Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Hinweis: Your session has expired. A new one has started.
Metadaten

Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 27.1909

DOI issue:
Nr. 10
DOI article:
Weser, Rudolf: Joseph Wannenmacher, Maler, [4]: Nachträge und Beurteilung
DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.15942#0112

DWork-Logo
Overview
loading ...
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
97

in der Bewältigung aller Bravourstücke
der Perspektive, gewähren dein Äuge hohen
Genuß." Neben den Konziliengemälden,
auf welche sich das Urteil Fähs stützt,
komme» hier besonders in Betracht: das
große Deckengemälde in St. Leonhard in
Gmünd, das Deckenbild in Ave Maria
bei Deggingen und die Gemälde der
Rottweiler Dominikanerkirche. Doch auch
im kleinsten Detail zeigt sich die hervor-
ragende Fertigkeit des Zeichners. Mit
ein paar Strichen, mit einer kühnen Ueber-
schneidung weiß er eine herrliche Wirkung,
besonders Fernwirknng, zu erzielen. Seine
Figuren sind leicht und ungezwungen ins
Bild hineingezeichnet. Jede gesuchte Pose
ist streng vermieden; die Gesten sind natür-
lich und abgerundet. Der Gesichtsausdruck
ist fern von aller Uebertreibung und un-
natürlichen Steigerung, sehr oft von großer
Lieblichkeit und Anmut, z. B. ans unserem
Bild: St. Leonhard vor der Himmels-
königin. Nur in einigen wenigen Gemälden
streift er in etwa an das Triviale, ivenn
z. B. Magdalena am Grabe des Lazarus
(Gmünd, St. Leonhard) sich mit einein Tuch
die Nase zuhält („Herr, er riecht schon!").
Uebrigens finden wir ähnliches bei andern
Meistern: bei Fra Angeliko, Auferweckung
des Lazarus in der Akademie zu Florenz,
ist eS eine andere Frauensperson, die sich
mit der Hand die Nase zuhält. Bei
unserem Künstler wirken besonders ge-
wöhnlich die ihm charakteristischen auf-
gestülpten Nasen der Frauengestalten.
In manchen Figuren ist die perspektivische
Verkürzung meisterhaft, z. B. bei einem
Wächter im Deckenbild der Auferstehung
Christi in St. Leonhard-Gmünd, wo aller-
dings der wie tanzend aufgehobene Fuß
des Anserstandenen weniger gefallen will.
Durchweg sehr gut hat Wannenmacher
die Draperie, die Gewandung behandelt,
welche seine Gestalten in weichen, fließen-
den Bewegungen umgibt.

Einige Werke Wannenmachers, beson-
ders solche aus seiner früheren Zeit, zeigen
noch einen derben Realismus in der Zeich-
nung, z. V. die Leidensbilder in St. Katha-
rina-Gmünd, einen Realismus, der in den
Gesichtern der Henker und Soldaten fast
abstoßend wirkt. Daneben aber sind die
Gesichter der weinenden Frauen und das
Antlitz des Heilands von anmutiger Weich-

heit und Zartheit, widerspiegelnd heilige
Geduld und Ergebung und göttliche Ruhe
und Liebe. Für Wannenmacher ganz
charakteristisch ist der auf allen seinen
größeren Bildern vorteilhaft sich dar-
bieteude landschaftliche Hintergrund: leicht
sich abstufende Felspartien, silbern da-
hinflutende Bächlein, üppiger Baum-,
Strauch- und Pflanzenwnchs beleben die
Landschaft. Selten fehlt bei letzterer ein
zerschmetterter oder abgebrochener Baum-
stamm, für welche Figur Wannenmacher
eine besondere Vorliebe gehabt zu haben
scheint und der scheinbar ganz unmotiviert
sich in das Bild hineinstiehlt, oder es ab-
grenzt.

Auf sehr vielen seiner Bilder hat Wan-
nenmacher auch Tiere gemalt, deren Zeich-
nung uns nicht ganz geglückt erscheint.
Bilder wie das Paradies in Ave Maria
und die Darstellungen des hl. Leonhard,
der als Schutzpatron der Landlente bei
Krankheiten der Haustiere angernfen wird
und dem zu Ehren man die Prozessionen
zu Pferde, „Leonhardsritt" genannt, ab-
gehalten hat, bringen Beispiele genug
hiefür.

Nicht immer entspricht bei Wannen-
macher der zeichnerischen Meisterschaft die
Technik. Wir haben ihn kennen gelernt
als Maler ans Leinwand und al fresco,
Leinwandbilder finden sich in Straß, Ober-
elchingen, Scharenstelten, Tomerdingen
(St. Benedikt ist nicht Fresko, wie Pfeiffer
meint), Altarbild des hl. Leonhard in
Gmünd und Bilder in Privatbesitz. Die
anderen Werke sind Fresken. Man hat
schon bezweifelt, ob Wannenmacher über-
haupt ein richtiger Freskotechniker gewesen
ist. Jedenfalls für Gmünd kann ich das
mit Sicherheit feststellen. Hier wurde
1906 die St. Leonhardskapelle durch
Kunstmaler Gallus Roth-München einer
pietätvollen Restauration unterzogen. Die
genauen Untersuchungen des Grundes
haben dargetan, daß >vir eine wahre
Freskotechnik vor uns haben. Es ließen
sich bei eingehender Betrachtung der Ge-
tnälde ans dem Gerüste ganz genau die
einzelnen bestimmt abgegrenzten Flächen
Nachweisen, die jeden Tag von dem Meister
ans den frischen Bewurf gemalt worden
waren. Nur scheint Wannenmacher nicht
immer gute Farben zur Verfügung ge-
 
Annotationen