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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 26.1908

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Nr. 1
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Groner, Anton: Der Plan von Michel Angelos Medicigräbern, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.15941#0017

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nach Floren) gekommen sind, gab ich ihnen
30 Dukaten für jede Gesellschaft." „Und
heute, am t9. dieses, habe ich aufgehört,
den Scipione zu bezahlen für 4 Monate,
die er in Carrara war, der noch 9 Du-
katen und 20 Saldi zu bekommen hatte."

Die beiden Gesellschaften Hallen also
die auf Ende Juli zngesicherten Liefe-
rungen nicht rechtzeitig fertiggestellt; am
16. August sind sie in Florenz und er-
halten noch je 30 Dukaten. Was hatten
sie hier auf einmal zu schaffen? Vermut-
lich wurden schon damals ihre Arbeiten
bis ans weiteres eingestellt, und waren
die 60 Dukaten, die sie erhielten, die im
Vertrag für diesen Fall vorgesehene Ab-
findungssumme. Dafür spricht nament-
lich auch die Tatsache, daß Scipione da
Settignano, den Michel Angelo im April
zur Ueberwachung der Arbeit in Carrara
zurückgelassen hatte, gleichzeitig entlassen
wurde. Der Grund fiir die Einstellung
des Marmorbrechens wie das Verhalten,
das der Kardinal in der Frage der Grab-
mäler in den beiden nächsten Jahren be-
obachtete, ist nicht ganz klar. Es scheint,
daß er sich ans finanziellen Gründen zu-
nächst auf den Ban der Kapelle be-
schränken mußte. Diese war im Roh-
bau im Dezember 1523 oder Januar 1524
vollendet. Dagegen war der Kardinal
trotz wiederholter Bemühungen Michel
Angelos nicht zu bewegen, für die Grab-
mäler etwas zu tun. Am 3. Novem-
ber 1523 läßt er zwar durch Domenico
Bertini bei der ersten der genannten Ge-
sellschaflen sechs Figuren nach den Be-
dingungen des früheren Vertrags bestellen').
Aber erst nach seiner Erhebung auf den
päpstlichen Thron (19. November 1523)
konnte er daran denken, die Ausführung
der Grabmäler nachdrücklich zu beschleu-
nigen.

Michel Angelo hat in den folgende» Jah-
ren unermüdlich an den Grabmälern ge-
arbeitet, obwohl nun zugleich der Bau
der Bibliothek in seine Hände gelegt war.
Infolge des Umstandes, daß der neue
Papst fortwährend über alle Einzelheiten
auf dem laufenden erhallen sein wollte,
ermöglichen uns heule ein ziemlich reicher
Briefwechsel, wenn freilich auch leider

') Milanesi 698.

gerade der Inhalt von Michel Angelos
eigenen Briefen meist nur aus den Ant-
wortschreiben zu erschließen ist, sowie die
detaillierten Ricordi und Rechnungen des
Meisters einen genügenden Einblick in
den Fortgang der Arbeit in der ersten
Hälfte des Jahres 1524. Vom 12. Ja-
nuar bis t 2. März fertigte der Künstler
mit Hilfe des Schreiners Bastiano „eines
der Holzmodelle für die zwei Grabmäler
der Sakristei". Am 29. März begann
der Dombanmeister Andrea Ferrncci da-
mit, eines der beiden Seitengräber nach
diesem Modell in Marmor anfznmauern.
Seit der zweiten Hälfte des März ist
Michel Angelo mit der Herstellung der Ton-
inodelle für die Grabfignren beschäftigt.

lieber die Frage nach dem zwischen
dem Auftraggeber und den: Künstler ver-
einbarten Plan für die Grabmäler lassen
uns die Quellen fast völlig im Slich.
In dem oben genannten Brief des Kar-
dinals de'Medici vom 28. Novellier 1520
ist von vier zu einem Freigrab vereinigten
Denkmäleni die Rede. Bereits im April
1521 war man zu Wandgräbern über-
gegangen ; denn bei den Marmorbeftel-
lungen für die Grabmäler werden aus-
drücklich die Blöcke für die Figuren und
die für die Wand unterschieden. Was aber
die Zahl und die Aliordnung der Grabmäler
betrifft, so können nur zwei Notizen bei-
gezogen werden. Zum 12. März 1624
enthalten MichelAngelos Ricordi die Be-
merkung I: che fu Fultimo di che fu
finito uno de’ modegli de Ile
duesculpturedellaSagristia.
Und Giovansrancesco Fattncci, ves Künst-
lers Freund, der in diesen Jahren die
Korrespondenz des Papstes mit Michel
Angelo besorgte, bemerkt in einem Brief
vom 3. April 15242): „Als ich ihm
(dem Papst) sagte, daß noch in dieseilr
Jahr die beiden Grabmäler wer-
den aufgemauert sein, d. h. die Wand-
architektnr, nicht aber alle Figuren, da
hatte er eine solche Freude, daß ich ihnr
den Brief zeigen sollte." Wie wir uns
aber die beiden Grabmäler für die
vier Toten vorzustellen haben, darüber
fehlt uns jetzt noch jeder Anhaltspunkt.

') Milanesi 587.

-) gm;, Briefe, 221.
 
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