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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 27.1909

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Nr. 9
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Pfeffer, Albert: Paramentik-Fragen, [1]: ein Vortrag von Stadtpfarrverw. Alb. Pfeffer in Balingen
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https://doi.org/10.11588/diglit.15942#0094

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83

vielmehr drei praktische Fragen zur
Sprache kominen: das Haterial, die

Farbe und die Verzierung der Paramente.

I. Das. Material 4).

Die Wahl der verschiedenen Stoffe, ob
Seide, Linnen, Wollstoffe, Baumwollzenge,
ist nicht für jedes Paramentenstück dem Be-
lieben oder derWillkür anheimgegeben. Kirch-
liche Verordnungen sehen für bestimmte
Paramente Seide oder Linnen zur Ver-
wendung vor.

Linnen ist vorgeschrieben für Albe,
Hnmerale, Korporalien, Purifikatorien,
Pallen und Altartücher. Cingulum,
Chorrock, Kommuniontuch und Handtücher
stellt man am zweckmäßigsten auch aus
Leinwand her. Wo Linnen vorgeschrieben
ist, darf nur reine, ungemischte Leinwand
verwendet werden; das sogenannte Halb-
leinen, ein mit Baumwolle durchsetztes Ge-
rvebe, entspricht nicht den Anforderungen 2).

Die Verwendung von Seide ist an-
geordnet für die Kasnla und das Kelch-
veluin. Am passendsten werden Stola
und Aranipel, Levitengewänder und Plu-
viale, ebenso Bursa und Schulteivelnm
ebenfalls aus Seide hergestellt. Wenn
möglich, sollen nur reinseidene Stoffe zur
Verwendung kommen; halbseidene Stoffe
entsprechen nur dann den Anforderungen,
wenn die seidene Kette den nichtseideneu
Einschuß völlig verdeckt3). Reinseidene
Stoffe, wenngleich teurer, verdienen den
Vorzug wegen der Echtheit und längeren
Haltbarkeit. Wollstoffe sind als Material
für die Kasel durch verschiedene neuere
Entscheidungen der Rilenküngregalion4)
verboten und nicht mehr zulässig.

Meßpultdecken, Kanzeltücher, Fahnen,
Wandbehänge, Altarschntzdeckeu, Taber-
nakelvorhänge können aus beliebigen
würdigen Stoffen gefertigt werden; der
gute Geschmack und praktische Erwägungen
müssen hier die Stoffanswahl treffen.

') Alles Wissenswerte und Erforderliche bei
I. Braun 8. J., Winke für die Anfertigung und
Berüerung .der Paramente, Freiburg 1904;
p. 2—12, 28 ff., 59 ff.

*) Bezüglich der Probe auf reines Linnen
s. Braun, S. 9. Die Entscheidungen der Riten-
kongregalion bei Braun, p. 3 u. 4.

s) Entscheidung der Ritenkongregation vo>n
Jahre 1882, bei Braun, I. c. S. 3; Die Seiden-
probe ebendort, S. 3.

ff I. L. p. 4.

Bei der Wahl eines Stoffes soll
oberster Grundsatz sein: für das
Haus des Herrn und den Dienst des
Allerhöchsten taugt nur das beste, soli-
deste Material. Für die heiligste
und erhabenste Handlung, die es ans
Erden gibt, für das tremendum my-
sterium, das heilige Meßopfer, geziemt
es sich, daß deni tiefen Ernst und der
inneren Wahrhaftigkeit, womit der Priester
am Altäre stehen muß, auch die Kult-
kleidung entsprechend sei. Dazu eignen
sich aber nicht jene bekannten flitterigen
Stoffe, die mehr scheinen wollen als sie
sind, die ein falsches Pathos Vortäuschen,
lknd wenn auf diese schlechten, unsoliden
Stoffe prunkende, glänzende Ornamente
um viel Geld gesetzt werden, so ist das
ein häßlicher, unehrlicher Dualismus.
Diese flitterigen, der Gediegenheit und
innerlichen Wahrhaftigkeit entbehrenden
j Gewandstücke werden heute noch leider in
großen Mengen halb uitb ganz fertig ans
Frankreich importiert und von fliegenden
Händlern in die abgelegensten Bergdörf-
lein getragen und znul Kaufe feilgeboten.
An sich schon zu teuer wegeil des ge-
ringen, wenig haltbaren Stoffes und
der überladenen prunkenden Ornamente
: werden diese Meßgewänder durch die
hohen Zollsätze und den Zwischenhandel
noch mehr verteuert und vom kaufenden
Publikum überzahlt. Wie schon der
selige Prälat Dr. Schwarz vor fünfzig
Jahren eindringlichst vor dem Ankauf
dieser unsoliden und gleißnerischen fran-
zösischen Marktware gewarnt, möchte ich
auch heute noch diese Warnung wieder-
holen. Sie ist heule so gut und notwendig
am Platze wie damals. Diese französische
Exportware drückt die Preise der soliden
deutschen Webereien und ist zum guten
Teil schuld a»l heutigen Paramentenelend.

Bei uns werden heutzutage wahrhaft ge-
diegene, solide Stoffe zu kirchlichen Zwecken
hergestellt. Krefeld hat den Ruhm,
die schönsten Seiden- und Samtstoffe im
deutschen Reiche zu erzeugen '). Unter den
älteren Firmen seien F. I. Casaret t o
genannt, unter den jüngeren Theodor
Gotzes, Dyonisiusstraße 24 ■ä). Wir

Textile Kunst und Industrie 11 (1909) 1. Heft.

Diese Firma hat eine kleine interessante
Broschüre mit Illustrationen über ihre Erzeug-
 
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