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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 25.1907

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Nr. 6
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Lange: Zuschrift
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Baur L.: Erwiderung
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Chronik des Dözesankunstvereins
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Literatur
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https://doi.org/10.11588/diglit.15940#0074

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67

Zuschrift.

Herr Professor L. Baur in Tübingen hat
mich in Nummer 3, S. 36, auf einen angeblichen
Irrtum aufmerksam gemacht, der mir beim Lesen
einer Inschrift des Mühlhauser Altarwerks in
der Stuttgarter Galerie unterlaufen sein soll.
So gern ich im allgemeinen bereit bin, Jrrtümer
zuzugeben, so sehr muß ich doch nach wiederholter
Untersuchung des Originals an der Lesart Vers
ancilla clomini festhalten. Es kann absolut nicht
Ecce heißen. Der erste Buchstabe ist, wenn
auch etwas verrieben, doch ein deutliches V, der
dritte ganz sicher kein c, sondern ein r. Dagegen
kann man die zweite Hälfte der Inschrift sehr-
gut trat michi secundum verbum tuum
lesen. Denn wenn auch die Entscheidung zwischen
vbu und vliii schwanken kan», so spricht doch
das tuum für das erstere. Das Vers beweist
also doch, daß der Prager Malerlehrling vom
Jahre 1385, der die Inschrift auf das Buch auf-
zupinseln hatte, den Text der Vulgata nicht aus-
wendig wußte. In der Vorlage, die ihm zu
diesem Zweck von seinem Meister oder einem
Geistlichen gegeben wurde, stand vielleicht ecce,
er las aber irrtümlich vere, wobei er vielleicht
an Stellen wie Matth. 27, 51: Vers trlius
dsi erat iste dachte. Derartige Jrrtümer beim
Abschreiben von Inschriften kommen im Mittel-
alter sehr häufig vor.

Tübingen. Professor Lange.

Erwiderung.

Da die am Schlüsse ausgesprochene Vermutung
kaum Zustinnnung finden dürfte und anderseits eine
wiederholte Prüfung mich in der geläufigen Lesart
Ecce bestärkt hat (mittlere Buchstaben: zwei cc),
so glaube ich, trotz aller Anerkennung, die ich der
Genauigkeit des Herrn Verfassers zolle, meine
Ansicht als begründet ansehen zu dürfen. Die
paläographischen Gründe, die inich im einzelnen
zu dieser Ansicht bestimmen, bin ich jederzeit
bereit, dem Herrn Verfasser zur Verfügung zu
stellen. An dieser Stelle glaube ich, die kontro-
verse nicht weiter ausdehnen zu sollen.

Tübingen. Professor L. Baur.

(Lhromk des Diözesaukunstvereins,

Nachdem Msgr. K. Küniinel seit dem Tode
des Herrn Pfarrers Detzel interimistisch die
Vorstandschaft unseres Vereins übernommen hatte,
mußte derselbe infolge außerordentlichen Arbeits-
anfalls für die nächsten Jahre, die definitive Ileber-
nahme der Vorstandschaft ablehnen. — Der Vereins-
ausschuß trat deshalb am 30. April er. zu einer
Sitzung in Stuttgart zusammen, in welcher ein-
stimmig Herr Kamerer Artur Schöning er in
Söflingen (Ulm) zum Vorstand gewählt wurde. In
ihm hat der Ausschuß wieder eine tüchtige und be-
währte Kraft an die Spitze des Vereins gestellt,
die schon zusammen mit Pfarrer Detzel eine
reiche und praktische Tätigkeit als Gutachter im
Dienste der kirchlichen Kunst entfaltete. Dem
interimistischen Vorstand Msgr. Kümmel wurde
der gebührende Dank ausgesprochen für seine bis-
herige Geschäftsführung. In de» Ausschuß wurde

der schon in der Sitzung vom 6. Februar an
Stelle des Pfarrers Detzel gewählte Stadt- und
Garnisonspfarrer Effing er-Ulm eingeführt.

Literatur.

Mensa unbConfessio. Studie» über
den Altar der allchristlicheu Liturgie von
Or. Franz Wieland, Subregeus in
Dillingen. I. Der Altar der vorkonstau-
tinische» Kirche. München (Zentner) 1906.
— XVI und 167 S.

Der Verfasser dieser hochinteressanten Studie
führt die bisherigen Untersuchungen über den alt-
christlichen Altar von Fl e ury, Heideloff, Laib
und Schwarz, Schmid (uni nur die Neueren
anzuführen) nicht nur um ein Erkleckliches weiter,
sondern großenteils in ganz neue Bahnen. Die
in diesem ersten Bändchen durchgeführte Idee läßt
sich dahin zusammenfassen: l. „Die Kirche des
a p o st o l i s ch e n Jahrhunderts hat einen
Altar als liturgisches Gerät nicht ge-
kannt, einerseits weil sie nach dem Vorgang des
Hebräerbriefs als Opfer der Christen nur „die
Opfergaben der Lippen", das Opfer des Lobes
gelten ließ, anderseits weil sie den Schwerpunkt
ihres vorzüglichen Lobopfers der Eucharistie, in
den Genuß desselben verlegte, ja sogar mit dem
geineinsamen Liebesmahl als dessen Höhepunkt
verknüpfte. Es war also in der liturgischen Feier
des ersten Jahrhunderts kein Raum für einen
Altar, oder auch nur für die Altaridee." (S. 106.)

2. Eine Wertschätzung und Verehrung der eucha-
ristischen meirsa als Altar kommt erst mit der
ersten Hälfte des dritten Jahrhunderts auf, mit
der Einschränkung jedoch, daß die (wahrscheinlich
dreifüßige) meiwa aus Holz nur für die Dauer
der Liturgie, für welche sie jedesmal eigens auf-
gestellt und mit Tüchern geschmückt ivurde, diese
Verehrung genoß. Der Verfasser leitet diese
Wendung davon her, daß seit dem Ende des
ziveiten oder Anfang des dritten Jahrhunderts
die christliche Opfertheorie vom Begriff des geistigen
Lobopfers durch das Eucharistie» m a h l zu dem
Begriff der realen Darbringung der Eucharistie
fortschritt, daß Eucharistie und Agape getrennt
und eigene Kirchen als Versammlungshäuser für
die Eucharistie entstanden.

Ein Altargrab gab es in der vorkonstantini-
schen Zeit nicht, ivohl aber wurden sicherlich seit
dem 2. Jahrhundert auch die Verstorbenen in
die Eucharistiefeier hereinbezogen.

3. E r st s e i t K o »st antin wird d e r A l t a r
dauernd i in Presbyterium a u f g e st e l l t
und von da ab wird er auch außerhalb der Liturgie
als etivas Heiliges und in sich Wertvolles verehrt.
Die erste Nachricht darüber gibt uns Eusebius (I list.
eccl. X, -I) in seinem Bericht über die Kirche von
Tyrus. Wie inan sieht, hat sich Wieland die Nenzsche
Meßopfertheorie zu eigen gemacht, um das Fehlen
des festen, dauernd ausgestellten Altars und
seiner kultischen Verehrung in der ältesten Zeit
aus rein i» n er k ir chlichen (dogmenhistorischen)
Gründen klar zu machen. Neben diesem inneren
Grund, der nun freilich — wenn er zutrifft —
vollständig erschöpfend die Sachlage erklärt, ivird
 
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