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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 26.1908

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https://doi.org/10.11588/diglit.15941#0032

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Literatur.

Die liturgische Gew nn b un 3 im
D c c ib e n t und Orient nach Ursprung
und Entwicklung, Verwendung und Sym-
bolik von Joseph Braun 8. J. (Mit
316 Abbildungen.) Freiburg i. Br.
(Herder) 1907. — XXIV und 797 S.
— Preis 30 M.

Die unleugbar große Bedeutung dieses mit
stupender Gelehrsamkeit verfaßten monumentalen
Werkes liegt teils auf dem Gebiete der Geschichte
der Liturgie, teils auf dem der christlichen Kunst-
archäologie. Ei» nicht gerade direkt beabsichtigtes
Nebenergebnis dürfte immerhin auch eine Reihe
von Anregungen für die praktische Paramentik
sein, insofern die Fülle der geschichtlichen Formen
der Paramente auch manche für die Neuzeit
brauchbare Variante in Schnitt und Verzierung
herbeisühren könnte. *)

Der gelehrte Verfasser hat sich auf dem
archäologischen Gebiete der Geschichte der litur-
gischen Gewandung schon seit Jahren her-
vorgetan. Wertvolle Einzelpublikationen konnte
er als Früchte seiner mühevolle» Studien
uorlegen. Es sei nur erinnert an: „Die priester-
lichen Gewänder des Abendlandes", Freiburg 1.997,
und „Die pontisikalon Gewänder des Abend- ,
landes", Freiburg 1898. Hier nun legt der
Verfasser den ganzen Reichtum seiner Forschungs-
resultate in einem zusammenfassenden Werke vor,
das in Bezug auf die wissenschaftlichen Erkennt-
nisse alle bisherigen, besonders auch das bekannte
dreibändige Werk von Franz Bock weit über-
holt. Das letztere behauptet übrigens für die
praktische Paramentik durchaus noch seinen selb-
ständigen Wert. Die älteren Darstellungen der
Geschichte der liturgischen Gewandung, beson-
ders von A. Kratzer (1786), dem edlen und
gelehrten Abt von St. Blasien Bi. Gerbert (1776),
Dominikus Giorgi (1764), u. a., aber auch die
neueren Werke waren teils einseitig von literari-
schen Quellen ausgegangen unter starker Ver-
nachlässigung der monumentalen, d. h. der noch
erhaltenen Stücke aus der bildlichen lleberliefe-
rung, teils stand ihnen letztere nicht in genügen-
der Weise zur Verfügung. — P. Braun zieht
die Quellen im vollen Umfange heran, „die Be-
ltimmungen der Konzilien, Verordnungen der
maßgebenden kirchliche» Autoritäten betreffs der
sakralen Kleidung, die liturgischen Bücher, die
Schriften der Liturgiker, die Jnventare, die
Monumente mit Darstellungen geistlicher Personen
in ihrer liturgischen Tracht und endlich die

') P. Braun hat diese Ergebnisse übrigens
bereits selbst in einem eigenen Merkchen ver-
wertet: „Winke für Anfertigung und
Verzierung der Paramente", Freiburg
1904 — ein Buch, das, wenn es nicht mit dem
Nimbus einer unverbrüchlichen auktoritativen
Norm umgeben, sondern als ein belehrender Nat-
geber angesehen wird, zweifellos in unseren
Paramentenvereinen von großem Werte sein kann.
Vergl. auch seine 900 Vorlagen für Paramenten-
stickereien. 6. Ausl. Freiburg 1908.

i aus früherer Zeit noch erhaltenen Qrnatstücke"

> ' S. S).

Noch nach einer anderen' Seite hin eröffnet
das Werk neue Bahnen: lieber die Kultkleidung
der orientalischen Riten mußte man bis heute
sich an die gelegentlichen teils spärlichen, teils
reichlicheren Notizen halten, die hauptsächlich iit
Werken über orientalische Liturgie zerstreut waren,
so bei Goar (1647), Rennudot (1749 ff.), Asse-
mani, Maltzer, Najewski und einigen anderen.
P. Braun gibt uns zum erstenmal einen größeren
- Einblick in die Art der liturgischen Gewandung im
Orient. Freilich ist das, was der Verfasser hierüber
bieten kann, kein lückenloses Ganzes, da schrift-
liche und monumentale Quellen nur spärlich
fließen. Vielleicht darf man auch in dieser Hin-
sicht vom Oriens christianus, vom l’Orient
chrt-tien lind von den Veröffentlichungen, die
von Dr. Bäu in stark in Sasbnch noch zu er-
warten stehen, weiteres erhoffen. — Nun zum
Inhalt! Der vorliegende Band behandelt
zuerst die liturgischen Untergewänder:
Amikt, Fanone, Albe, Cingulum, Subcinetorium,
Rochett und Superpellicium. Die liturgi-
schen Obergewänder: Kasel, Dalmatik und
Tunicella, Pluviale, und endlich die liturgi-
schen Bekleidungsstücke der Hände,
der Füße, des Kopfes: Pontifikalhandschuhe,
pontifikale Fußbekleidung, Mitra, Tiara, Pileolus
und Birett. Daran schließen sich die Insig-
nien (Manipel, Stola, Pallium, Nationale),
Ausführungen über Symbolik, Farbe und
Segnung der liturgischen Gewänder
und in einem Schltlßabjchnitt die Gesamt-
en twickIung der liturgischen Gewan-
dung. — Tie zahlreichen 3 Hilft rationell
sind sehr sorgfältig ansgewählt und gut repro-
duziert. Alan könnte vielleicht über die Stoff-
verteilung an manchen Punkten anderer Ansicht
sein; man könnte es vielleicht — trotz mancher
damit verbundener Vorteile — für fraglich halten,
ob es zweckmäßig sei, jeweils den Gebrauch und
die Form der einzelnen Kleidungsstücke in der
Gegenwart vorauszustellen; in manchen Punkten
wird man wohl auch den Status clausus ein-
zelner Fragen noch nicht ohne weiteres an-
erkennen wollen; neue Aufschlüsse wird wohl
die bevorstehende Publikation P. Grisars über
die Kapelle Lancia Sanctomm bringen: aber
wer möchte sich angesichts dieser großartigen
Leistung an solche Kleinigkeiten halten? Die
Hauptsätze des Buches werden als wohl fun-
dierte anerkannt werden müssen. Diese sind:
Die meisten Stücke der liturgischen Gewan-
dung stammen ursprünglich aus der profanen
bürgerlichen Kleidung, nicht aus der j ü-
dischen Kultkleidung, auch nicht schlecht-
hin aus einem positiven kirchlichen Gebot. Bei
einzelnen Gewandstücken macht Braun eine Aus-
nahme : so beim Pallium, der Stola, der Mitra.
Damit ist die Kompetenz des Referenten zu
Ende. — Eine Kritik im einzelnen liefern zu
wollen, hieße sich die Aufgabe stellen, das ganze
Werk nachzuarbeiten. Bei der, ich möchte sagen
lückenlosen Literaturbenützung wäre das ein sehr
wenig aussichtsvolles Beginnen.

Wir freuen uns herzlich der wissenschaftlich
bedeutsamen Gabe, die wir der Feder des
 
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