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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 27.1909

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Nr. 4
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Baur, Ludwig: Katholische Kirchenkunst und moderne Kunst, [6]
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Mielert, Fritz: Drei Prachtstücke kirchlicher Kunst aus Schlesien, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.15942#0045

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ästhetisch gemeint und hängt zusammen
mit der romantischen Wertung der „Dorf-
knltur" und mit den teils gesunden,
teils ins Bizarre ontrierten Schlagworten
von der „Volkskunst", „Heimatkunst",
„Dorfknnst", „Banernknnst", die aus den
von Meißen, Gladbach, Gnrlitt u. a.,
speziell von den deutschen, österreichischen
und schweizerischen Architeklenvereineu
neuerdings unternommenen Studien über
Bauernhäuser ausgenommen wurden *).

Gesund an dieser Bewegung und öen
durch sie gezeitigten Ergebnissen ist jeden-
salls der Gedanke, daß es nicht nötig ist,
ohne weiteres den Kathedrallypns aus
das Land zu übertragen — übrigens auch
nicht ans die Stadt, sondern der Ban
wird sich hier nach der Größe der
Seelenzahl und der Zahl des Klerus
richten müssen. Weiterhin kann als wert-
voll betrachtet werden die Einsicht, daß
auch in den noch erhaltenen — ans den
üblichen und geläufigen Stilarten herans-
sallenden Dorfkirchen manch hübsches und
ästhetisch wertvolles Element steckt, das
erhallen und auch für Neubauten frucht-
bar gemacht zu werden verdient — so in
der schlichten Einfachheit, in eineni oft über-
raschenden außerordentlich malerischen Cha-
rakter mancher kleinererAnbanten,derTnrm-
anlagen, der Dachgestaltung usf. Aber ich
kann die Frage nicht unterdrücken: Haben
denn „die Bauern" diese Dorfkirchen ge-
baut ? Oder wo ist denn der Genius
dieser „Banernknnst" zu suchen? Sollte
es am Ende gar ein „Städter" früherer
Zeiten oder ein Klosterbruder gewesen sein?

Das Unzulässige und Abgeschmackte
aber liegt nicht fern: Kapriziert sich der
Architekt, der doch meist Städler ist, darauf,
in „Banernknnst" zu machen, möglichst
derbe, klotzige, primitive Formen zu ver-
wenden, setzt er den Sinn und das
Empfinden der Dorfbevölkerung als ans
einer möglichst primitiven Stufe stehend
voraus, dann muß er fehtgreifen, dann
müssen seine Dorfkirchen eher Scheuern
und Schasställen als katholischen Gottes-
häusern gleichen. Treffend sagt Gurtitt
darüber: „Da kommen in die Dörfer seit
Jahrzehnten ans den Städten Banräle und

') Vgl. darüber Gurlitt, Kirchen 507, wo
auch die Literatur verzeichnet ist.

Baumeister und schaffen ihnen Dinge, die
der nächste Baumeister und Baurat regel-
mäßig für verkehrt erklärt. Jeder sagt
ihnen: Ich habe „die Banernknnst" stu-
diert. Ich will euch eine Kirche bauen in
eurem Geist. Ihr seid zwar nicht „seiner
organisierte Menschen", wie ich einer bin;
aber ich versetze mich in euch. Ich iverde
„Kunstbauer" und wahre mir dabei die
feinere Organisation. . . ." Gnrlitt schließt
mit dem Satze: „Der Stadtarchitekt kann
keine Banernknnst machen. Er soll eS
gar nicht versuchen, weil durch seinen
Versuch doch nur erheuchelte Naivität ent-
steht. Und diese ist das Allerwidrigste
im Leben wie in der Kunst! Die aka-
demisch gebildeten Sladtarchilekten, die
„Botkskunst" machen, d. h. Motive zn-
sammensnchen und diese mit der Ge-
bärde, als seien sie „naiv" geivorden,
zusammenstellen, sind um nichts besser
als die alten Stilarchilekten. Auch sie
mühen sich, mit fremdem Kopf zu denken."
(S. 514.)

Der Wert und Reiz der Dorskirche
liegt in ihrer Sachlichkeit ilnd Zweckmäßig-
keil. Dazu mag dann noch die ästhetisch
richtige Einbeziehung in die natürliche
und künstliche Umgebung kommen, be-
sonders wenil ein Grnppenbau (Kirche
und Pfarrhaus oder Kirche, Pfarrhaus
und Schule) >n Frage steht.

(Fortsetzung folgt.)

Drei Frachtstücke kirchlicher Kauft
aus Schlesien.

Ami Fritz Mielert, Sprottau.

Die Abbildung auf Seile 36 zeigt
die beiden ivertvoltsten Ausstattungsstücke
der ehemaligen Zisterzienserktosterkirche zu
Heinrichau in Schlesien. Die Monstranz
ist bezüglich ihres Aufbaues die eigen-
artigste Schlesiens, ein Werk aus dem
Jahre 1671. Da auch ein Ciborium und
zwei silberne Tabernakeltüren ganz die-
selbe Technik wie die Monstranz aus-
weisen, so ist anzunehuien, daß alle diese
Stücke von einem und demselben Meister
herrühren. Dieser ist jedoch unbekannt,
die Klosterakten geben über il)it keinen
Aufschluß.

1. Die Di o n st ranz besitzt eine Höhe
 
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