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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 26.1908

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Nr. 11
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Naegele, Anton: Eine geistliche Apotheke in Bild und Wort, [5]
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https://doi.org/10.11588/diglit.15941#0126

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medicus, ipse medicina. An der
angeführten Stelle führt nun Augustin
das Bild vom Arzte und der Heil-
kraft der christlichen Religion noch
weiter aus bis in die einzelsten Details
der profanen Arzneikunde. Er teilt die
verschiedenen Heiliniltel in zwei Kategorie»
ein, in contraria und in similia, oder
wie wir nach modern medizinischem Aus-
druck sagen würden, in allopathische und
homöopathische: einerseits die Demut

Christi, die Torheit Gottes, die sündelose
Geburt, sein Tngendbeispiel, seine Sterb-
lichkeit, anderseits die menschliche Ge-
burt Christi vom Weibe, die Beschaffen-
heit der Menschen, Christi Todesfähigkeit
und sein Tod. Diese Mittel zur Heilung
der vielen Wunden hat Gott ganz ent-
sprechend der menschlich-ärztliche» Behand-
lnngsweise von körperlichen Wunden ge-
wählt und angewendet: Wie die Heilung
der Weg zur Gesundheit ist (bei körper-
licher Krankheit), so hat jene (geistige)
Heilmethode die Heilung und Gesundung
der Sünde sich zur Aufgabe gemacht; so
hat sich die Medizin der (göttlichen) Weis-
heit durch Annahme der menschlichen Natur
unser» Wunden angepaßt, die einen durch
entgegengesetzte Mittel zu heilen, die an-
deren durch gleichartige . . ., es hat sich
die Weisheit Gottes bei der Heilung des j
Menschen selbst als Arzt und Arznei-
mittel dargeboten, um ihm zur Gesundheit
zu verhelfen:

I. Durch allopathische Mittel (con-
traria): 1. durch Stolz fiel der Mensch,
durch Demut fand er Heilung; 2. durch
die Klugheit der Schlange wurden wir
betrogen, durch Die Torheit Gottes wur-
den wir befreit; 3. von der Gabe der
Unsterblichkeit machten ivir einen schlechten
Gebrauch, znm Tode sitr uns, Christus
einen guten, zum Leben; 4. durch den
verdorbenen Sinn des Weibes (Coa) i
kam die Krankheit, durch den unbefleckten
Leib des Weibes (Maria) kam das Heil
zu uns; 5. zu denselben entgegengesetzten
Mitteln gehören auch die Tugendbeispiele
Christi, durch die unsere Fehler geheilt
wurden.

dazu noch z. B. 5. und 6. Osterhouiilio (Augustins
Ostergruß h. v. Wolfsgruber >807, S. 97 und
21 f.).

II. Durch homöopathische Mittel
(similia). Gleichfaiu als Verbandmittel
für die Wunden unserer Glieder wandte
Christus folgende gleichartige Heilmittel
an: 1. die durch das Weib Be-

trogenen fanden Befreiung von ihren
Nebeln durch den vom Weibe Geborenen;
2. die Menschen durch einen Menschen,
die Sterblichen durch einen Sterblichen,
die Toten durch den Tod (vgl. die
?rae!akio de Cruce: Qui mortem
nostram moriendo destruxit.1)

Ganz ähnlich zeichnet das Bild des
himmlischen Arztes und seiner Heilmittel
GregorderGroßeül seiner Mallhäus-
homilie, die auch ins Brevier ausge-
nommen ist (I. VII Com. Mart.):
„Unser Herr und Erlöser kam als neuer
Mensch in die Welt, darum gab er auch
neue Gebote. Unserm alten in Lastern
groß gewordenen Leben setzte er die Neu-
heit seines Lebens entgegen. Was hatte
denn der alle fleischliche Mensch anders
gekannt, als sein Gut znsammenzuhalten,
fremdes an sich zu ziehen, wenn es mög-
lich war, ivenn nicht, wenigstens danach
zu trachten ? Aber der h i in in l i s ch e
Arzt wendet gegen jeden einzelnen dieser
Fehler die entgegengesetzten He i l m i t l e l
an. Wie nämlich in der Heilkunde Er-
kältung durch Wärme, Hitze durch Kälte
kuriert wird, so hat auch unser Herr die
den Sünden entgegengesetzten Medikamente
gegen die Laster angewandt, iubeiu er

*) Doctr. ehr. I. 14: Sicut curatio via est
ad sanitatem sic ista curatio peccatores
curandos sanandosque suscepit . . . sic
medicina sapientiae per hominis susceptio-
nem nostris est accommodata vulneribus, de
quibusdatn contrariis curans, de quibusdam
similibus . . . sic sapientia dei hominem
curans se ipsam exhibuit ad sanandum,
ipsa medicus, ipsa medicina . . . Contraria :
qui ergo per superbiam homo lapsus est,
humilitatem adhibuit ad sanandum. 8er-
pentis sapientia decepti sumus, Dei stul-
titia iiberamur; nos immortalitate male usi
sumus, ut moreremur, Christus mortalitate
bene usus est, ut viveremus. Corrupto
animo feminae ingressus est morbus, in -
tegro corpore feminae processit salus.
Ad eadem contraria pertinet, quod
etiam exemplo virtutum eins vitia nostra
curantur. 8imilia: jam vero similia quasi
ligamenta membris et vulneribus nostris ad-
hibita illa sunt, quod per feminam deceptos
per feminam natus, homo liommes,
mortalis mortales morte mortuos liberavit.
 
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