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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 29.1911

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Nr. 6
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Naegele, Anton: Die letzten Helfensteiner und das alte Ave-Mariakirchlein im "Täle", [1]: Beiträge zur Kunst- und Kirchengeschichte des oberen Filstals aus dem vatikanischen Archiv
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https://doi.org/10.11588/diglit.16251#0066

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57

lindendichters Wort „wohlgemeint un-
verächtlich ist auch des kleinen Mannes
Gabe", sei diese Gabe als öocng öXiyri je
cp[.A)] je, vermehrt durch andere kleine
Beiträge, als Dank für manch kostbare
Jngendfrende irnd Jngenderinnernng der
„Perle des Tales" zrr Füßen gelegt.

Im Banne der Roma aeterna1), wo
man auch ohne ans der Montana Trevi
gleich andern Schwärmern „römischer
Schlendertage" getrunken zu haben, der
Heimat, heimatlicher Kleinstädte irnd
Kleinlichkeiten gern und schnell vergißt, im
Schalten des St. Petersdoms, umgeben
von den Meisterwerken aller Zeiteir, welche
die Größten der Menschheit in Baukunst,
Malerei und Plastik geschaffen, ist jeder
zrrnächst in Gefahr, den Maßstab für die
Beachtung und Schätzung von Heimat-
knnst und Volkskunst niederen Rangs
zu verlieren. Und doch erging es dem
Suevus Romanus wie so manchem
Pilger: bei allem Glanz und aller Größe
italienischer Bauten steigt die stille Größe
des Heimatkirchleins, eines lieben, trauten
Gebets« und Gnadenorts, wo man besser
sinnen, andächtiger beten, gesammelter
kommen und gesegneter scheiden kann als
in jenen noch so bewundernswerten Re-
präseutationsräumen mit all ihrer groß-
artigen Pracht uitb niederdrückenden Größe.

Und was sowohl die geschichtliche Be-
deutung des gefundenen vatikanischen
Dokuments erhöhen wie neue Stimmungs-
werte lyrisch-romantischen Gehalts schaffen
mußte bei diesem Sichwiederfinden im
heimatlichen Kirchlein: zu diesem merk-
würdigen Nebeneinander voir St. Peters
Dom anl fernen Tiberstrand unb dem
Marienkapellchen im Filstal gesellte sich
noch eine andere mehr tragische Kom-
bination: gerade drei Jahrzehnte darauf
(12. Dezenlber 1626) starb in jugend-
lichem Alter fern der Heimat im ewigen
Ronr der letzte Sprosse des Helfensteinischen
Geschlechtes, Graf H e i li r i ch von

*) „Roma sacra“ ist der Titel des neuesten
Rom-Werkes des verdienten Prälaten de Waal,
Rektors des Campo Santo Teutonico, ans das
auch hier empfehlend hingeiviesen sei: Die ewige
Stadt in ihren christlichen Denkmälern und
Erinnerungen alter und neuer Zeit. München 1908.
Die Abschrift, deren Besorgung ich vor der Ab-
reise anderen Händen überlassen mußte, verdanke
ich Herrn Or. Schweizer in Rom.

Helfenstein, der Enkel dessen, der sich
iil unserer vatikanischen Urkunde so sehr
um die Lieblingsstiftnng seiner Väter nn-
genomilien, um die äußere Wiederherstellung
wie um die Gnadenansstattnilg des Wall-
fahrtskirchleins Ave Maria, deretwegen
sein Großvater Graf Rltdolf sich nach Rom
im Jahre 1596 gewandt hat. „Opera
illorum sequuntur illos, ihre frommen
Werke folgen ihnen nach," dieses alte bib-
lische Wort bestätigt das neue Helsensteiner
Schriftstück. Ihre Stiftung lebt fort in jenem
kirchlich-religiösen Dokument und jenem
älteren Monnment, während die Bilrg
Helfenstein ob Geislingen, das einst stolze
Stammschloß der Grasen, längst der
Zerstörung zuni Opfer gefallen und kaum
ein Steiir mehr ans denr andern steht:
Sie transit gloria mundi, das erlebten
und erfuhren sie nicht weniger wie die wohl
an Ruhm und Macht, nicht aber an Lebens-
dauer die Helfensteiner überragenden
Hohenstaufen.

In einem romantischen Waldwinkel des
obereir Filstales, dessen landschaftliche
Schönheiten erst seit kurzem weiteren
Kreisen durch die Tälesbahn erschlossen
wurden, liegt die alte W all fa h r t ski rche
Ave Maria, zwei Kilometer seitwärts
vom Marktflecken D e g g i n g e n, Tngstein
oder Tuffstein in alten Zeiten auch ge-
nannt. Die Wohnung des Kaplans und
Mesners und ein älteres Kapellchen,
desseir Ursprung uns im Lichte unseres
Dokuments besonders anziehen wird,
bilden die einzige Umgebung des Kirch-
leins ans der Höhe; mächtige Linden
schirmen und beschatten das Heiligtum,
und reicher Buchenwald bildet den herr-
lichen Hintergrund mit den mächtig an-
steigenden Bergen der Alb — ein Idyll so
weltverloren, wenn nicht schon längst vor
dem Eindringen moderner Technik und
neumodischen Tonristentnnrs fromme
Wanderlust altdeutscher Vorfahren seit
Jahrhunderten es entdeckt und gehegt hätte.
Nicht umsonst haben begeisterte Stimmen
dieses durch Natur und Kunst und Religion
ausgezeichnete Plätzchen in Poesie und
Prosa besungen, auch solche, die nicht
vom Geiste der gewöhnlichen Wall-
fahrer getrieben durch das annrntige
Tal zogen.

Doch nicht dem heute ans Bergeshöhe
 
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