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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 28.1910

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Nr. 2
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Clavell, A.: Ueber blutende Madonnenbilder, [6]: Nachträge zu Gageurs "Maria vom Blute"
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https://doi.org/10.11588/diglit.16250#0033

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Eine direkte Abhängigkeit unseres Schrez-
heimer Madonnenbildes mit dem Schwert
von der Nenkirchener blutenden Madonna
märe nun hiemit noch nicht bewiesen. Ist
doch eine vergleichende Untersuchung beider
Bilder nach Größe, Darstellung der Ein-
zelheiten bisher stets unterblieben. Nach
der Beschreibung des Wallfahrtsbildes in
der Denkschrift des Pfarrers Hornaner
zum 450jährigen Wallfahrtsjubiläum und
der älteren Darstellung in dem großen zwei-
bändigen, von einem Priester der Diözese
Augsburg 1866 heransgegebenen „Maria-
nischen Festkalender anf alle Tage des
Jahres" ch stellt das uralte holzgeschnitzte
Bild in Neukirchen die Muttergottes dar,
wie sie das Jesuskind anf dem linken
Arme trägt. Beim Pflügen eines Feldes
soll es „ansgeackerl" worden sein — ein
Auffindnngszug, bei dem die sonst gewöhn-
lichen wunderbaren Begleiterscheinungen,
wie Offenbarung durch Licht, Halten von
Ochsen, Pferden, Schafen, Vogelfang,
Schlangenzischen, Hnfschlag u. a. fehlen.

Die Statuette ist „etwa anderthalb
Schuh" hoch. Die Krone auf dem Haupt
des Gnadenbildes, das über dem Taber-
nakel des Hochaltars steht, ist „ans einer
Masse mit dem Bilde", und) dem Ausdruck
des Marianischen Festkalenders^), bis tief
in die Stirne gespalten. Trotz der schwarzen
Färbung des Gesichts bemerkt man deut-
lich noch Flecken. Ob es Blntspuren sind,
ob sie überhaupt nicht nachträglich gemalt
sind, ficht den Verfasser voin Hl. „Deutsch-
land"^ wie die andern Wallfahrlsortbe-
schreiber nicht an. Nach ersterem Schweigen
scheinen auch das Schwert in bem Haupt
des Bildes nicht angebracht zu sein. Nach
einem Bericht habe der Hnssit mit den
Hufeisen das Schwert an der heiligen
Stätte aufgehängt, wo indes nur jene
noch zu sehen sind. Wohl wegen
jener berichteten Tatsache und auch ans
Rücksicht auf Stoff, Größe ltub Ort mag
die Anbringung des Schwerts am Original
unterblieben sein, an den Kopien dagegen
war es sowohl eher zweckmäßig als leichter

0 Eine kurze Beschreibung enthält auch der
Regensburger Marienkalender 1886 und Aeg.
Müllers Hl. Deutschland II, S. 29 ff., ausführ-
licher Mariauischer Festkalender I, S. 502 ff.

2) I 502.

8j II 32.

möglich, die Ursache der Wnndererschei-
nnng, das Werkzeug der Bosheit wie des
Segens, aller Angen sichtbar, gleichsam
sprechend vorzusühren. Für die Kunst-
übnng wie die Volksdevotion war ja auch
von den Abbildungen der Mater dolo-
rosa mit 1 oder 7 Schjvertern im Herzen
(vgl. Luk. 2, 35) kein weiter Schritt zil
solchen Darstellungen mit Schwert anf
dem Hauptch.

Unlso dankenswerter sind die lienesten
Bemühungen des Herrn Professors Dr. K.
K n r tz in Ellwangen, von beiten ich erst
längere Zeit nach Abschluß meiner kleineii
Blntbildersammlung Kenntnis erhielt, nnb
umso freudiger zu begrüßen der zufällige
Erfolg der Nachforschungen seiner Ge-
währsmänner, die auf die Spur von per-
sönlichen Beziehungen zwischen Schrezheini
und Neukirchen führten^). Nach Einsicht
in die Nekrologien des Franziskaner-
klosters i n N e u k i r ch e n durch den ans
Pfahlheini stammenden Fr. Hugo Mett-
mann waren zwei Schrezheinier, Angehö-
rige der Familie des Kapellenstifters, um
die Mitte des 18. Jahrhunderts Mitglie-
der des Franziskanerkonvents; so M. V.?.
Andreas Avellinus Bux, Lektor der
hl. Theologie, Guardian, Vikarius und
dann Superior, der im Alter von 43 Jah-
ren, 25 Jahie im Orden zii Ainberg,
4. Novenlber 1756 starb, und ein R. P.
Theobald Bnp, Schrezhamiensis, Lec-
tor generalis, Provinciae definitor ac-
tualis et prius Custos, Tyrolensis et
Carniolae Provinciae Visitator gene-
ralis, vir virtute et scientia pollens
plenus meritis, er staib im Atter von
58 Jahren, von denen er 38 als Reli-
giöse verlebt, zu München am 21. Dez.
1769. In dem erstgenannten P. Andreas

0 lieber Entstehung und Entwicklung jenes
Marienbildtypus gibt Dehels Ikonographie leider
keinen Aufschluß; einiges bei I. Hack, Der christl.
Bilderkreis, 1856 S. 217 f. So befindet sich in
der Wiener Doininikanertirche eine Marien-
statne mit 7 Schwertern in der Brust,
was nach einem josephinifchen Erlaß in der Wiener
Kirchenzeitung 1784 „ein höchst abergläubisches
und gar kein historisches Bildnuß ist und abge-
schafft werden muß" (vgl. Hist. pol. Bl. 141 (1908)
876; ein solches auch in der Salvatorkapelle bei
Schwab. Gmünd).

2) Die Rokoko - Madonna in der Kapelle zu
Schrezheim. Beilage des „Staatsanzeigers für
Württemberg" 1907, S. 125.
 
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