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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 29.1911

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Nr. 1
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Fischer, A.: Die Kunst im Dienste des Religionsunterrichts, [1]
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Wunder: Der Kirchenschatz und die Paramente des Chorstifts Wiesensteig, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.16251#0019

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10

der Fremde. Letzteres fand in der Gestalt
des Sohnes eine ergreifende Verkörperung.
Mancher weniger geübte Beschauer dürfte
sogar ein Uebermaß nit Realistik fest stellen.
Mit Unrecht! Sofort nach dem ersten,
oberflächlichen Blick ordnet sich die körper-
liche Erscheinung der seelischen Verfassung
völlig unter. Alles atmet Reue, sogar
der achtlos meggeworfene Wanderstab.

Ist hier die Herausarbeitnng des Grund-
gedankens durch den Ausschluß von
biblischen Personen erreicht, so in dem
„O p f e r R o a s" durch freie, glückliche
Erfindung. Die hart mitgenommenen
Kinder erwecken aufs wirksamste die Vor-
stellung des Dankgebetes, desgleichen der
Vogelschwarm, der sich eben aus dem
dumpfen Kerker, der Arche, ins Freie stürzt.

Die drei besprochenen Nummern bieten
mehr, als der Naure Bibelbilder in
Aussicht stellt. Es sind wahre Andachts-
bilder, ebenbürtig beneu der Nazarener
und der Veuroner Schule, welch letztere
in manchen Einzelheiten leise anklingt.

Dagegen konnte aus der „Erhöhung
Josephsin Aegypteu" nichts anderes
gemacht werden als eine Illustration zur
Biblischen Geschichte; und der Maler hat
es zuur Glück auch nicht verfucht. Leider
erscheint aber der „Aegpptische Joseph" in
so ungünstiger Perspektive und Beleuchtung,
daß das Verständnis barnnter leidet.
Dafür entschädigt allerdings die Menge
von Einzelzügen, in denen sich der Künstler
offenbar für die sonstige Selbstbeschränkung
schadlos hielt imb einmal seinen Genius
sich nach Herzenslust austollen ließ.

(Fortsetzung folgt.)

Der Kirchenschatz und die para
mente des Cborftifts Wiesensteig.

Von Pfarrer Wunder, Mühlhausen.

In seinem Werke „Tie Säkularisation ht
Württemberg von 1802—1810" berichtet
Erzberger (S. 313 ff.): „Im Jahre 1803
fiel das Chorstift (Wiesensteig) an Bayern,
welches das Stift sofort aufhob. Die
bayerische Regierung ließ im
I a h r e 1804 v o n d e u vorhandenen
K i r ch e n g e r ä t e n die w e r t v o l l st e n
wegführ.en. Von der im Jahre 1804
von Bayern aufgehobenen, bei Wiesen-
steig gelegenen Wallfahrtskapelle Maria

Dozburg kamen dann in die Stiftskirche
zu Wiesensteig als Ersatz: 13 silberne
Kelche mit Patenen, 10 silberne Kannen
mit Patenen, 12 silberne Leuchter und
72 zunr Teil kostbare Meßgewänder.
Ueber diese Kirchengeräte erhob sich im
Jahr 1829 ein längerer Streit. Am
7. Januar genannteu Jahres wurde
nämlich der Katholische Kirchenrat auf-
geforderl, auf Verwendung der entbehr-
licher! Paramente in Wiesensteig Bedacht
zu nehmen, unr auf Kosten der Staats-
kasse zu sparen. Der Kirchenstiftungsrat
Wiesensteig aber erklärte, die Paramente
seien Eigentum der dortigen Kirche, wo
sie zudem auch unentbehrlich seien, was
ein Verzeichnis vom 6. Mai nachweist,
nach welchem sich daselbst befinden: eine
Monstranz, neun Kelche, acht silberne
Opferbecken, eine silberne Monstranz für
die Kreuzpartikel, zivei für Krankenbesuch,
zwei Ampeln, ein Rauchfaß, sechs silberne
Leuchter, ein silbernes Kruzifix, eine kleine
silberne Büchse, ein großes und ein kleines
Kreuz, drei Büchsen für das heilige Oel,
drei vollständige Ornate, 52 Meßgewänder.
Ein Dekret des Katholischen Kirchenrats
vom 18. August 1830 verlangt aber trotz-
dem vom Stift: drei Kelche, ein silbernes
Opferbecken, vier kleine silberne Leuchter,
einen weißen Ornat, zwei Levitenröcke
und 43 (!) Meßgewänder, sieben Alben,
acht Korporalien, ein mit Silber beschlagenes
Meßbuch, sechs Meßbücher, drei Opfer-
künnchen u. a. m. Gegen diese weitere
Säkularisation protestierte der Stadtrat
aru 7. Oktober 1830, da er in Unter-
handlungen stehe wegen Ausscheidung des
Pfarrkirchenfonds. Am 7. Dezember 1830
tvurde diese Eingabe abgewiesen und die
Paramente einfach in die Kirchen verteilt,
für welche der Staat die Kultkosten zu
tragen hatte; so kamen u. a. in das
Tübinger Konvikt damals Paramente von
Wiesensteig. Am 6. März 1831 protestierte
der Stadtrat wiederholt gegen die Weg-
nahme dieser Paramente, doch wurde er
am 2. Mai von dem Mmisterium einfach
abgewiesen mit dem Bemerken, daß das
Kollegiatstift Staatsgut geworden sei!
Aber doch nicht die Stiftung auf Maria
Dozburg! Daraufhin wandte sich der
Stadtrat an König Wilhelm I., wurde
jedoch am 7. September 1831 ebenfalls
 
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