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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 28.1910

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Nr. 6
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Naegele, Anton: Hans Christoph von Hornstein und sein Denkmal in Grüningen, [3]: Beitrag zu "Württembergs Epitaphien"
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https://doi.org/10.11588/diglit.16250#0074
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das Wort Gottes nicht versäumbt oder
das Ampt der hl. Meß vnd großen gri-
stum aus den eifrigen Predigen mit nach
Haus getragen . . . vnd trotz Leibes-
fchwachheit vnd Alters Ungelegenheit Gott,
Kaiser treu gedierrt, die ihnr vorr schweren
publicis occupationibus übrige Zeit mit
emsigem Studieren vnd Kirchengehen zu-
gebracht."

Von des Ministers Mildtätigkeit
rühmt er, er habe „nicht von den verkauften
Zähren der Wittiben und Waisen, sondern
von seinem eigen Schweiß und blnettsauren
Arbeit Almosen gespendet" .. . „So weiß
ich, diss Gottshauß ist zu erig vnnd kann
oder mag sie nicht fassen."

Von ortsgeschichtlichem Interesse sind die
Bemerkungen über Hornsteins Bezieh-
ungen zur Heimat: „Auch seine

Unterthanen hat er, obwohl meist ab-
wesend, mit Speis, Trank, Almosen ver-
sehen lassen. Darnnl auch bei seinem

jüngstlichen nach Hausegehen die Unter-
thanen mit grossem affecte ihm weit ent-
gegen geeilt." Urkundlicher Beweis für
dieses Lob sind die beiden oben genannten
Stiftungen für die Kirche und die Armen
der Gemeinde Grüningen.

In der Sprache seiner Zeit wird der
Tote, dessen „kläglich und schmertzlicher

Leuch alhie für vnsern Augen stehet", ge-
feiert „als das wolriechende Blümblein
auß dem Kräntzleiu dieser Hoffstatt hie-
runter gefalleil" durch seinen plötzlichen,

unverseheuen Tod; als das „edle Klai-
uodt vnnd Sapientiae scrinium, das
des grimmigen Todes Thranney" uns
weggenommen und zerschlagen habe: Ce-
cidit corona capitis nostri, lobt seinen
Eifer in Religionis und Justitiae Sachen,
seinen reifen Verstand, mit dem er des

ganzen Römischen Reichs, ja der ganzen
Welt Negotia traktieret, die Pietät, die in
ihm geleuchtet. Hohe und verständige
Männer hätten ihn ob seiner wahren
Weisheit virum exactae prudentiae
genannt und ihm „in Agendis et trac-
tandis lauream zugesprochen wegen der
vilfeltigen sittlichen Tugendten, mit welchen
Er alle seine actiones moderirte".

Freilich jedes Licht hat seine Schatten,
die das intrigenreiche Hofleben mit sich
bringt. P. Caspar Questenberg hat seinen
Helden auch gegen allerlei underschidliche

widerwerlige judicia und decretales
gleichsamb sententiae in Schutz zu neh-
men, wie er's gleich in der Einleitung der
Trauerrede unter Hinweis ans die Phari-
süeranklagen (Marc. 7, Joh. 7) tut, und
vergleicht den Toten, den die einen wegen
seiner trefflichen Tugenden loben, andere
zu kalnmnieren suchen, mit dem Blümlein,
aus dem das „Binle" Honig und die
Spinnen Gift saugen. Der Vergleich mit
der Lernäischen Schlange, deni Zitate aus
Seneca, Horaz, Homer und anderen an-
tiken Dichtern und Prosaikern folgen, be-
kräftigt das Verdikt über die Fama, die
das Strahlende zu schwärzen liebt, und
entkräftet deren etwaige Berechtigung mit
des Aristoteles'Sentenz: Nullius mag-
num ingenium sinemixtura dementiae
fuit. Doch hat all dies nicht seine Stellung
erschüttert, wie es so oft bei der Ver-
änderlichkeit menschlichen Glücks geschehen.
Sagt ja der Predigereinmal von sich, „daß
er nicht den halben Teil seines sündigen
Lebens in diesem Königreich zugebracht
habe, nur wenige Jahre, die aber soviel
Veränderungen der Personen in den hohen
Amptern und Digniteten gebracht hätten"
— die einzige persönliche Bemerkung des
fremden Prämonstratensers.

Ein neues Licht auf diese leider oft zu
allgemein gehaltenen rhetorischen Dar-
legnngeit bringen einige archivalische No-
tizen, ans die rnich längere Beschäftigung
mit Jerinischen Akten in Wien (K. K.
Haus-, Hof- und Staatsarchiv) nnb Rout
(Vatikanisches Archiv) zufällig führte. Der
Breslauer Fürstbischof Andreas von Je-
rin (1540—1596), einer der edelsten
Kirchenfürsten des 16. Jahrhunderts, auf
dessen itiebere Abkunft und hohe kirchliche
und politische Würde feine Vaterstadt
Riedlingen stolz sein darf, hatte im Auf-
trag des Kaisers Rudolf II. mehrere Ge-
sandtschaftsreisen nach Polen zu unter-
nehmen und zu leiten in Sachen der
schwedisch-polnischen Thronkandidatur, der
Türkenkriege und anderer teils dynastischer
Interessen der Habsburger, teils welt-
geschichtlich bedeutsamer Verhandlungen Z.

0 Val. C. von Jerin, Bischof Andreas von
Jerin, Kaiser Rudolfs II. Gesandter in Polen
1589—1596. Neisse 1900. Weitere urkundliche
Beiträge gedenke ich an anderem Ort demnächst
publizieren zu können.
 
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