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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 29.1911

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Nr. 7
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Naegele, Anton: Die letzten Helfensteiner und das alte Ave-Mariakirchlein im "Täle", [2]: Beiträge zur Kunst- und Kirchengeschichte des oberen Filstals aus dem vatikanischen Archiv
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https://doi.org/10.11588/diglit.16251#0080

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71

lieruitij und Fundierung der Stelle des
Caplaus, „der uff dem Berg bei der Capell
sizen ititb eilt priesterlich erbar Wesen
haben soll", hervorragend mitbeteiligt.
Außerdem wird in der von Gabelkoser und
Kerler erwähnten Urkunde gesagt, zu der
errichteten neuen Liebfranenkapelle habe
Graf Friedrich den Berg Dugstig (Stalin
schreibt, wohl nach Vorgang jener, Jngstig)
gegeben. Ob der Bittsteller selbst oder
sein 1438 gestorbener Vater Friedrich
von Helfenstein, der Sohn des 1372 auf
Burg Ramstein, der Burg Eberhards
von Falkenstein, ermordeten Gründers der
Wiesensteiger Linie, Ulrich, der Stifter
war, geht zunächst aus Stälins Anführung
nicht hervor. Auch in der Pfarrkirche
in Deggingen haben die Helfensteiner
ein Jahrhundert früher eine Kaplanei
gestiftet anno 1363 laut Reg. Boic.
9,90: Ulricus comes de Helfenstein
vicariam seu praebendam ecclesiae
parochialis in Teggingen ad altare
virginis S. Katherinae et undecim
milium virginum ex reditibus de
fundo dicto Teggingen fundat *).

Ob die Helfensteiner aitch zum Ban der
ersten Kirche wie zur Stiftung der ersten
Pfründe mitgewirkt haben? In der
Snpplikationsurknnde wird nach Stälins
Auszug hervergehoben, daß Graf Friedrich
den Berg Dugstig zu der errichteten neuen
Kapelle, Ave Maria genannt, hergegeben
habe. Noch klarer geht dies atts der aller-
dings späteren römischen Urkunde
hervor; Graf Rudolf von Helfenstein
begründet sein Bittgesuch für die an erster
Stelle vor der Wiesensteiger Bnrgkapelle
und der Kollegiatkirche znin hl. Cyriakus
angeführten Wallfahrtskapelle dainit, es sei
das „sacellum, vulgo Ave Maria nun-
cupatum“ von seinen teuersten Vorfahren
zu Ehren der heiligsten Jungfrau Maria
errichtet worden. Der erste neue Gewinn
ans diesem neuen ungedruckten Dokument
ist also die ein Jahrhundert später be-
zeugte Tradition von der Stiftung der alten
Ave-Maria-Kapelle durch die Helfensteiner.

Weiter vermehrt dasselbe unsere Kennt-
nis über ihre Geschicke in den stürmischen
Zeiten der Reformation undGegen-
reformation in der Wiesensteigischen

Reichsgrafschaft und über die solche bestim-
mende Stellungnahme der Helfensteiner in
Wiesensteig. Daß das Jahrhundert vor der
drohenden Aufhebung bezw. Reformation
des Heiligtums eine Blütezeit der Wall-
fahrt war, glaubt Reher mangels anderer
Nachrichten aus der Errichtung und weiten
Verbreitung der Bruderschaft bei Ave
Maria und ans der glaubwürdigen Ab-
schrift eines einst in Wiesensteig anf-
bewahrten „Mirakelbuchs" des Wallfahrts-
orts schließen ztt dürfen, in dem nicht weniger
als 80 auffallende Gebetserhörnngen mit-
geteilt seien. In unserer Urkunde bezeugt
nun kein geringerer als der Sohn des ein-
stigen Reforinationsanhängers selbst, Graf
Rudolf von Helsenstein, daß in dem er-
wähnten Sacellum „magna atque prae-
clarasaepenumero edita, immoadhuc
eduntur miracula, quam ob causam
eius longinquissimis etiam in locis
fama increbuit“. Einen spezielleren
Kommentar zu diesenr Bericht über den
weitansgedehnten Ruf des Gnadenorts
in den entferntesten Gegenden mag ein
von Neher ff rnitgeteilter Auszug ans dein
chronologisch leider nicht bestimmteit Brn-
derschaftsregister geben, wonach in 33 Ort-
schaften ans den heutigen Oberämtern,
meist Göppingen und Geislingen, aber
aitch Gmünd, Urach, Eßlingen, Münsingen,
Mitglieder der ohne Titel überlieferten
Bruderschaft des kleinen Gotteshauses
sich befanden.

Die bedeutsamste Lücke füllt der neue
Bericht für die entscheidungsvollen wenigen
Jahrzehnte des Abfalls der Grafschaft
vom alten Glauben ans, wo bisher nur
vage Vermutungen 1111b späte Chronisten-
sprüche allgemeinster Art Geltung hatten,
wie z. V. der nach dein neuen Kirchen-
ban int Jahre 1737 geschriebene Eintrag ch:
„So scheinet die Wallfahrt, wegen Alter-
tnmbs teils wegen kriegs und Luthers
Zeiten fast vergraben gewesen, angen-
scheinlich ans ein Neues zu resuscitiren."

Umso größer ist der Wert dieser kur-
zen urkundlichen Angaben in einem an
die höchste kirchliche Autorität gerichteten
Schriftstück, als sie von einem Zeit-
genosse n der Ereignisse, ititb zwar

9 Oberamtsbeschreibmig S. 170 s.

9 A. n. O. S. 20 f.

2j Bei Neher a. a. D.

35.
 
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