compunctio, an
intuentium admiratio?« — Wir
wollen auch unserseits dieser Gewissens-
frage des großen Heiligen nicht ans dein
Wege gehen. Wenn wir dann mit gutem
Gewissen mit den mittelalterlichen Litur-
gikern antworten können: „Lichtkronen
werden aufgehängt im Gotteshause zur
Zierde und zur Beleuchtung, zur Mah-
nung an jeden von uns, daß nur jene
der Krone des Lebens und des himm-
lischen Lichtes teilhaftig werden, die hier-
in Andacht Gott dienen, sodann aber auch
zur Versinnbildung des himmlischen Jeru-
salem, nach dessen Bilde sie gemacht
scheinen," 2) so werden wir dem hl. Ber-
uardus mindestens das zeigen können,
daß auch wir bei unseren Beleuchtungsan-
lagen in den Kirchen uns von dem weiteren
Grundsatz leiten lassen, daß auch in
dieser Frage die religiös-sitt-
lichen und litnrgischen Gesichts -
punkte in erster Linie für uns
maßgebend seien.

Ehe mir nun das Fazit aus dieser ge-
schichtlichen Betrachtung ziehen können,
müssen wir uns noch kurz vergegen-
wärligen, daß neben den Kronleuchtern
für die mittelalterliche Kirchenbeleuchtung
noch Wand leuchtet in Benützung
waren, in Form von beweglichen Armen,
welche man an Stelle der Weihekreuze
anzubringen pflegte: 12 an der Zahl

>) Apol. ad Guilelm. abbat. c. 12 vgl.
I. Sauer, Symbolik des Kirchengeb. S. 183.

-‘‘) Siehe Sauer, n. a. 0.183. — Die Deu-
tung der Lichter auf die Tugenden geht schon
sehr weit zurück. Wir finden sie bereits aus-
gesprochen in einem altchristlichen Lobgedicht auf
einen Märtyrer, in welchem auf die vornehmere
Beleuchtung des Grabes hingewiesen wird. Es
heißt darin:

»Dum lucem cupimus tectis admittere martyr
Nostra dies meruit kirnen habere tuum . !
Vgl. Ihm, Damasi epigr. Nr. 95.

(Apostelleuchter). Etwas häufiger scheinen
solche in der gotischen und wohl noch
häufiger in der Nenaissancezeit verwendet
worden zu sein.

Diese Wandlenchter in Verbindnng mit
dem Kronleuchter (bezw. den Kronleuchtern)
bildeli die konstituierenden Elemenle der
mittelalterlichen Kirchenbelenchtnng.

Nun sind für die Beurteilung zwei Ge-
sichtspunkte ins Auge zu fassen: nämlich
das Verhältnis der Lichtstärke der Ge-
samtbeleuchtung zur Raumgröße, von der
tut erstell Artikel die Rede war, und so-
dann das Verhältnis der Lichtsteigerung
von den Nebenlichtern zum Kronlenchter
(Hanptlicht). Von bem ersteren hängt
die weihevolle Nanmstimmnng ab, voll
letzterer der ästhetische Reiz der Licht-
anlage selbst.

Was den ersteren Punkt betrifft, so
mag wohl die inittelallerliche Beleuchtung
int ganzen nicht selten zu schwach ge-
wesen sein, und mancher gotische Dom
mag wohl häufig, besonders in den Ge-
wölben, mehr Finsternis und gespenstische
Schatten als Licht gehabt habeli. Wir
sind mit iliiseren Lichtgnellen besser daran,
müssen uns aber, wie wir im ersten
Artikel ansführten, dessen bewußt bleiben,
daß jedes Licht eben auch Schatten wirft,
die anszngleichen sind, und zwar umso
stärkere, je intensiver es ist, und daß es
eine gewisse Maximalhöhe gibt, die nicht
überschritten werden soll, deren Bestim-
mullg aber Sache des ästhetischen Taktes ist.

Das int mittelalterlichen Belenchtnngs-
wesen festgehaltene Prinzip eines Jnten-
silätsgegensatzes zwischen Haupt- und
Nebenlichtern verdient auch heute noch
festgehalten und nachgeahmt zu werden,
denn es stellt jene Beziehungsmöglichkeit
einer Vielheit ans eine Einheit her,
welche die Seele alles Schönen ist.') Da-

') Eine einigermaßen entsprechende Vorstellung
von dieser Steigerung können nns folgende Zahlen
geben: A a ch e»e r Krönte u ch t e r (12. Jahrh.)
8X,i = 48 Lichter, Hildesheiin (11. Jahrh.)
12X*' —12 Lichter, der um die Hälfte kleinere
12X3 — 3(j Kerzen, Co»1 burg-Hall (12.
Jahrh.) 12X4 = 48 Lichter. -

Etwas geringer pflegt gemeinhin die Lichter-
zahl bei den gotischen Kronleuchtern zu sein.
So z. B. hat der Kronleuchter zu Vreden (1489)
12 Lichter, Halberstadt 12, K 0 l b e r g 10 (?),
Mündelheim (Kupfer 1500) 12 Arme u. s. w.
Eine größere Anzahl von Lichtern, weisen gewöhn-
 
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