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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 28.1910

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Nr. 6
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Gassenmeyr, ...: Die sieben Freuden Mariä im Domkreuzgang zu Brixen in Tirol, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.16250#0071

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57

meines Vaters ist?" (Spruchband.) Dann
kommt eine große Inschrift, ans der wir
nur einiges für Künstler zwecke Jn-
teressantes herausgreifen. Es heißt: Du,
allerreinste Jungfrau, hast das E i n h o r 11
gefangen genommen. Das Einhorn läßt
sich nach der Tierfage nicht fangen, nur
eine Jungfrau lockt dasselbe so an, daß
es zahm den Kopf in ihren Schoß legt.

Du hast aus dem gewaltigen Löwen
ein zartes Lämmlein gemacht. Vom Löwen
aber schreibt schon Plinius der Aeltere
N. h. 8. 16., daß derselbe zahm werde,
wenn es gelinge, sein Haupt zu verhüllen.
Eine Verhüllung Gottes aber fand statt,
als er aus Maria das Kleid der Mensch-
heit empfing. Man sieht, wie gesucht die
Vergleiche sind.

Den Adler hast du gezähmt, den nie-
nrand zähmen kann, d. h. Maria hat den
dem Himmel zustrebenden Vogel, ein Bild
Gottes, an die Erde gefesselt.

„Den tapferen Samson hast du besiegt,
und den weisen Salomon überwunden,"
d. h. der starke Gott wurde ein gehor-
sames Kind und der weise Salomon fügte
sich den Satzungen der Menschen.

Den Pelikan der Wüste hast du ein-
gefangen, einzig dastehende Jungfrau
(virgo solitaria). Jesus ist ja der
Pelikan.

„Den Feuersalamander hast du im
Liebesfeuer angelockt." Der Salamander
verbrennt ja nicht, so auch Christus nicht
in der Welt der Sünde.

„Den mächtig großen Elefanten hast du
unterjocht, demütigste Jungfrau", den Ele-
fanten, von dem Aehnliches erzählt wird
wie vom Einhorn, daß er nämlich beim
Anblick einer Jungfrau ganz zahm werde.
So weit die sechste Freude.

Die siebte Freude ist das Wieder-
sehen im Hinunel, die Krönung Mariens,
wie bei uns.

Maria wird von Engeln getragen —
kniet auf einer Wolke, vor und über ihr
ihr Sohn mit der Kaiserkrone, er krönt
sie mit einer ähnlichen. — Walchegger
Tafel VIII. Er ist angetan mit dein
Purpurnlantel, sitzt ans goldenem Thron
und spricht die Worte: „Erhebe dich,

meine Freundin, meine Taube." Oben
jubelnde Engel mit unbeschriebenem Spruch-
band. Unter ihnen andächtig betende

Gestalten mit gefalteten und gekreuzten
Händen. Ebenfalls unten andere Engel,
singend und musizierend. Dann ein ganzer
Chor von Seligen mib Heiligen, einige
ohne Heiligenschein, wohl solche ans den:
Allen Testanient, darunter vor allen
Johannes der Täufer mit dem Lamm
auf einem Buch, mit Heiligenschein. Dann
Stephan, Steine tragend, ohne solchen.
Das Bild ist sehr schön entworfen uiib
anfgebaut und man staunt, wie ans so
engen Raum so viele Personen, bezw.
Köpfe und Schultern Platz finden können,
freilich stark ineinandergeschoben. Von
der Inschrift sei nur folgendes erwähnt:
Du warst vorgebildet durch jene kleine
Quelle, welche zu einem großen Flusse
anwuchs. Anspielung an Esther c. 10,
v. 6. Der kleine Quell, per zum Strome
anwuchs und in sehr viele Wasser floß,
ist Esther. Wie nämlich der König
Assuerns die demütige Esther erhöht hat,
so hat dich, Demütigste, der himmlische
König erhöht und gekrönt. Also auch
Esther ein Vorbild Mariä, die wie Esther
vonr niedrigen Mägdlein zur Königin
wurde.

Ins gleiche Kapitel gehört auch die
kluge Abigail (1. Reg. 25), die David
sich ausertor. Endlich sei augeführt die
Mutter Salomous, welcher der König den
Thron zu seiner Rechten anwies. 3. Reg.
c. 2. Man sieht, wie reich und mannig-
faltig die damalige Malerei war, auch in
dieser 14. Arkade von den sieben Freuden
Mariä, wie Bilder aus der Natur, der
Legende, aus dem Alten Testament vor-
nehmlich damals verwendet wurden, und
mag auch manches gesucht und künstlich
beigezogen sein — es kommt Leben und
Vielseitigkeit in die Darstellung. Man
kann nur wünschen, daß die Maler un-
serer Tage solche Sachen anfsuchen und
anschauen, ja studieren, — denn dieser
Kreuzgang muß studiert werden —und
nicht zu ihrem Nachteil.

Ich aber habe diese Studie niederge-
schrieben als liebe Erinnerung an meine
vielen Wandergäuge in Südtirol, daun,
um aufs neue auf die Kunstschätze in
Brixen hinzuweisen. Wie viele fahren
jedes Jahr über den Brenner nach Bozen,
vielleicht um des Batzenhäusle willen, wo
allerdings auch einige Kunst aufgespeichert
 
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