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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 29.1911

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Nr. 10
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Naegele, Anton: Die letzten Helfensteiner und das alte Ave-Mariakirchlein im "Täle", [5]: Beiträge zur Kunst- und Kirchengeschichte des oberen Filstals aus dem vatikanischen Archiv
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https://doi.org/10.11588/diglit.16251#0115
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104

bewahrt wurde, aus der Vnrgkapelle
stammt? Es ist ein kleines Glasgemälde
mit dem Helfenstein-Gundelsingischen Wap-
pen und der Inschrift: Rudolph Grav
von Helfenstein Baron zu Gnndelstngen
MDCllIIx). Gemeint ist der Sohn unseres
Grafen Rudolf, der letztverstorbene männ-
liche Sprosse des Helsensteiner Geschlechts,
Graf Rudolf, gestorben 1627.

Wie der Vnrgkapelle ging es noch einer
anderen Stiftung des zweitletzten Helfenstei-
ners Rudolf in seiner Residenz. Den früher
in Geislingen wohnenden, durch die Re-
formation daraus verdrängten Franzis-
kanernonnen erbaute Graf Rudolf in den
Jahren 1580- 88 ein Klösterlein in
Wiesensteig. Der Stiftnngsbrief vom Jahre
1590 ist noch erhallen uub in Kerkers
Urknndenwerk abgedruckt* 2). Dieser Van
fiel einem Brand im Schwedenkrieg 1648
znm Opfer; das an seiner Steile erbaute
neue Kloster wurde nach der Aufhebung
des Ordenshauses durch Württemberg 1808
int Jahre 1838 abgebrochen.

Wir kommen zrun letzten Abschnitlchen
nuferer vatikanischen Urkunde. Die letzte
Bitte, die Graf Rudolf dem Papst vorlegt,
und zwar noch dringender, wie die Ausdrücke
verraten, betrifft die Ko l le gi a t kir ch e
znm hl. Cpriak in Wiesensteig, „ecclesia
collegiata mea“, wie er wohl im Be-
wußtsein der vielen Opfer der Helfen-
steiner für das altehrwürdige Gotteshaus,
der heutigen Stadtpfarrkirche, hervorheben
darf. Er bittet den Papst, den Altar
vor der Grablege seines Geschlechts in
einen akare privilegiatum umwandeln
zu wollen, ein Ausfluß frommer Pietät
gegen seine Vorfahren, die teilweise hier
begraben seien. Der Hanptban der bereits
861 gegründeten Abtei- und späteren Kolle-
giatskirche fällt in die Mitte des 15. Jahr-
hunderts — die Zahl 1466 steht noch am
südlichen Turm — und erhielt sich bis znm
Brand der Stadt im Jahre 1648. Auch
hier i|t das Andenken der Helfensteiner durch
Zerstörung im 17.uub Umbau im ^.Jahr-
hundert fast ganz ansgelöscht worden und

0 Nach Stalins Aufzeichnungen in der Ober-
amtsbeschreibung van 1842 S. 271.

0 Urkunden zur Geschichte der Grafen von
Helfenstein S. 39.

soll durch die urkundliche Bemerkung ans
dem vatikanischen Archiv wieder etwas
anfgefrischt iverden. Vielleicht führen »eile
Restanrationsarbeiten ivie zur Allfdecknng
der alten romanischen Krypta auch zur
Auffindung der Helfensteinischen ©ruf t.
Welcher Altar unter de» sieben jetzigen
mit der Stelle des in der Urkunde ge-
nallnten identisch sein mag, muß ich
dahingestellt sein lassen. Nachweisbar we-
nigstens als die Grabstätte des Sohnes nn-
seres Bittstellers, des letzten, am 20. Sept.
1627 gestorbelien Helfensteiners, Rudolf, ist
der Raum unmittelbar unter dem St. Ba r-
bara-Altar, unter dem Rudolf von
Helfenstein mit Schild und Helm begrabell
sein soll I, in der Nähe des dem ehe-
maligen Ftauenkloster gegenüber befind-
lichen Tores! In den verdienstlichen, teil-
weise ans archivalischen Studien bernhendell
Arbeiten Wunders über die Altäre der
Stiftskirche in Wiesensteig2) sind nach
einem Schriftstück im Stuttgarter Staats-
archiv: „Verzeichnis, wie die Altäre in
der Stüftskürchen vor dem Brandt ge-
weßeil", die zwölf Altäre der spät-
gotischen, 1466 ei bauten, 1648 bis auf
die Mauern uub Gewölbe zerstörten Kirche
anfgezählt und beschrieben. Der zehilte
ist der „Herrschast-Altar", jedenfalls eine
Stiftllng der Helfensteiner; er „hat in sich
die Opferung der heiligen drei Könige", zu
beiden Seiten die Bilder von St. Anna
und St. Georgs. Unter ihm oder eher
hinter ihm ist wohl die gräfliche Gruft
zu suchen. Unsere vatikanische Urkunde
spricht vom altave ante sepul-
crum, der Begräbnisstätte eines Teils
der Vorfahren; dieser Helfensteinische Bc-
gräbnisaltar, für den Graf Rudolf im
Jahr 1595 mit das Altnrprivileg entkam,
wurde auch in der neuen Kirche wieder
errichtet und mit den fünf anderen Altären
1658 von Weihbischof Georg Sigismund
von Konstanz konsekriert und nach einer
Urkunde von 1659 der erbherrschaftliche
Altar genannt. (Forts, folgt.)

0 Stählin in Oberaintsbeschreibuiig (1842)
S. 269.

2) „Archiv für christliche Kunst" 27 11909)
S. 61 ff.

8) Vgl. Wunder a et. O. S. 63.

Stuttgart, Buchdriickerei der Akt.-Ges. „Deutsches Vclksblntt".
 
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