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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 27.1909

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Nr. 6
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https://doi.org/10.11588/diglit.15942#0070

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60

der syrisch-antiochenischen Auffassung war er der
Gott, der Mensch wurde und als solcher starb. . .
Für die Abendländer war der Gekreuzigte
nur die in Menscheugestalt verhüllte Gottheit, die
den Tod als solche überwindet . . . Lehrer der
Geduld und Demut; bei den Gerinanen ist
er . . . der für die Seinen Sorgende, der die
Feiude überwindet und das Himmelreich bereitet,i
der göttliche Held, der für die Seinen treu ins
den Tod geht und sie dadurch zu Treue ver-
pflichtet." „Daß mythologische Erinnerungen an
den altgermanischen Kult hier eine Nolle nutze-,
spielt haben, ist natürlich." — Wie, wo, wann?
ist Geheimnis des Verfassers. — S. 38 f. ift
ihm der bartlose Christus ein Zeichen germa-^
irischer Auffassung, der bärtige byzantinisch oder
morgenländisch! — Ein Kenner der Geschichte'
der Scholastik rvird den Kopf schütteln über den
Satz S. 46 von „den Lehren jener mittelalter-
lichen durchaus auf kirchlichen Anschauungen
fußenden „Schulphilosophie" (zur Karolingerzeit!),
der Scholastik". — S. 68 erfahren wir zu un-
serem großen Erstaunen, daß „das Christentum
in den Naturkräften das Sündhaft-Irdische ge-
sehen habe".

Dcnr Buche fehlt es an der Erkenntnis von
dem Zusammenhang der Kreuzesdarstellungen
mit der doguiatischen Lehrpräzisierung, mit der
Liturgie und Hymnologie des Kreuzes, mit den
Passionsspielen, mit der Kreuzesliteratur, wie
z. B. den verschiedenen Schriften über den
triumphus crucis. Nichts von alldem! Auch
erfahren wir nichts davon, ob und inwieweit die
Passionspredigt und Passionsmystik der Bettel-
orden, der oberdeutschen Frauenklöster, auf die
Ausbildung der Kreuzesszene — gerade nach
der Seite des Gefühls und der Stimmung ein-
gewirkt habe», inwiefern Mariologie (Schmer-
zensmutter) und Christologie sich auf den Kreuzes-
szencn verbinden; nichts von den eigenartigen
Deesisbildern (Maria mit Johannes Baptista
unler dem Kreuze!), typisierenden Kreuzesdarstel-
lungen! — Auch die visionären (wohl aus
der Franziskusbewegung stammenden! Kruzifix-
darstellungen (z. B. .Murillo, neuestens Fritz
Kunz) fehlen. Dafür werden wir mit allge-
meinen und recht wenig tiefgehenden Neflexiouen
abgespeist ivie S. 55: der romanische Kruzifixus
sei die Frucht scholastischer Bildung, daher
mehr aus dein Geist als aus dem Gemüt ge-

boren; oder S. 69 f.: Die Neuerungen, die bas
!5. Jahrhundert mit sich gebracht hatte . . .
halten guch.' beit Wandel in der Auffassung des
Kruzifixus bedingt. Nicht mehr um Scholastik
und Mystik handelte es sich, sondern um allge-
meines Wissen nnd Erkennen! (Was sich der
- Verfasser wohl unter Scholastik denken mag ?)
Auch war die Feudalmacht des Adels gebrochen
und an ihre Stelle die staatliche Gewalt unter
fürstlicher Herrschaft getreten. Alles das war
in erster Linie zurückzuführen auf die Erfindung
des Schießpulvers, das die Sicherheit der Bur-
gen wertlos machte — folgt noch die Erfindung
der Bttchdructerkuust, die Entdeckung Amerikas
und naturwissenschaftlicher Gesetze sowie des
Wortes antiker Kultur — um endlich zum Kru-
zifixus zu kommen, Endlich hätten mir dem
Verfasser seine Zukuuftsperspektive (S. 85) gern
geschenkt. Er führt hier aus: „der Künstler der
Jetztzeit und Zukunft wolle das Wesentliche,
das allzeit Bleibende und allein Wertvolle des
Christentums zur Darstellung bringen: das
Menschentum, das die Lehre Christi aus-
macht. Nichts als die grenzenlose und uner-
gründliche Menschenliebe Christi soll im Kruzi-
sixus ausgesprochen werden."

Das ist uns zu wenig. Für die Künstler,
welche sich in den Dienst der katholischen Kirche
stellen, wird jenes Kruzifixusbild maßgebend sein,
das im „Hymnus »Vexilla regis prodeunt«
seinen grandiosen Ausdruck gefunden hat.

Wir hatten im einzelnen wie auch über die
Stoffauswahl und den Aufbau der Schrift noch
manches zu sagen. Aber wir wollen schließen.
Wir bedauern sehr, daß wir nicht ein günstigeres
Urteil über die Arbeit des Verfassers fällen
können, ohne Verletzung der Wahrheit. Aber
man kann hier wirklich nicht sagen: »fulget
crucis mysterium!«'

Tübingen. Prof. Dr. L. Bau r.

Annoncen.

Sourdesgrottenbau.

UsSj Bereits 51 Anlagen errichtet. Zeich-
nungen und Kostenanschlag bereitwilligst.
Alois Hueber, Wallerstein, Bayern.

I

Hrrderfche Verlsgshandlung jit Freiburg im Wrrisgau.

Soeben ist erschienen und kann durch alle Buchhandlungen bezogen werden:

Schmili, Di-. A., Christliche Symbole aus alterund

neuer Zeit nebst kurzer Erklärung für Priester und kirchliche Künstler. Zweite, ver-
besserte und vermehrte Auflage. Mit 200 Bildern. 8° (VIII und 112) M. 2.— ;
gebunden in Leinwand Al. 2.50.

Den Künstlern wie den Kunsthandwerkern, die sich auf kirchlichem Gebiete be-
tätigen, will das Büchlein auf der Suche nach Motiven an die Hand gehen. Ebenso wird es
allen Geistlichen, die den Bau oder die Restauration einer Kirche zu leiten haben,
gute Dienste leisten für eine angemessene und erhebende Ausschmückung der Wand- und sonstigen
Flächen des Gotteshauses.

Stuttgart, Buchdruckers! der Akt.-Ges. „Deutsches -Bölk-Zblatt".
 
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