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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 26.1908

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Nr. 7
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Schön, Theodor von: Die Kapelle (jetzige Pfarrkirche) zur schönen Maria auf dem Hohenrechberg, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.15941#0085

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man eine Einsiedlershütte, deren Be-
wohner von den ältesten Zeiten her von
der sogenannten reichen Almosenpflege zu
Donzdocf als Klausner von Hohenrechberg
ein jährliches Almosen bezog. Wann und
zu welcher Zeit aber diese Kapelle dahin
gesetzt worden ist, läßt sich gar nicht
bestimmen; denn es mangeln hierüber !
die Urkunden. Doch lassen sich folgende
Vermutungen teils ans den ältesten rech-
bergischen Archivalschristen, teils auch der
Sache selbst nicht ohne die größte Wahr-
scheinlichkeit folgern: 1. daß sich der Ur-
sprung dieser Wallfahrt nicht über die
Zeit der Ankunft des Einsiedlers auf dem
Berge erstrecke, diese aber sich, schwerlich
vor dem 12. Jahrhundert ereignet habe?)
Denn selbe in die alten.Einsiedlerszeiten
zu setzen, findet man ganz unwahrschem-
lich und der ersten Religionsverfassung
Deutschlands zuwiderlaufend.

2. Erreicht die Art, die Form und der j

') Im schwäbischen Taschenbuch 1820, 141
heißt es: „Der Berg, welcher-außer der Nord-
seilo fast ganz angebnut ist, war in älteren Zei-
ten mit Nadelholz bewachsen und auf deni Platz
der gegenivärtigen Pfarrkirche stand.eine Klausner-
Hütte mit einer hölzernen Kapelle. Da sich im

11. bis 12. Jahrhundert die Klausner in Schwa-
ben anfingen, einzunisten, so mag sich ivohl um j
diese Zeit ebenfalls ein Eremit zu Hohenrechberg
angesiedelt haben. Er hatte in seiner Kapelle
ein aus Lindenholz schön geschnitztes Mariötibild
aufgestellt, zu dem die umliegenden Landleute
stark wallfahrteten. Die Menschen vermehrten
sich an manchen Festtagen so sehr, daß ganze!
Märkte auf der Oberfläche dieses Berges gehal-
ten wurden, welche noch vor 30 Jahren (1700) |
sehr zahlreich waren." Ebenso sagt St. I. N eher, ;
statist. Personalkatalog des Bistums Rottenburg j
1878, 140: „Am Ende des 1t. oder Anfang des i

12. Jahrhunderts soll ein Eremit dem Marien-
bild, welches er auf den Hohenrechberg gebracht
hat, eine hölzerne. Kapelle allda erbaut haben."
A, Holder in feinem hübschen Aussatz Hohen-
rechberg und sein Geschlecht (Schwabenland 7, 08)
meint: „Jii alter dunkler Zeit, als dieser hervor-
ragende Ausläufer des Rechbergs noch dicht be-
waldet war, habe ein braver Einsiedler ein aus
Lindenholz gefertigtes schönes Marienbild auf
die Spitze des Bergrückens gebracht und bald !
sei dessen Hütte das Ziel einer bevorzugten Wall-
fahrt geweseiu Schon frühe soll inan aus Lear
Holz des Hains, eine Kapelle errichtet haben,
welche das Vertrauen zu den geistlich befreienden
und befeeligenden Kräften des heiligen Orts
noch erhöhte und zahlreiche fromme Herzen mit-
unter zu weitgehender Opferwilligkeit begeisterte,
so daß das Heiligtum bald begütert wurde und
sich einen wirklichen Besitz erwerben konnte."

Geschmack, nach welchem das Gnadeu-
bilb gemacht ist, höchstens das 12. Jahr-
hundert?)

3. Scheint zwar das Slamm.'chloß
derer von Hohenrechberg schon im
vierten Jahrhundert ch bekannt gewesen
zu sein, ob aber schon dazumal' eine
Kapelle auf . dem Gipfel des Berges stand,
darüber schweigt das graue Altertum voll-
ständig.

4. Gewisse Zeitbücher erzählen, daß
schon im Jahre 332 vier Brüder vom
roten Löwen als die Stammväter, derer
von R e ch b e r g sich in castello Rech-
berg vonl Heidentum zum christlichen
Glauben bekehret haben?) Ob aber die
Verehrung der seligsten Jungfrau, im
Fall auch diese Erzählung für ganz wahr
angenommen (wird), sich von diesen
Zeiten herschreibt, ist nicht leicht zu be-
haupten. Irenaus sagt zwar schon
von den christlichen Bischöfen und Kirchen,
darum auch unter den römischen Legionen,
die sich um die Gegend von Hohenrechberg
um diese Zeiten unwiderlegbar anfhielten,
sich gewiß auch viele Christen befanden.
Allein es ist sehr zil vermuten, daß der
christliche Glaube durch das iinmer-
ivährende Hin- und Herziehen der bar-
barischen rind heidnischen Völker wieder
verscheucht worden ilnd in Abgang ge-
kommen ist.

5. Sogar der Name „die schöne Maria",
den man dem Gnadenbild daselbst bei-
zulegen pflegt', ist/nicht so alt, als man
insgemein glauben mochte. Denn man
hat noch keine 'alte Urkunde zu Gesicht be-
tommen. So oft derselben in den Archiv-
jchriflen gedacht wird, so heißt es in der
Kapelle auf dem Berge oder zu unser
lieben Frauen. Die Benennung der
schönen Maria komm! erst im Jahr 1699

') Nach den Alteriumsdeukmalen: S. 453. ist
das Gnadenbild ein hochgotisches, gefaßtes
Schnitzwerk der sitzenden Muttergöttes, stamint
also aus dein 13. odetz Anfang des 14.'Jahr-
hunderts.

2) Sage! Der älteste. Bau der Burg fällt
wohl ins 12. Jahrhundert.

s) Sage! Die. ältesten sicheren Spuren des
Christentums in diesen Gegenden finden sich erst
im 8. und 9. Jahrhundert, ein paar Schenkungen
ans Kloster Lorch 783 und 805. Das Christen-
tuin kam ivohl, als die Alemannen von den
Franken unterworfen wurden, in die Gegend.
 
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