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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 29.1911

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Nr. 9
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Brinzinger, Adolf: Die Wandgemälde der Reichenauer Malerschule in Oberzell, Niederzell, Burgfelden und Goldbach, [5]
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https://doi.org/10.11588/diglit.16251#0098

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89

9. DerZyklus mt beit untere »Fläche»
des Langhauses bestand ursprünglich
wahrscheinlich ans acht Bildern. An der
Nordwand sind die Heilung des Besessenen
und der Sturm ans dem Meere, andere
Bilder sind nicht mehr daselbst zu ent- >
decken. Dagegen fanden sich an der Süd-
seite drei Mäander und
verschiedene Bilderreste.

Oben ist unmittelbar unter
der Decke ein Mäander, ein
mittlerer Mäander mit
Inschriften läuft unter
den von uns beschriebenen
Bildern des Deckenfries,
ein dritter direkt unter
letzterem. Der zweite Mä-
ander nebst Jnschriften-
band ist bei Herstellung
des Malgrnnds der oberen
Bilderreihe mit einer
dicken Putzschicht über-
stricheu worden. Er bil-
dete den oberen Abschluß
der Wanddekoration der
ursprünglichen Kapelle
und bekrönte eine untere
Bilderreihe, rvie das Jn-
schriftenband deutlich be-
rveist, von dem nur ein
Nest noch zu enlzifferu ist,
und dieser zweite knust-
voll gemalte Mäander ist
aus älterer Zeit als die
übrigen Bilder der Ka-
pelle. Von den alten Bil-
dern , die er einst be-
krönte, ist unten außer
drei Spuren von großen
Christnsfignren und Köp-
fen von Jüngern nichts
mehr zu entdecken. Bei
der Erhöhung der Kapelle
ist der alte ursprüngliche
Mäander und das Jn-
schristenband zugepntzt
worden. Tie unteren Bilder sind da-
mals wohl beschädigt worden. Das
ganze Langhaus wurde danu neu bemalt.
Die Kapelle hatte sicherlich am Ende des
9. Jahrhunderts auf jeder Seite eine
doppelte Reihe von Gemälden, im ganzen
ivohl 16 Wunder Christi, von denen jetzt
nur fünf der obereu Reihe erhalten sind.

Die alte Basilika mit ihren nicht mehr
erkennbaren Gemälden und den metrischen
Inschriften geht vermutlich zurück in die
erste Blütezeit der Neichenatter Maler-
schule. Int b0. Jahrhundert sodann haben
Winidhete und Hiltepurg das Heiligtttin
erweitert und dttrch Reichenaner Künstler
aufs neue bemalen lassen.
Kratts weist die Oberzeller
und Goldbacher Bilder
dein Ende des 10. Jahr-
hunderts zu, der Zeit des
Abts Wiligovo. Künstle
nimmt an, daß die Ober-
zeller Georgskirche in der
jetzigen Form unter Abt
Hallo III. etwa 890 ge-
baut wurde und daß auch
dieWaudgemälöe in Ober-
zell ans dieser Zeit stam-
men, sowie daß dieselben
Maler kurz vorher oder
unmittelbar darauf das
Goldbacher Kirchlein mit
einem ähnlichen Zyklus
geschmückt haben. „Beide
Zyklen gehören u o eh d e r
karolingischen Zeit
an; sie sind die ältesten
Erzeugnisse monumenta-
ler Wandmalerei, die uns
diesseits der Alpen er-
halten sind, und damit ist
der so oft beklagte und
von den Kuusthistotikern
so schmerzlich empfundene
Verlust der karolingischen
Wandmalerei gehoben"
(Künstle 59). Wingenrolh
meint, „die Goldbacher
Bilder können ebensogut
dein 9. ivie beut 10. Jahr-
hundert angehören" (S.
308, Zeitschrift für Geseh.
des Oberrheins 1905,
Bd. 20). Die Entwick-
lnngsreihe der Reichenaner Kunst tväte
nach Künstle (S. 16) in folgender Auf-
einanderfolge anzitsetzen: 1. Der Zyklus
der Wttuder Christi und das Jüngste Gericht
in Oberzell gehören der Zeit Hattos 111.,
dem 9. Jahrhundert au. 2. Die Parabel-
darstelkttngen uitb das Gerichtsbild in
Burgfelden dem 10. Jahrhundert. 3. Das

!euch!er von I. Ballinann.
(Zu S. 82 ff.)
 
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