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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 28.1910

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Nr. 1
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Stummel, Helene: Die Farbe in der Paramentik, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.16250#0009

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ßerausgegeben und redigiert von Universitäts-Professor Dr. L. Baue in Tübingen.
(Eigentum des Rottenbnrger Diözesan-Annstvereins;

Kommissions-Verlag und Druck der ^Iktien-Gesellschaft „Deutsches Volksblatt" in Stuttgart.

Er. i.

Jährlich 12 Nummern. Preis durch die Post halbjährlich M. 2.25 ohne
Bestellgeld. Durch den Buchhandel soivie direkt von der Bexlagshaudlung
Akt. - G es. „Deutsches V o lks b l att" in Stuttgart pro Jahr Bl. 4.50.

1910.

Die ^arbe in der paramentik.

Von H. Stummel, Kevelaer.

1. Farbe und Stimmung in der
N a t u r.

Gott sprach: „Es werde Licht!" Und
es ward Licht. Und es ward Farbe,
könnte die Ergänzung heißen. Welche
Summe von Gluck liegt nicht in diesen
kurzen Worten. Könnte es irdisches Glück
geben ohne Licht, ohne Farbe? Häuft sich
nicht aus den Blinden die Fülle des Mit-
leids, da er das Licht, die Farbe nicht
sieht? Wenn eine dunkle Nacht sich über
die Welt legt, der Mond nur einen blassen
Schein durch die ihn verhüllenden Wolken
dringen läßt, die Sterne säst von der
Schivärze der Wolken verzehrt werden,
jo fühlt der Wanderer ungefähr die Un-
sicherheit , die Not des Blinden. Nur
kommt das Schreckhafte der ins Gigan-
tische ragenden Form hinzu und die geister-
hafte Länge der Schatten. Alle Farbe ist
tot, verschlungen von der Finsternis, und
die Höhe und Tiefe' wird in ihr zum
Gransenhaften.

Doch ist ein Tag im Kommen. Die
Schwärze der Nacht weicht gegen
Morgen einem g r a u v i 0 l e t t e n Dunst,
der wie ein dichter Schleier noch alles
einhüllt. Im Osten steigt allmählich das
Tagesgestirn herauf und schickt einen ro-
ten Schein als Vorboten. Er vermehrt
sich und durchdringt nach und nach das
bedrückende Granvtolett, vereint sich mit
dem darin als letzten Rest des Nacht-
dnnkels enthaltenen Blau, und am
Horizont grüßt nnn die Morgenröte, die
Verheißung und Vorläuferin der Sonne.

l Und indem sie heraussteigt über den Ho-
rizont, taucht sie mit ihren noch schrägen
Strahlen das All in pures Gold, ver-
scheucht jedes Trübe, Unklare. Das letzte
Grau, der letzte Hauch des wehmütigen
Violett, wie sie noch an den Schluchten
der Felsen, an den Zweigen des Waldes
hasten, müssen weichen. Allsiegend zehrt
sie ans die Kraft der Königin des Tages.
Und:

„Die Himmel rühmen des Ewigen Ehre,

Ihr Schall pflanzt seinen Namen fort.

Ihn rühmt der Erdkreis, ihn preisen
die Meere,

Vernimm, 0 Mensch, ihr göttlich Wort!

Wer trägt der Himmel unzählbare
Sterne?

Wer führt die Sonne ans ihrem Zelt?

Sie kommt und leuchtet und lacht schon
von ferne

Und läuft den Weg gleich als ein Held."

Und nnn sie da ist, ist Leben da und
Farbe.

Und alles, was nnn ersteht unter dem
Zauber dieses Lichtes, ist uns ja wie das
Vorahnen ewiger Seligkeitswonnen. Wenn
die Schönheit des Morgens in seiner hei-
ligen Unberührtheit, mit seinen vom Tau
der Nacht wie mit Demant geschmückten
Gräsern und Blumen, der feierlichen
Stille, die vor dem Lärm des Tages die
Natur wie von Gebet durchweht, erfüllt,
und die Erhabenheit der Berge, deren
Häupter dem Licht sich entgegen heben, den
schlichten Menschen zum Dichter machen,
denn jede innere Reaktion ans große Ein-
drücke ist Beweis des im Menschen ruhen-
den Dichtergemütes, so müßte die Fülle
des Tages in ihrer unbegrenzten Gebe-
 
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