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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 28.1910

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Nr. 8
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Marquart, A.: Zur Glockenkunde
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https://doi.org/10.11588/diglit.16250#0093

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79

rimter wie Ravensburg, Tettnang, Ell-
wangen, Deggingen auch wirklich be-
schrieben worden. Auch die Glocken Bi-
berachs sind im „Kirchenschmuck" von
1864 Heft 4 beschrieben, kleinere bezüg-
liche Arbeiten da und dort erschienen.
Indessen scheint diese ganze Sache doch
nicht sehr weit gediehen zu sein und es würde
hienach hier noch ein ziemlich unbebautes
Feld der Bearbeitung harren.

Sehr alte, nicht mit Zeitangaben ver-
sehene Glocken sollen noch da und dort im
Lande vorhanden sein, doch sind wohl
zweifellos viele derselben im Laufe der
Zeit umgegossen worden.

Die älteste Glocke in Württemberg
bängt angeblich in einem Kirchturm zu
Laulern, OA. Blanbenren, wenn anders
die betreffende Jahreszahl richtig gelesen
wurde. Sie soll nach dem „Deutschen
Volksblatt" 1855 Nr. 174 die Inschrift
tragen: „ano Dumine MXX (1020)
maister peter von agspurg." I Weitere
sehr alte, datierte Glocken wären in Wib-
lingen 1206, Dätzingen 1212, Hausen a.
Würm 1234 und Markgröningen, OA.
Ludwigsburg, 1272 — zu vergl. „Deut-
sches Volksblatt" 1854 Nr. 206?)

In einem der Türme der Pfarrkirche
zu Markgröningen befanden sich seinerzeit
zwei Glocken, welche zu den interessantesten
des Landes gehörten, jedoch im Jahre
1655 von dem Glockengießer Nenbert in
Ludwigsburg umgegossen wurden. Eine
dieser Glocken hatte die Umschrift: Lu-
cas, Marcus, Mathäus, Johannes pat-
roni. Anno dni 1272 ld. nov. coe-
flata Sum auctore comite Hart-
manno. Die andere: Sancta Maria
mater u. Comes Hartmannus de
Grüningen — siehe die Oberamtsbe-
schreibnng von Lndwigsburg 1859 Seite
250. Diese zwei Markgröninger Glocken
vom Jahre 1272 zählten vor dem Um-
guß zu den ältesten in ganz Deutschland
überhaupt.

') Diese Annahme trifft nicht zu. Die Glocke
hat die Jahreszahl 1520. Vgl. Keppler,
Kunstaltertümer S. 37. (Die Redaktion.)

2) Weitergehende Aufschlüsse geben Klun-
zinger. Zur Württbg. Glockenkunde im „Württbg.
Jahrb." 1857 S. 81 ff., P. Keppler, Württbg.
Kunstaltertümer S. LXXIII, die Aufsätze von
Th. Schön im „Arch. f. chr. Kunst" 1905 und
1906. (Die Redaktion)

Der Glockengießerknnst in den Reichs-
städten Ulm und Eßlingen sowie Viberach,
Hall, Heilbronn, Ravensburg, Reutlingen
lind Roltweil wurde in dieser Zeitschrift
in den Jahrgängen 17 S. 97—99, 103
bis 106; 18 S. 6 — 8, 35—40, 101
bis 107, feiner Jahrgang 20 S. 43 ff.,
S. 55 ff., S. 70 ff., S. 82 ff. gedacht
und dabei bemerkt, daß die Pflege der
edlen Kunst des Glockengusses in Schwaben
und Franken während des ganzen Mittel-
alters und auch in den folgenden Jahr-
hunderten in den Händen der Reichsstädte
lag. Eine stattliche Reihe von Glocken-
gießern hat in beit verschiedenen Reichs-
städten gewirkt, in zweien derselben, Bi-
berach und Rottweil, erhielt sich die Glok-
kengießerkunst bis auf die Gegenwart.

Auch in Ludwigsburg war vornlals
eine Glockengießerei. Unterm 17. Mai
1759 bewilligte Herzog Karl Engen dem
Glockengießer Christian Nenbert, welcher
seinerzeit von Königsbronn nach Lndwigs-
bnrg übergesiedelt war, zur Erbauung eines
Gießhauses daselbst ein Sonderrecht mit
der Bestimmung, daß kein Ausländer, er
möge dieses Gewerbe erlernt haben oder
nicht, und kein Inländer, der dasselbe
nicht erlernt habe, sich unterwinden solle,
Glocken zu gießen, auch Feuerspritzen oder-
andere in dieses Gewerbe einschlagenden
Dinge zu machen.

Durch ein am 7. September 1766 in
das Land erlassenes Rundschreiben wurden
sämtliche Beamte außerdem auf An-
suchen des Glockengießers Nenbert ange-
wiesen, ihre untergebenen Gemeinden zur
genauen Befolgung des dem Nenbert er-
teilten Vorrechts anznh alten.

Mit der Glockengießerei allein hätte
Nenbert seine Rechnung vermutlich nicht
gefunden, er war aber zugleich Fener-
spritzenfabrikant und Stückgießer und
lieferte als solcher die Geschützrohre für
die herzogliche Artillerie sowie für den
Schwäbischen Kreis. Wenn daher Berg-
ner in seinem Handbuch der Kirchlichen
Kunstaltertümer S. 317 vorträgt, seit der
Erfindung des groben Geschützes war die
soziale Stellung der Glockengießer insofern
sehr gehoben, als sie auch den Stückguß
übernahmen, selbst als Büchsenmeister sich
auszeichneteu und dadurch hohen Herrn
 
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