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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 27.1909

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Nr. 9
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Wunder, ...: Die Altäre der Stiftskirche in Wiesensteig, [3]
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Effinger, Franz Xaver: Das Münster zu Ulm, [2]: nova et vetera
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https://doi.org/10.11588/diglit.15942#0101

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— 90 —

gewaltigen Säulen und Gebälk, be-
wundernswert, solid und unverwüstlich
ist an diese»! Altar besonders der Stnck-
warinor. Der ganze Aufbau und auch
die Ornamentik dieses Altars zeigen so
viele Aehnlichkeit mit dem Hochaltar
in der S ch önenberg kir che bei E l l-
wange», daß man nunmehr mit Ve-
stimmtheii Melchior Paulus auch als
Ateister dieses Altars bezeichnen kann.

IV. Die sechs Altäre aus der zweiten

Hälfte des 18. Jahrhunderts.

Als in der zweiten Hälfte des 18.Jahr-
hunderts das Schiff der Kirche im klassi-
zistischein Stil umgewandelt wurde, ent-
fernte man auch die oben geschilderten
Barockaltäre, die zum Teil nicht einmal
ein Jahrhundert dort gestanden halten,
und stellte fünf neue auf, näinlich den
Manen-, Dreikönigs-, Josephs-, Michaels-
und Barbara-Altar, wie sie jetzt noch zu
sehen sind. Sie zeigen mit ihrem Säulen-
hochbau noch nicht reinen klassizistischen
Stil, sondern noch manche Anklänge an
Barock und Rokoko; dagegen sehen wir
den reinen, unverfälschten Klassizismus
am beinahe ganz vergoldeten Kreuz-
altärchen mit einem überlebensgroßen
schönen Krnzisirus von Johs. Straub.
Urkundliches Material habe ich leider
bisher über diese sechs Altäre nicht gesunden.
Bekannt ist, daß ein Altarbilö, den Tov
des hl. Joseph darstellend, von Winkler
in München ist (1780). Die tüchtigen
Statuen dieser Altäre sind von Johs.
Straub und Joseph Streiter in Schwaz.
Die überaus schöne Mnltergottesstatue
auf dem Marienaltar stammt von Doz-
bnrg, stand dort schon im Jahre 1389
als Gnadenbilv in Verehrung und wurde
im Jahre 1805 hieher transferiert. —
Zn bemerken wäre noch, daß sich in der
Sakristei ein liebliches Barockallärchen
bcfindet in der Naturfarbe des Eichenholzes.

Das Münster zu Ulm.

Nova et vetera.

Aoa Garnisonpfarrcr Fr. X. Effing er, Uli».

(Schluß.)

Mit dem Jahre 1474 setzt die Tätigkeit
ves Meisters Matthäus Böblinger ein,
der bisher an der Eßlinger Frauenkirche
tätig war. Er führte den Turin um

95 Werkschuh höher bis über den Kranz
des Vierecks (240 Fuß hoch), wo die Worte
stehen: „Da hat anfgehert zu buowen an
dem Dnorm zuo Ulm Mathe Böblinger."
Von diesem Meister stammen auf dem
großen Originalriß des Turmes das Achteck
und der Helm mit der Madonnenstalue
auf der Spitze als Krönung. Unter ihm
zeigten sich aber auch schon bedenkliche
Schäden und Brüche avi Turme, die den
Rat veranlaßten, dem Böblinger die Stelle
im Jahre 1493 zu kündigen. Sein Nach-
folger war Burkhard Engelberg,
Baumeister von St. Ulrich und Afra in
Augsburg. Seine erste Aufgabe war, den
Turin zu stützen durch Unterfahrung oder
Ausfüllung der hintersten Arkadenbögen
gegen Süden und Norden mit Mauern
(1494). Die Wirkung dieser notwendigen
Maßnahme war freilich sehr unerfreulich,
da die Seitenschiffe zwei ganz ummauerte
und fast abgeschlossene Vorhallen erhielten.
Sein zweites Werk war die Teilung
der beiden Seitenschiffe, um den
zu großen Seitenschub des Gewölbes zu
vermindern. Das bisher dreischiffige
Münster ist nunmehr fünfschifsig
geivorden, und diese Veränderung, die
in den Jahren 1502 — 1507 vor sich ging,
muß als eine außerordentlich glückliche
bezeichnet werden. Die zierlichen Netz-
gewölbe der Nebenschiffe mit den sehr
schlanken Rundsäulen bilden eine Haupl-
zierde des Münsters und bilden einen
reizvollen Gegensatz zu der „starren Majc-
stät des Mittelschiffes".

Engelberg starb 1512 in Augsburg und
sein Nachfolger wurde 1518 Bernhard
Winkler von Rosenheim, der die
Reihe der alten Münsterbaumeister schließt.
Unter ihm stand der Bau stille. Schon
im Jahre 1519 beschließt der Rat: „die
Frauenpfleger sollen in Ansehung der
lchweren Läufe den Ban mindern"; zivei
Jahre später, 1521, lautet ein Beschluß,
man solle den Bau „oben beschließen", und
j 1529: „die Frauenpfleger sollen den Psarr-
: türm mit wenigsten Kosten, so es geschehen
i kann, vor Schaden und Wetter bewahren
lassen".

So stand das Münster im Äeußereu
unvollendet, ohne Fialen und Strebebögen,
nach einem großartigen Baubetrieb von
I V2 Jahrhunderten bis in die Mitte des
 
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