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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 29.1911

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Nr. 1
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Fischer, A.: Die Kunst im Dienste des Religionsunterrichts, [1]
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8

Die Amist im Dienste des Religions-
unterrichts.

Von Pfarrverweser A. Fischer.

Die Fngelausstellung auf beut heurigen
Katholikentag in Augsburg war geeignet,
zu frohen Ausblicken anzuregen. In
Straßbnrg hatte Meyenberg die Losung
ansgegeben: „Auf, ihr katholischen, ihr
christlichen Künstler, tretet mutig in das
Gewoge des modernen Realismus — be-
grüßet eine neue, realistische Technik,
macht euch zu eigen die bessern Resultate
itiib Wege einer neuen Ratnrbeobachtnng —
aber verkündet noch lauter: „auch der
Geist ist real — Gott ist das Realste
alles Realen!" ch Die Augsburger Aus-
stellung erschien wie eine freitdige Antwort,
wie ein begeistertes Bekenntnis der Kunst
zum Straßburger Programm.

Und noch ein weiterer Wunsch Meyen-
bergs hatte hier ein Echo gefunden: „Es
lebe ein katholisches Mäzenatentum, oas
durch die gesamte Geschichte der Kunst
bald in dieser, bald in jener Form zur
Förderung der ästhetischen Bestrebungen
Großartiges geleistet hat!" 2) Der Mäzenas
war diesmal der Verlag non Joseph Kösel
in München. Denn in seinem Auftrag
hatte Fngel die ansgestellten Bibelbilder
geschaffen. Auch sonst fehlt es nicht an
Zeichen dafür, daß der katholische Buch-
handel wieder an die glorreichen Zeiten
anknüpft, in deneil Dürer imb Holbein
ihre besten Werke für die Vervielfältigung
schaffen konnten. Damals übte die Bnch-
knnst einen weitreichenden Einfluß ans die
Bildung des Stils und der Schulen aus.
Auch in unfern Tagen wird sie ein ge-
wichtiges Wort rnitreden, wenn sich die
Sehnsucht nach einer „ästhetischen Kultur",
also nach einem allseilrg anerkannten Stil,
erfüllen sollte. Oder war es nicht das
„Leben Jesu" von Schumacher, das weite
Kreise erstmals mit nuferer neuesten
christlichen Kunst in Fühlung brachte und
zu einer ernsten Auseinandersetzung mit
rhr veranlaßte? Danrit haben wir einen
Maßstab für den Einfluß dieser Kunst-
erzengnisse arff das religiöse Leben ge-
monnen: er ist von riationaler, zuweilen

9 „Anteilnahme der Katholiken an Wissen-
schaft und Kunst" S. 6l.

2) Ebenda S, 59.

auch internationaler Tragweite. Halten
wir diese Tatsache bei der Würdigung
der folgenden Neuerscheinungen fest!

I.

Das k a t h o l i s ch e K i r ch e n j a h r i n
Bildern. 60 Tafeln in Ton- und
Farbendruck. HeranLgegeben unter Mit-
wirkung der Katechetenvereine in München
und Wien von Dr. Ulrich Schund. I. Teil.
Der Weihnachtskreis. E. A. Seemann
in Leipzig. 5 Mk. Der Verlag hat, ivie
man sieht, alles getan, um sich sachgemäß
zit beraten. Hier könnten manche katholische
Firmen, die noch immer ihr Heil von
Reklamesendnngen an den Klerus erwarten,
tu die Lehre gehen. Man »ruß deshalb
noch lange nicht mit der getroffenen Aus-
wahl einverstanden sein. Ein „katholisches
Kirchenjahr" hat vor allenl bem religiösen
Leben zu dienen. Rull hat sich'allerdings
die Malerei an der religiösen Begeisterung
des Mittelalters aufgenährt und zum
höchsten Können herangeübt. Die „Geburt
Christi" voll Botticelli, die mit vollem
Recht den Mittelpunkt der Serie für den
Weihnachlskreis bildet, ist ein Beispiel
dafür. Die poesie- imb anmutsvollen
Engel, die hier in der Höhe den Reigen
anfsühreu und ans der Erde den Hirten
die pax erteilen, sind echt mittelalterliche
Wesen, Zeitgenossen der fioretti und ihrer
Helden. Dagegen hat sich die religiöse
Weise bei vieleil Meistern der Renaissance
entschieden zu sehr verflüchtigt: bei Michel-
angelo, Veronese (Hanptmann von Kaphar-
nanm) illid Rubens (Pauli Bekehrung).
Bei Michelangelo kommt dazil, daß weder
sein „Moses" noch sein „Jesaias" bild-
haft wirkt. Schon ans diesern Grunde
wären etwa zwei Prophetenbildliisse von
Sanlberger voizuziehen gewesen. Umso
rückhaltloser föuueu die übrigen Nummern
enlpfohlen werden. Man weiß nicht,
welche mehr Lob verdient. Bezüglich der
fünf Nazarenerwerke ist überhaupt fein
Bedenken zu erheben, auch nicht von kate-
chetischer Seite. Gegenüber einer Kritik in
der Beilage der „Augsburger Postzeitung"
(Nr. 50, S. 399) finde ich gerade das
„Weltgericht" voil Kornelius begrüßens-
rvert. In Süddeutschland wird man wenige
Klasseil zählen, ans deneil nicht das eine
oder andere Kind in feinem Leben nach
 
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