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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 29.1911

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Nr. 5
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Brinzinger, Adolf: Die Wandgemälde der Reichenauer Malerschule in Oberzell, Niederzell, Burgfelden und Goldbach, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.16251#0053

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44

basilicula des ursprünglichen Eginobails
sei (799—802), an welchen Ban dann
im 12. Jahrhundert der jetzige, das eigent-
liche Schiff darstellende Westteil angebaut
worden sei. Künstle-Beyerle (Seite 21)
nehmen dagegen an, daß die Kirche ein
Guß sei und in ihrer heutigen Gestalt
als einheitliches Ganzes entstanden sei,
nicht in der Zeit Karls d. Gr., sondern
in der Mitte des 11. Jahrhunderts,
wahrscheinlich in der Regiernngszeit des
Abts Berno (1008—1048) und zur Zeit
des Chronisten der Neichenan, Hermannns
Contractns (y 24. September 1054). Eine
Krypta fehlt, wegen der liefen Lage am
See, das Grab Eginos war nrsplüuglich
in der westlichen Vorhalle, es ist, wie
oben bemerkt wurde, jetzt im Schiff.

DaS Langhaus wurde im 18. Jahr-
hundert verzopft unb eine elegante Stuck-
decke samt häßlichen breiten Fenstern
eingesetzt. Das Äenßere der Kirche hat
verputzte Wandflächen ohne architekto-
nischen Schmuck, iveder Bogenfriese noch
Lisenen; die ursprünglichen Fenster sind
nur erhalten an den zwei Seitenchören.
Die Säulen im Schiff sind veijüngt, leise
an schwellend, freistehend, mit verschiedenen
Würfelkapitalen und Vasen mit Eckknollen,
Gurtgesimsen mit abgeslufter Oberplatte
und schlanker Hohlkehle und wie das
Westportal srühromanisch. Ein Qner-
schifs fehlt, vielleicht deswegeil, weil es
nur sechs Chorherren waren. Die Wand-
gemälde in Niederzell sind vor zehn
Jahren entdeckt worden. Künstle und
Beyerle haben eine sehr verdienstvolle
Festschrift znm «10. Geburtstag von Pro-
fessor Franz Taver Kraus über Nieder-
zell veröffentlicht, deren Resultate wir im
folgenden Mitteilen.

Durch die Untersuchungen vom 20. Au-
gust bis 17. September 1900 gelang es
Professor Beyerle, in Niederzell das früh-
romanische Apsidialgemälde an der Chor-
wand hinter dem Hochaltar, später auch
noch andere Bilderreste zu entdecken ans
dem 12. Jahrhundert und aus späterer
Zeit. Das Hauptbild des oberen
Ap sid i a lg ew ö l b e s stellt in der ober-
sten Zone eine Majestas Domini dar.
Christus, in etwa drei Meter hoher Figur,
sitzt auf einein Sternenkranz thronend in der
Mandorla, ein Bild von großer Erhaben-

heit. Die Rechte ist segnend erhoben

und weit ausgestreckt, die Linke hält ein
auf den Knien aufsitzendes ansgeschlagenes
Evangelienbnch, von bem die Buchschließen
herabhängen, es hat auf nvei Seiten die
Inschrift t Ego sum Via Veritas et
Vita. Christus trägt einen roten Man-
tel mit breitein gelb getupftevi Saum
und eine weiße Tunika, das Haupt den
Krenznimbus. Der Hintergrund der
Maiidorla ist blau mtb mit weißen Ster-
ilen übersät. Aii den Eckeil finb die
vier Symbole der Evangelisteil mit Schrift-
loli en. Rechts steht der hl. Paulus,
bärtig, die Hände betend erhoben, in präch-
tiger Gewaiidnng, in rotem Mantel mit
gelben Rändern und herrlichem Falten-
wurf. lind lveißeiil Kleid mit romanischen
Faltenlinien in Lilaton. Links steht der
hl. Petrus, oben sehr verblaßt, durch die
Kasilla als Bischof charakterisiert. Dailil
folgen lieben Petrus nnö Paulus zwei
Cherubim, fechsgeslügelt, in hellen bis
diiiiklen Farbentönen: gelb, grün, blaii,
auf Rädern stehend, glänzend und flott
geiilalt. Unterhalb des roten Vorder -
gruiidstreisens folgt ein mit Ringen orna-
mentiertes Band und in einer zweiten
Zone sitzen unter Arkaden, die durch
Sänlcheil getrennt sind, zehn Apostel je
mit Buch, das je verschieden gehalten
wird, der Faltenwurf zeigt iiiannigfaltige
Abwechslung. In der dritten Zone folgen
ben Aposteln zehn Propheten mit spitzen
Jndenhüten, langen Mänteln lind herab-
fallenden Untergewüilderil, mit Schrift-
rolleil in den Händen, langen Jndenbärlen,
lebhaft bewegte Figuren. Je zwei Apo-
stel und zwei Propheteil fehlen jetzt, weil
in spätgotischer Zeit in die Apsiswand
ein breites Spitzbogenfenster mit Maßwerk
eingebrocheil wurde. Das untere Ellde
dieser Prophetenreihe befinbet sich 3,60
Nieter über dem Fnßbodeil der Kirche.
Uiiteil waren früher vielleicht Teppiche
anfgemalt. In der Renaissancezeit ist
ans das jetzige Apsisbild ein jüngstes
Gericht aufgemalt worden, das abgeklopft
worden ist bei Aufdeckung des jetzigen
Apsisbildes.

Das in Oberzell verivendete Mäander-
lnotiv schließt auch in Niederzell seitlich
die Bildfläche ab. Ebenso sind sichere
Spuren von einstigeln plastischen Schmuck
 
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