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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 28.1910

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Nr. 7
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Brinzinger, Adolf: Die Porträts der vier Aebtissinnen und das Konventsbild in Rottenmünster
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Rohr, Ignaz: Der Dunninger Bildhauer Landolin Ohmacht, [3]
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https://doi.org/10.11588/diglit.16250#0083

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69

Namen uns unbekannt sind. Sie sind
bei Aufhebung des Klosters verkauft wor-
den, jetzt wieder erworben. Pfarrer Karl
Straub in Oberftadion schenkte das Bild
der Ursula Scherlin der Kongregation.
Fräulein Freudenreich, Malerin in Ochsen-
hausen, hat diese Bilder sorgfältig gereinigt
und restauriert, so daß sie jetzt in edler
Schönheit wie neu erscheinen. Eine
Wiedergabe des letzten Por-
träts ist hier beigegeben. Ein
fünftes Aebtissinbild soll in Calw im
Privatbesitz sein. Die vier präch-
tigen im Festsaal zu Rottenmünster be-
findlichen Repräsentationsbilder werden
jeden Freund der Geschichte und Kunst
erfreuen. Sie sind daselbst jetzt wieder an
ihrem einzig richtigen Platz! Im Arbeits-
saal hängt auch ein Konventsbild
von 1703, auf Holz- gemalt, in der Mitte
die Aeblissin Maria Williburgis mit je
14 Klosterfrauen links und rechts; unten
sind die Namen angeschrieben, daneben
die hl. Familie gemalt, im Hintergrund
römische Gebäude und die Landschaft,
oben die Dreifaltigkeit mit Engeln, ein
Nokokobild von mehr historischem als
künstlerischem Wert! Der Meister des-
selben ist ebenfalls unbekannt.

Der Dunninger Bildhauer
Tandolin Ohmacht.

Von Prof. Dr. I. Rohr, Straßburg.

(Schluß.)

Dieselbe hat, wie schon betont, ihre
Wandlungen durchgemacht. Die Lernzeit
steht unter dem Einfluß des Rokoko. Die
Putten, welche sich abmühen, eine schwere,
faltenreiche Draperie zu halten (Freibnrg,
Münstertaufftein), können als Wahrzeichen
der Kunst gelten, welche die Lehrzeit
Ohmachts ausfüllte. Sind auch die derbsten
Extravaganzen vermieden, so läßt sich doch
der Einfluß jener Kunst nicht verkennen,
welche dein Hofleben §it Versailles mit
seiner Galanterie, seiner Geziertheit und
Hohlheit so recht ans den Leib geschnitten
war, die Formeil der Boudoirs und der
Nippes auf die Kunst überhaupt unb selbst
auf die Architektur übertrug, Holz und
Stein wie Gips und Modellierwachs be-
handelte, und in gewagten Stellungen
und Verzerrungen speziell in der Plastik

das non plus ultra künstlerischen Schaffens
sah. Man durfte also von Ohmacht tüch-
tige Rokokoleistnngen erwarten, zumal,
nachdeiil er bei Melchior in Frankental
zur weiteren Ausbildurig eingetreten war.
Melchior war Direktor der kurfürstlichen
Porzellanwerke und scheint auch selber
einige Porzellanöfen besesseil zu haben.
Alleiil ein Blick ans die unzweifelhaft echten
Arbeiten nub die Entwürfe Melchiors zeigt,
daß derselbe einer wesentlich nüchterneren
Kunftübung huldigte, als das Rokoko sie
liebte. Er war also bereits erfaßt voll
der Reaktion gegen die Launen der De-
kadeiice und suchte in Theorie unb Praxis
das Heil in der Annäherung an die Natur
und die Rückkehr zu ihr. Aber eben weil
es sich um eine Reaktion gegen Exzesse
handelt, gegen Geziertheit, übertriebene
Bewegung und laszive Stellungen, so ist
es begreiflich, daß ihm die Ausgaben der
Kunst vor allein auf dem Gebiete des
Erhabenen liegen. Daher seine aus dem
Unterricht in seinem Atelier heraus er-
flossene Schrift: „Versuch über das sicht-
bare Erhabene in der bildenden Knust"
(Mannheim 1781).

Und da namentlich Winckelmann mit
einem die Kunstgeschichte unb Kunstübung
auf lange hinein beherrschendeil Erfolge
darzutun gesucht hatte, bei den antiken
Völkern, besonders den Griechen, habe
sich die Natur anl reichsten und nnge-
zwllngensten eiitivickeln können, gefördert
durch das denkbar günstigste Klinia und
die politische Freiheit und die dadurch
bedingte Lebensauffassnug, und nirgends
habe sie sich auch so ungezwungen beob-
achten lassen, wie in ben Gymnasien
Griechenlands, so kann es nicht über-
raschen, wenn auch Melchior vor allem in
der Antike das Ideal der Kunst sieht und
ihr vor allenl seine Regeln und Beispiele
entnimmt. Auch dem politischen Zug, der
die Sympathien für die Antike als eine
Zeit der Freiheit, der Zucht itnb Sitte,
der Bürgertugeno und Vaterlandsliebe
weckte und wachhielt, verinochte er sich
nicht ganz zu entziehen, wenngleich er sich
nicht so weit fortreißen ließ, wie David
und seine Genosseli in Frankreich. So
war er denn gegenüber der zeitgenössischen,
dekadenten Kunst reaktionär, gegenüber der
Antike freikonservativ; itnb da die Kory-
 
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