Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Hinweis: Ihre bisherige Sitzung ist abgelaufen. Sie arbeiten in einer neuen Sitzung weiter.
Metadaten

Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 27.1909

DOI Heft:
Nr. 4
DOI Artikel:
Baur, Ludwig: Katholische Kirchenkunst und moderne Kunst, [6]
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.15942#0043

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
kseransgegeben und redigiert von Universitäts-Professor Dr. £. Bonr in Tübingen.
Eigentum des Rottcnbnrger Diözefan-Aniistvereins;

Aoininissions-Verlag und Druck der Aktion-Gesellschaft „Deutsches Volksblatt" in Stuttgart.

^ Jährlich 12 Nummern. Preis durch die Post halbjährlich M. 2.25 ohne

A Bestellgeld. Durch den Buchhandel sowie direkt voll der Berlagshandlung 1000 <

'' Akt.-Ges. „Deutsches Volksblatt" in Stuttgart pro Jahr M. 4.50. ^ y

Katholische Kircbenfunft und
moderne Kunst.

Von Prof. Or. Ludwig Banr, Tübingen.

(Fortsetzung.)

In seiner soeben vollendeten Kunst-
geschichte äußert sich ?. Kuhn über die
Ziele der Bioderne und ihre allgemeinsten
Charakteristika in folgender Weise:

„Die Moderne will die Rückkehr zum Ein-
fachen, die Rückkehr zum Individuellen,
die Rückkehr zum M a l e r i s ch e n. — Die R ü ck -
kehr z u m E i n f a ch e n: Die natürlichsten, Nächst-
liegenden, also kurzweg die schlechthin vernünftigen
Formen, sagen die Modernen, genügen, um etwas
Schönes, Gefälliges zu schaffen, handle es sich
um Tisch oder Stuhl, um Schrank oder Kom-
mode, um Gefäße aus Ton oder Metall, um
Schmuck- oder Nutzgegenstände, um Haus oder
Villa. — Je einfacher aber die Formen, uniso
gediegener muß der Stoff, das Material und
umso genauer, schöner muß die technische
Ausführung sein, umso besser und vollkommener
muß der Gegenstand seiner Bestiinmung und dem
Bedürfnis entsprechen.

Rückkehr zum Individuellen: Dieses
ist doppelt zu fassen von seiten des Künstlers und
dos Kunstgegenstandes. Die Architektur, sagt
man, ist keine so objektive Kunst, wie man bis-
her annahm. Der Architekt darf und soll indivi-
duell, d. h. subjektiv seine eigenen neuen Bau-
gedanken aussprechen. Ebenso wichtig ist es,
daß jedes Kunstprodukt individualisiert werde.
Jedes Haus, Kirche oder Privathaus, Schul- oder
Geschäftshaus, Villa oder Landhaus muß nach
der Bestimmung, »ach der Landschaft, nach der
Umgebung, nach dem Besitzer aufgefaßt werden.
Dasselbe gilt von jedem Raum im Hause, sei es
Wohnstube oder Empfangssaal, Plauderecke oder
Studierzimmer uff.; von dem Zwecke jedes
Gemachs hängt die Größe, Weite und Höhe, die
Beleuchtung und Ausstattung, die Farbe und
Tonstimmung ab — also auch hier die intimste
Individualisierung.

Rückkehr zum Malerischen: Schon die

genannte Individualisierung und die Ausgestal-
tung des Eigenartigen weist auf das Malerische
hin. Es hat aber eine weitere Bedeutung. Wer
die Wohnungen, die Trachten, die häuslichen Ein-
richtungen unserer Väter vor drei, vier Jahr-
hunderten kennt, oder das Leben und Weben der
Bewohner in Landschaften, die voni Schliff der
Neuzeit unberührt blieben; wer änch nur einmal
H. Schureys „Kunst auf dem Lande" dmch-
blättert und die Bilder ansieht, der erkennt aus
dem Gegensätze, wie nüchtern und prosaisch, wie
färb- und ton- und stimmungslos in Haus und
Hof, in Tracht und Hausgeräte wir geworden.
Hätte die Moderne kein anderes Verdienst, als
daß sie wieder auf das malerische Element hin-
gewiesen, so wäre ihr Anspruch auf unseren Dan!
vollberechtigt."

Einer unserer „modernsten" Architekien,
Otto Wagner, stellt als Forderungen
für den Architekten folgende auf: t. Stete
Berücksichtigung des horizontalen und verti-
kalen Sehivinkels des Beschauers bei jeder
Art von Disposition. 2. Gruppierung
einzelner Bauwerke zu einer Gesaiutwirknug.

3. Die Wirkung des Sonnenlichts und der
atmosphärischen Niederschläge beachten.

4. Ausnützung des Terrains und des
landschaftlichen Hintergrundes. 5. An-
nahme neuer und richtige Verwertung
bestehender Veduten und Durchblicke so-
wohl int Freien als im Naume. 6. Stete
Rücksichtnahme bei Projektierung einer
L-lraße auf das Endbild. 7. Nichtig be-
tonter und gut situierter Augeuruhepuukt.
8. Richtige Lozierung und Markierung
von Achseubrüchen sowohl außen als im
Raume. 9. Abgewogene Größe und Be-
deutung von Bauten und Monumenten
in bezug aus das Stadt-, Platz- und
Straßenbild. 10. Klare, sofort faßliche
Charakteristik des Werkes. 11. Vollste
Ziveckersüllung jedes Werkes. 12. Leichte
 
Annotationen