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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 28.1910

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Nr. 10
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Baur, Ludwig: Die Fugelschen Fresken in der kath. Stadtpfarrkirche zu Ravensburg, [4]
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https://doi.org/10.11588/diglit.16250#0115

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nominell und gibt dementsprechend auch
zwei Gedankenmomente wieder.

6.: S e ch st e s B i l d : D e r Tod des
hl. Andreas am Kreuze. Die Le-
gende, welche uns oom Tode des hl. An-
dreas berichtet, ist allgemein bekannt.
Wir werden in ihr das historische Faktum
des Kreuzestodes des hl. Andreas zu
Patras anerkennen müssen und die Bereit-
willigkeit be§ Apostels, für seinen Herrn
und Meister, für seinen Christenglauben
mannhaft das Marterholz des Kreuzes
zu besteigen, ja noch im Sterben vom
Kreuze herab in unendlicher apostolischer
Liebe für feinen Herrn und Meister
Seelen zu gewinnen. Für den Künstler
bot diese Szene insofern weniger Schwierig-
keiten, als selbstverständlich in der for-
malen Darstellung des Kreuzestodes Jesu
euie ganze Reihe kompositioneller Pro-
bleme und Einzelmotive gegeben ist, die
hier leichtlich wieder Verwendung finden
konnten. Dies ist denn auch in mancher
Hinsicht bei dem sechsten Bilde der Fall.

In einer gelblich getönten hügeligen
Landschaft sehen wir rechts Andreas (nun-
mehr als gealterten Mann) am Andreas-
kreuze hängend, zip den Umstehenden noch
redend und ihnen Jesus den Gekreuzigten
verkündend. Die Figur fällt oben stark
hervor — ein Motiv, das zwar in der
neueren Plastik und Malerei wiederholt
angewandt wurde, aber (wenigstens dem
Referenten) nicht recht znsagen will. Es
erscheint ihm hart.

Das Antlitz zeigt den edlen Ausdruck
mannhafter, gottergebener Ertragung des
Leidens. Roch die letzten Augenblicke
seines Lebens benutzt der seeleneisrige
Apostel, um der vor ihm stehenden Zn-
schauermenge zu Herzen zu reden.

Unter diesen Zuschauern suchte der
Künstler die verschiedenen Abstnfnngen
ihrer Teilnahme charakteristisch wiederzu-
geben. Zuvorderst steht eine Frau mit
ihrem Kinde (blaues Gewand, weißer
Schleier); dahinter ein alter Mann, der
die Hände faltet. Dann erblicken wir
einen Menschen in herausfordernder, spöt-
tischer Haltung, der die Hände ans dem
Rücken kreuzt. Eine Reminiszenz ans
Christi Kreuzigung bildet der rote Krieger
im roten Mantel, Helm und Speer, der
Wache hält, während ein Scherge im

blauen Gewände in kniender Stellung
sich am Fuße des Kreuzes zu schaffen
macht — das Gegenstück zu Maria Mag-
dalenn unter dem Kreuze.

So endigt der ganze Zyklus mit dem
Schlußakte einer apostolischen Heldenseele,
die wir von Bild zu Bild Zug um Zug
heranreifen sehen zum „Vollalter Jesu
Christi". Der Bilderzyklus des Chores
klingt mit dem des Schiffs zu einer ge-
waltigen Symphonie zusammen über das
Thema: „Hin zu Christus."

7. Vor wenigen Wochen wurde das
Schlußbild des Fngelschen Zyklus ent-
hüllt. Nunmehr ist die ganze Ausma-
lung der Kirche abgeschlossen. Das Schlnß-
bild ist ein Votivbild, welches mit seiner
Bildidee wieder an die Conversatio in
coelis des Mittelschiffs anschließt. Der
Grundgedanke ist: Maria und An-
dreas als die beiden Kirchenpatrone der
Pfarrkirche und zugleich als ihre Für-
bitter bei Gott darznstellen. Es war von
Anfang an beabsichtigt und der nähere
Entwurf der Bilder nötigte auch dazu,
bei diesem Bilde die ganze Sargwand
dieser Travee zu benützen bis zur vollen
Höhe des Spitzoogens.

Der Meister zerlegte das Bild höchst
zweckmäßig in zwei Gruppen, eine untere
(irdische) und eine obere shimmlische).
Unten sehen wir ein zartes, in mattes Licht
getauchtes Landschaftsbild — die Stadt
Ravensburg mit ihren charakteristischen
Türmen, bnrgartigen Bauten und zin-
nengekrönten Giebeln, hineingebettet in
die Hügelreihen, die sie nmsänmen, im
Vordergrund ein saftiges sattes Grün,
dann die weiter entfernte Höhe blaßgrün
mit bläulichen und gelblichen Tönen über-
haucht, während die ferne Hügelkette in
bläulich-grünliche Töne übergeht. Von
rechts her kommt der hl. Apostel An-
dreas ans seiner Wanderung zur Stadt
Ravensburg. Er hält sein Kreuz im
Arme und erhebt die rechte Hand, um
die Stadt zu segnen: Eine sehr glück-
liche Idee! Der Apostel ist in ein weißes
Kleid und einen tiefblauen Mantel ge-
kleidet. — Ihm gegenüber, auf der linken
Seite kniet ein Engelchen, das die
Wappen der Stadt Ravensburg und des
gegenwärtigen hochwürdigsten Herrn Bi-
schofs von Rottenbnrg in den Händen
 
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