Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Hinweis: Your session has expired. A new one has started.
Metadaten

Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 29.1911

DOI issue:
Nr. 8
DOI article:
Naegele, Anton: Die letzten Helfensteiner und das alte Ave-Mariakirchlein im "Täle", [3]: Beiträge zur Kunst- und Kirchengeschichte des oberen Filstals aus dem vatikanischen Archiv
DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.16251#0090

DWork-Logo
Overview
loading ...
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
81

dar die Heilung des Wassersüchtigen oder
des Mannes mit der verdorrten Hand
(Künstle 48).

4. An der N o r d w a n d war es nicht
möglich, das erste Bild freiznlegen. Viel-
leicht ist hier, wie in Oberzell, das Wunder
der Heilung des Blindgeborenen dargestellt
gewesen.

Die zweite Szene der Nordwand zeigt:

5. Die Heilung des Besessenen
(wahrscheinlich nach
Markus 9, 19 — 15).

Der Kranke ist un-
bekleidet, kahlköpfig, zn-
sammengesnnken. Zwei
Männer in eng anlie-
genden Gewändern mit
verbrämten Halskragen
halten ihn.- Christus in
gelbem Unterkleid und
rotem Mantel steht seg-
nend vor ihm mit
zwei Aposteln. Ein Din
mon schwebt über denr
Kranken.

6. An der Stelle der
Nordwand ist, wie in
Oberzell, Der Sturm
a u f d e m M e e r e dar-
gestellt. Im Hintergrund
des Schiffs schläft Chri-
stus, zivei Jünger wecken
ihn, einer läßt in der
Mitte das Segel herab.

Im Vordergrund steht
Christus, Haupt und
Rechte nach oben er-
hebend, wo zwei gehörnte
Windgötter Sturm er-
regen. Neben Christus
ein Jünger mit dem
Ruder. Die Stadt, in Ciborimn für

Oberzell im Hintergr und,
fehlt hier. Im Kodex Egberts ist die An-
ordnung der Perfonen verwandt mit dem
Bilde in Goldbach. Ein Oxforder Clfen-
beinwerk hat ähnliche Züge wie die Wnn-
derszenen in Overzell, vielleicht ist das-
selbe in Reichenau entstanden oder be-
kannt gewesen (Künstle 50).

Das vierte Bild der Nordrvand konnte
nicht bloßgelegt rverderi. Die Bilder sind
2 m hoch und 1,50 m breit. Oben ist
ein Mäanderfries (ähnlich in Oberzell der

schmälere Mäander), der untere ist fast
ganz zerstört.

Besser gelang die Bloßlegung der Chor-
bogen w and, nw ein Mäander als Fort-
setzung jenes Frieses mit den soeben be-
schriebenen Bildern sich unter der Lang-
hausdecke zeigte.

7. An der Südecke des Chorbogens
entdeckte man höchst interessante Bilder,
die in ähnlicher Weise ans der Reichenau
nicht Vorkommen, lieber
dem Seitenaltar ist eine
gemalte Säule mit Ka-
pital ans Akanthnsblät-
tern gebildet, das den
Mäander wie einen Ar-
chitrav trägt, daneben
vertikal der Name CI-
ANUS in Kapitalbnch-
staben. Nach rechts ein
Heiliger mit Tonsur und
Nimbus mit rötlicher
Dalmatik. Seine Linke
schützend gelegt über den
Rücken eines älteren
kahlköpfigen Mannes in
blauem Gewand, der das
Modell des Goldbacher
Kirchleins als Weihge-
schenk in der Rechten
hält; der Donator heißt
WillidHere, sein Name
steht in Majnskelbnch-
staben dalieben. Das
Modell des Kirchleins ist
eine Kopie der von ihm
erbauten Kapelle: vier
Rnndfenster der Nord-
walid, oben ein Dach-
reiter, der rechteckige
Chor fehlt, die Apside
Cannstatt. ist in der Ostwand durch

ein Dreieck im Giebelfeld
angedeutet. WeristCianus? Wahrscheinlich
der hl. Lucianns, Patron der Kirche, dessen
Reliquien vielleicht von Reichelian her liach
Goldbach übertragen wurden. Wer ist Wi-
nidhere, der Bauherr? Dieser Name war im
9. u. 10. Jahrhundert im Bereich der Klöster
St. Gallen uub Reichenau sehr verbreitet,
erscheint 88lnal im Reichenaner Verbrüde-
rungsbuch, einmal als Winidhere pater.
Er ivar wohl ein Adeliger ans der Nähe
von Goldbach. (Schluß folgt.)
 
Annotationen