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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 29.1911

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Nr. 5
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Brinzinger, Adolf: Die Wandgemälde der Reichenauer Malerschule in Oberzell, Niederzell, Burgfelden und Goldbach, [2]
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Rohr, Ignaz: Die Karlsruher Trübner-Ausstellung, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.16251#0054

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aus Metall ober Glasfluß bemerkbar.
Füuf Farbeu hatte der Maler: hellblau,
grüu, goldgelb, rot uud schwarz. Eigent-
liche Freskomalerei ist es nicht; ob Tem-
pora oder Käsestofftechuik vorliegt, ist heute
uicht mehr festzustellen. Die Hand eines
sicheren uud gewandten Künstlers hat diese
Bilder ausgeführt. Christus ist voll Würde,
die Evangelistensymbole geschickt gezeichnet,
die Apostel uud Propheten lebendig uud
individuell behandelt. Dieses Apsisbild
in Niederzell ist das einzig übrig gebliebene
oder bis jetzt konstatierte Beispiel dafür,
wie man in Deutschland die frühromanische
Apsis bemalt hat. „Das Sujet der
Majestas Domini mit deu Evangelisten-
Spmbolen, oft noch mit Engeln oder den
Kirchenpatronen,blieb fast acht Jahrhunderte
lang das Lieblingsthema für die Apside,
bis es sich allmählich von der ursprüng-
lichen Bedeutung des segnenden oder
lehrenden Heilands in diejenige des rich-
tenden uurwandelte mtb später dieses
Motiv an das Kirchenportal transferiert
wurde. Die Beifügung der Cherubim
ist eine charakteristische Zutat des Künstlers
in Niederzell und wahrscheinlich beein-
flußt durch eine entsprechende Darstellung
in einer Miniaturhandschrift. Die Aehn-
lichkeit mit der Majestas Dornini-Szene
in St. Angela in Formis ist nicht allzu-
sehr zu betoneil; der jugendliche Christus
daselbst hat noch beit alteil Typus, in
Niederzell ilähert sich die Darstellung schon
inehr der mittelalterlichen Form, gaiiz be-
sonders durch die Beifügung der Apostel-
und Prophetenreihe, in beiten schon die
Ankündigung des Weltgerichtmotivs an-
klingt durch die Anbringung der 12,
welche ans beit Thronen der 12 Stämme
Israels sitzen, mit diese zu richten" (Sauer,
Hist.-pol. Blätter, S. 364). Künstle-Beyerle
setzeil die Entstehung des malerischeil
Schmucks der Apside in Niederzell unr die
Mitte des 11. Jahrhunderts und hinsicht-
lich der Maltechuik sei fast zu vermuten, daß
wir es in Burgfelden und Niederzell
mit ein und demselben Meister zu tun
haben (Künstle-Beyerle, S. 38 und 39).
Unzweifelhaft sicher habeil Mönche der
Neichenauer Malerschule diese Apsis be-
inalt. (Fortsetzung folgt.)

Die Karlsruher (Lriibnem
Ausstellung.

Besprochen von Professor Rohr, Straß bürg
(Schluß.)

Bon enteilt in unbestimmbares Dunkel ge-
tauchten Hintergrund hebt sich der Leichnam
ab. Das einenlal ist etwas mehr, das andre-
mal welliger von dem gepolsterten Lager
zu sehen, auf das man ihn gebettet. Die
fahle Leichenfarbe, gesteigert durch die
Leichentücher, heben ihil von demselben
ab. Helle Lichter huschen über Schien-
beine, Leichentuch, Nasenspitze, Augen-
branen uitb Stirnrand hin, und von da
ans spinnen bald feinere, bald dichtere
Schatteil sich um die Glieder. Von
Wunden sind nur die Male der Nägel
an Händeil und Füßen zu sehen, sonst
auch nicht die leiseste Blntspnr. Und
doch zeigt ein Blick auf das müde Antlitz,
auch wenn man die Wundmale nicht be-
achtet, daß der Tote Ungeheures gelitten.
Erst nach und nach beachtet man dann,
wie sicher die Verkürzung der von links
und etwas voll nnteil gesehenen Glieder
getroffen ist, wie die hellen Lichter von
den bläulichen Schatten sich abheben, ivie
die Todesblässe zu den dnilklen Lücken uitb
diese zum noch dunkleren Hintergründe über-
leiten. So helfen die künstlerischeil und die
ethischen Werte sich gegeilseitig zur An-
erkennung, und wenn das Werk zuilächst
auch ilicht die Prätension eines Andachte-
bildes erhebt, so löst es nach mtb nach
doch jene Gefühle mtb Anmntungen ans,
die sich mit dem Gedanken an die
Grabesruhe des Herrn zil verbinden
pflegen.

Nicht so leicht wird es, der „K reu -
zigung" gerecht zll werden. „Roß-
phantasie zum Davonlaufen über die
Kreuzigung Christi", dieser Titel drängte
sich mir unwillkürlich auf, als ich sie vor
Jahren erstmals in einer farbigen Repro-
duktion sah. Daß ich mit meinen Ein-
drücken nicht allein stand, bewies mir
ihre Besprechung in einem sonst sehr an-
erkennenden Trübner-Artikel, der sie in un-
heimlicher Nachbarschaft der „Schrullen"
anfsührte. Und doch habe ich Deut Werke
einigermaßen Abbitte geleistet, als ich es
tut Original wieder und ivieder betrachtete.
Ein „Andachtsbild" ist es nicht und in
 
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