Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Hinweis: Ihre bisherige Sitzung ist abgelaufen. Sie arbeiten in einer neuen Sitzung weiter.
Metadaten

Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 25.1907

DOI Heft:
Nr. 8
DOI Artikel:
Schröder, Alfred: Beiträge zur Kunsttopographie und Künstlergeschichte des bayerischen Kreises Schwaben, [2]
DOI Artikel:
Mayer, Franz Xaver: Der Umbau der Dreifaltigkeitskirche in Ludwigsburg, [2]
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.15940#0093

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
1753 — 58 in der jetzigen Form »eil er-
standen. Die Ebnerkapelle bietet ein sehr
reizvolles Nokokointerienr dar; ausgezeich-
nete Stuckaturen (leider schlecht gefaßt),
ein dekorativ recht wirkungsvolles Decken-
gemälde, reich geschnitztes Gitterwerk und
eingelegte Türen von hochfeiner Arbeit
zieren den Nauru, der auch seine ursprüng-
liche Einrichtung bewahrt hat. Ob auch
hier noch Zinirnermann als Leiter der
Dekoration tätig war, scheint mir ziveifel-
haft. Manches erinnert ja an ihn, wie
die Behandlung der Kapitelle, aber im
Ganzen würde man im vollentwickelten
Rokoko von diesem Meister doch eine noch
einheitlichere Verschmelzung der plastischen
und malerischen Dekorationsmiltelenvarten.

(Fortsetzung folgt.)

Der Umbau der Dreifaltigkeitskirche in
Ludwigsburg.

II. Der jetzige Bau.

Bo» F. X. Mayor, Pfarrer i» Ludwigsburg.

Die von der Stadtgeuieiude Ludwigsburg um
50 000 M. erkaufte alte „Garnisonskirche", bil-
dete ei» Rechteck vou 30 m Lauge, 15 m Breite
und JO in Höhe mit Ost- und Westfassade.
Letztere ist durch 2 Liseuen in 3 Flächen vertikal
geteilt, die je mit einem Fenster versehen sind;
die mittlere Fläche hat unterhalb des Fensters
das Hauptportal. Diese Liieuen zeigen, wie die
Ecklisencn attische Basis und jonisches Capiteil:
nämlich zwischen den 2 Voluten einen Eierstab
und darüber einen Blätterkranz. Dieser erste
Stock der Westfnssade reicht bis zum Dachstuhl
und wird durch ein kräftig ausladendes Gurtge-
sims von dem Bolntengiebel horizontal getrennt,
welcher ein Fenster zwischen 2 Lisenen ebenfalls
mit jonischem Kapitell (aber zwischen den 2 Schnecken
sind einfache Akanthusblätter) aufweist. lieber
diesem Fenster schließt die Fassade mit einem
Halbkreis ab, hinter welchem der niedere Turm
(ein Stockwerk mit Schallarkaden unter dem
Walmdach) anfragt. Vom J. Stock bis zum Giebel
steigen 2 mächtige Voluten zu beiden Seiten
empor, luite» und oben je eine Base tragend.

Aehnlich gehalten war die Ostfass ade,
welche aber durchbrochen werden mußte zum Anbau
des neuen Chores, wodurch auch eine Vermauerung
der Ostfenster nötig ivurde. Die Wände des
Schiffes sind durch hohe, einfache Fenster mit
Rundbogen und Lisenen gegliedert.

Durch diese Fassaden und das Schiss war auch
die Form für den Choranbau gegeben. Runder
Chorabschluß mit dem Sockel, den Lisenen, dem
Gesimse und den Fenstern der Fassade ließ ein
neues Chor erstehen, das mit dem alten Gebäude
vollständig einheitlich sich darstellt. Das rechnen
wir dem Architekten H. Endes hoch an und cs
zeugt von seiner Stilkenntnis, daß er nicht einen
Chor nach eigenem Kopf erbaute, sondern daß er
die gegebenen Formen des alten Baues verwen-

dete. Dabei wurde das kräftige Gurtgesims der
Ostfassade als Dachgesims um das ganze Chor
geführt. Dieses Lob, etwas Ganzes, ein Gebäude
wie aus einem Guß hergestellt zu haben, gebührt
ganz und ungeschmälert dem Architekten. —

Nun wurde zunächst die Ostfassade durchbrochen,
die Jnuenanbauteu (Sakristeien) entfernt und
der runde Choranbau mächtig aufgeführt. Hiebei
machte sich ein Versäumnis beim Ankauf der
Kirche geltend. Sie war nämlich ohne vorher-
gehende „gründliche" Untersuchung erworben wor-
den, trotz wiederholten Hinweises auf Schäden
des Gebäudes, ja sogar ans die Baufälligkeit der
Kirche und zwar auch vou fachmännischer Seite.
Eine gründliche Untersuchung hätte ergeben — und
das war schon bekannt —, daß das Fundament
des Baues schwach resp. nicht lief ist, so daß also
zu erst der Unt er gru nd zu v erstärkeu
sei, ehe man die Mauer der Ostfassade durchbre-
chen und für den Choranbau graben konnte, ohne
eine Gefährdung des alten Baues zu verursachen.
Man kaufe also kein altes Gebäude ohne genaue
fachmännische Untersuchung!

Es wurde aber nicht nur das nötige Funda-
ment für das Chor gegraben, sondern die Erde
wurde bis zu 3 m Tiefe ausgeworfen auch noch
für eine projektierte Heizanlage für die Kirche,
wodurch die ganze Fassade zum Weichen kam,
Einsturz drohte und nach allen Seiten schleunigst
gesprießt werden mußte. Dadurch war man
weiter gezwungen, durch Verstärkung der Mauern
resp. Streben, den Schub aufzuhalten, das Funda-
ment der Kirche zu verstärken und zur Sicherheit
des ganzen alten Gebäudes und zur Bewahrung
der Kirchenbesucher vor Lebensgefahr die 4 Mauern
ringsum inner- und außerhalb oben und unter
den Fensteröffnungen ivie ein Faß durch Eisen-
stangen zu umbindeu. Dieses Umfassen des Recht-
eckes kostete die kath. Gemeinde 8000 M, welche
unvorhergesehen waren. Darum sei äußerst vor-
sichtig beim Umbau eines alten Gebäudes! —
Hätte eine genaue Untersuchung des Gebäudes
vor Ankauf desselben stattgefunden, so wären
auch noch andere Schäden desselben, ivie Ver-
witlerung der Gesimse an der Westfnssade und
eines Teiles der Vasen entdeckt worden und
wäre wohl der Kaufpreis niedriger ausgefallen
resp. die Stadtgemciude hätte sich wohl zu einer
niedrigeren Forderung als 50000 Dt. verstehen
müssen.

Der Choranbau macht einen imposanten Ein-
druck. An beide Seiten des Chores lehnen sich
zweistöckige Quadrate; Nebenbanten mit Sattel-
dächern als Sakristei, Sitzungslokal für den
Kircheustistungsrat, event. für den Singchor zur
Einübung dos Kirchengesangs, zum Kommunikan-
tenunterricht und Loge für den Hof.

Auch das A e u ß e r e des Schiffes mußte
ein neues Gewand erhalten: der alte Verputz
wurde, als defekt, abgeschlagen und durch neuen
ersetzt, die Gesimse der Westfassade durch Zement
ergänzt, neue Fensterbänke — und zwar 1 m
höher — eingesetzt. Wären die Voluten und
Gesimse der Fassade gleich von Anfang an mit
haltbarer Farbe versehen worden im richtigen
Ton (statt durch Kalkanstrich) so wäre wohj nach
dem Abbrechen das Wiederanfrichten der oberen
Hälfte des Fassadengerüstes erspart worden wie
 
Annotationen