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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 26.1908

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Nr. 9
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Brinzinger, Adolf: Die Kirche in Rottenmünster bei Rottweil a. N. und deren Erbauer, [2]
DOI Artikel:
Naegele, Anton: Eine geistliche Apotheke in Bild und Wort, [3]
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https://doi.org/10.11588/diglit.15941#0104

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92

die Wessobrunner ©tuccatoreu" im Ober-
bayerischen Archiv für vaterländische Ge-
schichte, Bd. 48, S. 347-360). — Er-
baut wurden Kirche und Kloster unter
der 35. Aebtissin Maria Ursula

Scherlin, gewählt 21. Oktober 1658,
gestorben 72 Jahre alt den 14. April
1687, deren Epitaphium in der Kirche

ist. Sie mar die Tochter des. Dr. Scherlin,
Hofgerichtsassessor in Rottweil, und führte
28 Jahre lang den Aebtissinstäb mit
Frömmigkeit und Klugheit. Ihr Bild
hängt im Festsaal zu Rottenmünster in
Oel gemalt; es hat nur die Bezeichnung
Aet. LXX anno 1685. ES stellt dar
eine Aebtissin mit Stab im Habit der

Zisterzienserinnen von aszetischen, geist-
reichen Zügen. In der rechten Hand
trägt sie das Modelt des Klosters mit der
Kirche, wie es seit 1643 war, die linke
Hand auf den Tisch stützend, auf welchem
ein Kruzifix steht und ein Buch, ein

Rosenkranz und eine Taschenuhr liegt.
Rechts oben ist das Wappen von Rotten-
münster. Der Maler ist unbekannt. Das
Bild war im Besitz des Herrn Pfarrers
Karl Straub in Oberstadion, früher stark
übermalt und luuvbe sorgfältig gereinigt
von Fräulein Freudenreich, Kunstmalerm
in Ochsenhausen. So kam seine edle
Schönheit wieder zur vollen Geltung.
Ein Besuch dieser kleinen, aber eigen-
artigen interessanten Frauenklosterkirche
aus der Barockzeit wird jedem Freunde
christlicher Kunst reinsten Genuß be-
reiten !

Line geistliche Apotheke in Bild
und Wort.

Von Dr. 2lntoit Dtägete, Riedlingen a. D.

(Fortsetzung.)

So hat sich auch die K l o st e r st i s -
len u von Wittichen, Luitgard, durch
mütterliche Obsorge für Arme und Kranke
ausgezeichnet, wie schon ihr erster Bio-
graph, Beitold v. Branbach, rühmt, und
ihr geistreicher, modernster Biograph,
Bader, in seinen deutschen Frauenbildern
aus verschiedenen Jahrhunderten Z hervor-

J) Freibnrg 1877, S. 56 f.; vgl. Hist.-pol.
Blätter 128 (1901), S. 60. Kenntnis in der
Heilkunde wird auch der hl. Sophie (20. Mai,
nach dein griechischen Menden) zugeschrieben. S.
Kirchenlexito» Xt, S. ölt.

hebt. Diesen Geist werktätiger, chnst-
licher Charitas, der auch bei andern An-
hängern der Mystik und Gottesfreude im
damaligen Süddeutschland wirksam war,
scheinen auch die Töchter Luitgards in
dem an Heilpflanzen so reichen. Schwarz-
waldtale geerbt und auch in späteren
Jahrhunderten in die Tat umgesetzt zu
haben. Die Geistesdisziplin der Mystiker,
die sowohl gegenüber der einseitigen Ver-
standesbildung und dialektischen Grübe-
leien der Spätscholastik wie gegenüber
der zunehmenden Genußsucht und Roheit
sich „in des Herzens heilig stille Räume"
zurückzog und in weltabgekehrtem Leben
Heilung der Zeitübel physischer (z. B.
schwarzer Tod) und moralischer Art
suchte, sollte kranken Seelen und, was davon
nicht ganz zu trennen, auch kranken Leibern
Heilungbringen,sollte alsS e e l e n a p o t h e ke
dienen. Der Geschichtsschreiber der Arznei-
heilkunde, Hermann Schelenz, ist in seiner
groß angelegten Geschichte der Pharmazie,
wenn auch nur selten, den Spuien dieses
geheimnisvollen Z u s a m m e n w irkens
von Medizin und Mystik Z nach-
gegangen. Auch Fi sch art noch betont
in seinem „podagrammischen Trostbüch-
lein" diesen Zusammenhang:

„Wa der Arzt nicht meh kan.

Da fängt der Prediger an.

Wann die Arznei am leib wil sälen,
Da sucht man erst Arznei der Seele» ;
Wa Apotecköl nicht wil schirme»,

Da sucht man heilig öl zu firmen."

Auch die Nonnen von Wittichen haben
wie die Klöster des Mittelalters überhaupt
bei ihrer dem Staude nicht immer zu-
träglichen 2) Ausübung der Heilkunde sich
von Jesu Sirachs Wort leiten lassen: „Der
Herr läßt die Arznei aus der Erde wachsen
und ein Vernünftiger verachtet sie nicht." 3)
Weiß ja Adam Lonicer in seinem
Kräuterbuch von 1582 von ausgedehntester
Apothekerpraxis:

„Es nimpl sich an der Artzenei
Jetzt jedermann mit großem Geschrei,

0 z. B. S. 323, 417, 501, 52 t, 576.

2) Deftere Verbote der Arzneikimst für Geist-
liche und Klöster, z. B. bei Schelenz S. 192, 305,
321, 345, 447, 528.

3) Weit verbreitete Kräuterbücher waren 14er-
barius Moguntiäe (1483), besonders aber der

' Hortus sanitatis von Johann v. Kaub und das
! Neiv-Krentterhuch 1543 mit Abbildungen.
 
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