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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 25.1907

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Nr. 12
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Weser, Rudolf: Joseph Wannenmacher, Maler (1722-1780), [6]
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https://doi.org/10.11588/diglit.15940#0132

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Armen Seelen zu Hilfe kommen kann.
Unter dem Gottesange in der Sonnen-
scheibe steht über der von der Schlange
ninringelten Erdkugel, mit einem Fuß in
die Mondsichel tretend, die majestätische
Figur Mariens als Himmelskönigin mit i
Krone und Lilienszepter; auf ihrer Brust!
schwebt die Taube des hl. Geistes mit
dem VermählungSring im Schnabel. Ihre
Linke hält ein Band mit Skapulieren und
Rosenkränzen und Medaillen. Ein Engel
zu ihrer Linken empfängt von ihr diese
Dinge, um sie den Seelen zu schenken.
Weiter unten schweben vier Engel den aus
den Feuerflammen heraus flehenden Armen
Seelen entgegen. Einer von ihnen schüttet
ails einem Kelche kleine Hostien ans die
Seelen hinab, was die Aufopferung der
hl. Kommunion für die Verstorbenen be-
deutet, und hält in der Linken die Patene
mit der großen Hostie, die Darbringung
des Meßopfers für dieselben bezeichnend.
Drei andere Engel strecken den bittenden
Seelen Rosenkränze, Skapuliere entgegen,
was die Gebete uuö guten Werke 51111t
Trost der Abgestorbenen sinnbildet. Das
Bild ist in seiner unteren Partie (Fegfeuer)
infolge der Feuchtigkeit sehr verdorben.

Das glänzendste hiesige Fresko Wannen-
machers und wohl eines seiner schönsten
überhaupt ist das große De ek e n -
ge in ä l d e im Schiff der S. Leon-
hardskirche. Dasselbe nimmt nach
Länge und Breite fast die ganze Decke ei».
Es besteht eigentlich aus vier Einzeldar-
stellungen : gegen vorn S. Leonhard und
Mariä Himmelfahrt, gegen Westen S. Flo-
rian und die Auferweckung des Lazarus.
Die scheinbar disparaten Stoffe sind in
dem Gedanken der Auferstehung und des
ewigen Lebens zur höheren Einheit zn-
snmmengefügt und vereinigen sämtliche
Patronate der Kapelle und ihrer Altäre
in einem einzigen großartigen Bilde.

Betrachten wie dasselbe näher 1 1. S. Leon-
hard in de» Wolken thronend, mit dem Abts stab
in der Linken, schaut freudig herab ans zwei
ihm für die Befreiung ans Kerker und Ketten 1
dankende -Dimmer, neben welchen die Landschaft
Pferd, Ochs, Schaf und Ziegenbock beleben. Bon
nute» schlagen die Flammen des Fegfeners cni-
por, ans denen vier sehr gnt modellierte Köpfe
von „Armen Seelen" zum Heiligen flehend em-
porschauen. Hier ist das dreifache Patronat des
i)l. Leonhard nusgedrückt: er ist Patron der
Landleute, die ihn in Krankheiten des Viehes

anrnfen; er ist Patron der Gefangenen und be-
freit die Annen Seelen aus dein Gefängnis des
Fegfeuers.

2. Von diesem Gruppenbild ist das zweite
durch einen Palmbaum geschieden, der mit seinem
viel zu massigen Stamm die Trennungslinie
markiert. Znm Teil in lebhafter Bewegung, zum
1 Teil in andächtigem Staunen betrachten die Apostel
das geöffnete leer befundene Grab Mariens, die
auf einem von Engeln gezogenen und geschobenen
Thronwage» (oder Thronsessel) über die Wolken
anffährt zum Thron der heiligsten Dreifaltigkeit,
Gott, Vater und Sohn sind prächtige Gestalten.
In den verschiedensten und kühnsten Stellungen
jubeln die Engel der ankommenden Himmels-
königin entgegen, deren einer ihr einen Kranz
von Rosen entgegenhält. Dieses Bild nimmt von
allen vieren den breitesten Raum in: ganzen
Deckengemälde ein und ist mit besonderer Sorg-
falt nusgeführt. Auf der ani Boden liegenden
Deckplatte des Grabes Mariens steht der Name:
Josephus Wannenmacher, Acacl. Romanus
inv. et pinxit 1776.

ci. Gegen Westen steht S. Florian über einem
brennenden Trümmerhaufen und schüttet mit der
Rechten Wasser in die Flammen, während seine
Linke eine Fahne hält und sein Haupt empor-
blickt zu den Engeln, die ihm aus den Lüften
winken. DieS Bild hatte schwer gelitten dadurch,
daß ans und über demselben ei» großes Stück
der Decke herabstürzte vor etwa 12 Jahren und
daß die reparierenden Gipser unverletzte Teile
mitzngegipst hatten. Der Geschicklichkeit des Reno-
vators, Kunstmalers Gallus Roth, ist es gelungen,
den Köpf des hl. Florian 30113 wieder zu ent-
decken und dazu noch Teile der Engelfiguren
herauszuschaffen, so daß jetzt das ganze Bild
wieder in ursprünglicher Schönheit uns entgegen-
winkt.

4. Ein Grabstein mit hebräischer Inschrift
scheidet die Floriangruppe vom letzten Bild der
Auferweckung des Lazarus. Der Heiland ruft
mit erhobener Rechten, in majestätischer Stellung,
den Lazarus i»S Leben. Dieser sitzt auf der
Deckplatte des in der Erde befindlichen Grabes,
ans dem er sich eben erhoben. Der Leib ist
ganz wenig bekleidet und läßt eine treffliche Mo-
dellierung des Körpers sehen. Mehrere Jünger
und Frauen betrachten erstaunt das Wunder;
Maria, auf die Knie gesunken,, blickt zu Jesus
auf und kann kaum glauben, was dessen Worte
sagen. Martha hält sich mit einem Tuche die
Nase zu („Herr, er riecht schon!"). Ein Wolfs-
hund bellt freudig dem lebendig gewordenen
Lazarus entgegen. Ob derselbe nicht die Treue
der Verheißungen Christi sinnbilden soll?

Sv sprechen die beiden Gemälde von
S. Leonhard und S. Florian von der
! Befreiung der Annen Seelen ans dein
Fegfeuer und vom Anslöschen der Fener-
flaininen desselben, Lazarus predigt die
Auferstehung von den Toten und der
Triumphzug Mariens zeigt allen Menschen
den Himniel als ihr Ziel.

Um das große Bild herum, die Felder
 
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