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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 28.1910

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Nr. 7
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Brinzinger, Adolf: Die Porträts der vier Aebtissinnen und das Konventsbild in Rottenmünster
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https://doi.org/10.11588/diglit.16250#0082

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68

wurde mit 1500 Gulden pensioniert und
mußte ihr Gebiet mit 3000 Einwohnern
und 30 000 Gulden jährlichen Revenuen
an Württemberg abtreten. Sie lebte jetzt
in stiller Zurückgezogenheit in Notten-
niünster, feierte am 12. September 1819
ihr öOjähriges Jubiläum als Konvents-
fran, mit besonderer Genehmigung des
Kirchenratdirektors Rudolf August Fcei-
herrn von Soden, bei verschlossenen Kirchen-
türen, und starb, nahezu 7 5 Jahre alt,
den 16. März 1826 am Schlagflnß in
Rottenmünster (Stuttgarter Staatsarchiv).
8 Klosterfrauen und 5 Laienschwestern
schauten ihr ins Grab. Sie war nahezu
30 Jahre lang Aebtiffin gewesen.

2. Weiter rechts ist das Porträt der
Maria Magdale n a Dt ater, der vor-
letzten Amtsvorgängerin der MariaJuliana
Maier, Aebtissin zu Rottenmünster von
1766 — 1 77 7. Sie sitzt im Sessel, in
der Rechten ein aufgeschlagenes Buch mit
der Inschrift: Regula S. P. Benedicti,
daneben ein Tisch mit Kreuz und Büchern,
hinten der Aebtissinstab. Rechts ist ihr
Wappen: der Zisterzienser Schrägbalken,
Aehreu, weißes Kreuz, 3 Sterrie, Lilien,
hinlerr Stab und Schwert.

3. Ein kleines Oelbild stellt dar eine
Aebtissin mit kostbarem Kreuz am Hals,
ohne Inschrift und ohne Wappen, mit
Buch und reichverziertem Stab, ein sehr
ernstes, energisches Gesicht. Es soll Bar-
bara Bollmar sein, von Roltweil,
1565 — 1595 Aebtissin und Ernenerin des
Klosters (rroviten structum monaste-
rium, sagt ein Verzeichnis von Salenr,
Doknmentenbuch von Konrad Schwarz von
1660), eine vortreffliche sparsarne Haus-
hälterin. Unter ihr erhielt die Kloster-
kirche drei neue Altäre, welche der Weih-
bischof von Konstanz am 15. November
1590 konsekrierte, zu Ehren der Heiligen
Ollilia, Katharina und Barbara (Kopial-
bnch des Klosters im Kgl. Staatsarchiv
in Stuttgart).

4. Das vierte Oelbild trägt keinen Na-
nien und hat nur rechts oben die Be-
zeichnung Aetat. LXXI. anno 1685. Es
stellt dar eine Aebtissin mit geistreichen
aszetischen Zügen im weißen Habit, das
Haupt bedeckt mit der Kapuze. In der
Rechten trägt sie das Modell des Klosters
mit der angebanlen Kirche und dem kleinen

Turin ans dem Kloster, am Ringfinger
einen Aebtissinring. Der Aebtissinstab lehnt
am rechten Arni, eine schöne Arbeit, mit
Figuren geschmückt; oben ein Abt, viel-
leicht der hl. Bernhard, Hauptstifter des
Zisterzienserordens, am Knauf des Stabs
ein Heiliger mit Buch und Schlüssel,
wahrscheinlich der hl. Petrus, daneben
wohl S. Paulus und Maria, denen die
Klosterkirche geweiht war. Die linke Hand,
sehr fein ausgeführt, stützt sie ans den
nebenanstehenden Tisch, einen Rosenkranz
von feiner Filigranarbeit in dieser Hand
haltend mit Doppelkreuz unten. Auf dein
Tisch ein Rokokokruzifix mit Totenkopf
unten und Engelsköpfen. Vor dein Kreuz
liegt ein Buch mit goldenem Schnitt und
herabhängendem Buchzeichen, an dein Buch
eine geöffnete Taschenuhr, ein sehr ein-
drucksvolles, charakteristisches Bild. Rechts
oben ist ein Löwe mit Säule, das Wappen
von Rottenmünster. Im Hintergrund ist
ein roter Vorhang mit herabhüngender
Schnur. Wer ist diese Aebtissin auf diesem
Bild? Das Modell des Klosters und
seiner Kirche in ihrer Hand, sowie die
Altersangabe, 71 Jahre alt 1685, sagen
es uns. Es ist Ursula Scherlin,
die Tochlerdes Hofgerichtsassessors Dr. jur.
Scherlin von Roltweil, geboren eliva 1615,
gestorben im 71. Jahre, 14. Apiil 1687,
die 35. Aebtissin, ziveite Erbauerin des
Gotteshauses zu Rottenmünster, eine der
vortrefflichsten Aeblissinneii, welche 28 J/2
Jahre lang (1658—1687) regierte. Ein
Epitaphium mit lateinischer Inschrift,
welche vor 210 Jahren schon Petrus
(Suevia ecclesiastica 1699, S. 533)
ermähnt hat, ist links an der Wand der
Kirche beim Hauptportal eingelassen. Sie
hat in drei Jahren die Kirche erbaut,
1661 -1664, welche 27. Juli 1664 Jo-
hann Franz Vogt von Altsnmmerau,
Bischof von Konstanz, zu Ehren der
Himmelfahrt Mariä und der Apostelfürsten
Petrus und Paulus konsekrierte; sodann
errichtete sie in vier Jahren den Klosterban
(1665—1669) mit drei Stockwerken, Kreuz-
gang und Garten in der Mitte. Durch
ihre Sparsamkeit und Klugheit verbesserten
sich die Disziplin und die Finanzen des
Klosters unter ihrem weisen Regiment. Die
vier Porträts stammen ans verschiedener
Zeit und von verschiedenen Meistern, deren
 
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