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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 26.1908

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Nr. 11
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Baur, Ludwig: Die christliche Kunst auf der Ausstellung in München 1908, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.15941#0124

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Einen recht ansprechenden Gesamtan-
blick gewährt die von Architekt Spannagel
erbaute und von Joseph Huber (Feld-
kirch) bemalte runde Kapelle. In
Ornamentik und Symbolik treten stark
ravennatische Anklänge hervor: so die
Altäre mit den Evangelienbüchern. Die
Gestaltung des Laubwerks an der Decke
ist dekorativ sehr wirkungsvoll.

Es würde zu weit führen, wollten wir
die Erzeugnisse der Plastik, der Malerei,
der kirchlichen Kleinkunst, der Paramenkik
im einzelnen behandeln. Erwähnenswert
wären vor allein noch die Glasmalereien,
die eine ganze Anzahl von Kunstrichtungen
auch in diesem Zweig des kirchlichen Kunst-
schaffens erkennen lassen und gerade wegen
ihrer Nebeneinanderstellung sehr instruktiv
sind. Wir haben vielleicht hier die relativ
vollständigste Ansivahl der modernen kirch-
lichen Glasmalereien vor uns:

Die großzügig stilisierten und auf
starke Farbenwirknng berechneten Fenster
A. Pachers, die von Jos. Pet. Pock-
h o r u i ansgeführt sind, werden nur wohl
später zu besprechen Gelegenheit haben.
Sie werden den meisten Beschauern höchst
befremdlich Vorkommen und doch ist ihnen
ein eigenartiger Reiz nicht abzusprechen,
der in ihrem Feingefühl für malerischen
Ton und reicher Phantasie besteht.

Eigene Wege versucht auch I. Hltber
mit seinen Glasgeinäldeentwürfen zu gehen,
und man wird ihm zngestehcn müssen,
daß es ihm gelungen ist, bei seinen Fen-
stern in der Halle, vier Propheten (Jere-
mias, Jsaias, Ezechiel und Daniel), groß-
artige, kraftvolle Charaktergestalten dar-
stellend, neue Auffassungen zur Geltung
zu bringen, ohne ins Manierierte zu ver-
fallen. Huber verwendet wenig Farben')
und die verwendeten sind recht gemäßigt,
ja fast malt gehalten — ich konnte sie
allerdings nicht in der Sonne sehen —.
Sie wirken ruhig. Ein großer Wert ist
auf das Zeichnerische gelegt. — Etwas
aus dein charakteristischen Rahmen heraus
fällt es allerdings, daß Ezechiel seine
Feder besieht. Der große Zug der Gestalt

') So z. B. stellt er folgende zusammen:

a) russisch-grün, bläulich, tiefblau; — ferner:

b) braun, grau, schwarz; c) weiß, schwarz, rot;
(1) braun, lila, hochrot. — Daraus erklärt sich
die außerorvcntlich ruhige Gesamtwirkung.

und die Monumentalität, die sonst ange-
strebt ist, verträgt sich n. E. nicht mit
einem derartigen Motiv.

Die von Goller entworfenen und von
Kreuzer ansgeführten Evangelistenbilder
— in matten grau-grünen und gelblichen
Farben gehalten — sind stark archaisierend.
Sie muten fast an wie frühromanische
Bilder, ein Eindruck, der dann durch die
stark zeichnerischen stilisierten Symbole der
Evangelisten, Engel, Adler, Ochs und
Löwe noch erhöht wird.

Mehr als diese schließen sich die übrigen
Glasgemälde an die herkömmliche Auf-
fassung an. So ein in der Komposition
sehr schönes und wirkungsvolles, in der
technischen Ansführnng tadelloses, in der
Gesamlatlffassung aber mehr gefühls-
weich als lief anfgefaßteS Fenster von
Zeltler, zir welchem F. Schilling den
Karton geliefert hat: Christus im weißen
Gewände, die Arme kreuzförmig ansge-
breitet, von anbetenden Engeln umgeben,
niil der Aufschrift: „Liebet einander."
Dieses Molto könnte zu seiner Klärung
recht gut die Ergänzung ertragen: „So,
ivie ich Euch geliebt habe." — Zeltler hat
an diesem Fenster ein von ihm neu er-
fundenes Verfahren angewandt, durch das
es ihm gelungen ist, die feinsten Farben-
nuancen zu erzielen, die Farben wie wolkig
sich verflüchtigend ineinander übergehen
zu lassen. Es ivird für kirchliche Zwecke
der Rat nicht unangebracht sein, in Ver-
wendung solchen Glases doch recht dezent
zu verfahren. — Die Gesichtszüge der
Engel dürsten doch zu weich, ;u schwäch-
lich und unmännlich sein.

Erwähnenswert ist auch das von Leo
Thomas entworfene, von G. Boos
ausgeführte Fenster mit sehr tiefer Farben-
wirknng und einige andere, die wir im
einzelnen nicht besprechen können.

Beachtenswert sind endlich einzelne Ar o -
saiken, welche die Kgl. Bayerische Hof-
mosaikknnstanstalt von Th. Ranecker nach
Entwürfen von W. Koppen ausgestellt hat:
so in der ersten Seitenkapelle die Rie-
da i l l o n b i l d e r von Christus und Maria.
Es liegt in der Natur der Sache be-
gründet, daß in diefeni Kunstzweig die
antikisierende Tendenz stärker als in anderen
heranslriltund vieAnlehnnngan antike Vor-
bilder besonders ausfällig ist. So ist hier
 
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