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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 30.1912

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Nr. 2
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Rohr, Ignaz: Eine Hohenstaufenkirche auf elsässischem Boden, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.16252#0025

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18

in der gleichen Höhe mit dem Langhaus,
und von seinem linken Flügel gilt dies
heute noch. Da jedoch der erhöhte Chor
bei der steigenden Zahl der Schmettern
nicht mehr genug Raum bot, so wurden
Vierung uub rechter Flügel des Quer-
hauses zu dem Chor geschlagen und auf
die gleiche Höhe mit ihm gebracht. Dem-
entsprechend mußte auch die Verbindungs-
treppe von ihrem ursprünglichen Platz
zwischen Vierung ruid Chor nach riick-
wärts verlegt werden zwischen Vierung
und Langhaus, also vonr Ostraud des
Chors an den Westrand.

Die Vierung war gekrönt vonr Viernngs-
türm, der, wie sich heirte noch Nachweisen
läßt, vom Viereck ins Achteck überging,
ähnlich wie der Vierungstrrrnr von Ros-
heim uub die beiden Seitentürme voll
Maursmünster. Das in großen Massen
hier nusgegrabene Metall beweist, daß er
zugleich Glockentrrrnr war.

Der Chor war dreiteilig, entsprechend
bem Langhaus, je mit geradem Abschluß.
Von den Seitenchören führte je eine
Treppe zrrr Krypta. Neben diesen Trep-
pen befanden sich die Ossuarien.

Die Krypta hat ziemlich große Maße
(8,23 X 7,7 m; die Höhe läßt sich nicht
mehr bestimmen; doch scheint die Grusl-
kirche zweigeschossig geivesen zu sein).
Vielleicht entsprach der Zwischenboden der
Höhe des Fußbodens im erhöhten Chor.
In der Längsachse der Kirche läßt sich
heute noch an der Ostwand der Krypta
eine Apsis Nachweisen. Möglicherweise
barg sie das berühmte Kreuz von Nieder-
münster, das eine Menge Pilger airzog.
Ihr Zulauf erklärt die großen Dimen-
sionen der Grrrst. Das Kreuz selber soll
von Karl bem Großen stammen. Ein
Herzog von Burgrrnd, der es in seinen
Besitz bekam, aber sich seiner nicht würdig
fühlte, lud es auf ein Kamel und über-
ließ letzteres seinenr eigenen Antrieb. Es
ging seirres Weges, bis es an der Stelle
von Niedermünster anlangte. So wrrrde
das kreuztrngende Kamel das Wahrzeichen
der Niederlassung.

Ein an der Schranke des Chores nach
dem Mittelschiff hin angebrachter, also
im ganzen Schiff sichtbarer steinerner
Ausbau tnag dazu gedient haben, dem
Volke bei feierlichen Anlässen die Heilig-

tümer des Münsters zu zeigen und zur
Verehrung auszustellen.

Ein anderes auffälliges Requisit ist ein
anr Westende des vordersten Gewölbe-
joches des Mittelschiffs aufgestelltes stei-
uernes Becken von ziemlich großenr Um-
fang, vielleicht dazu bestimmt, den Ge-
nesung suchenden Pilgern die Anwendung
des Wassers der nahen Odilienqnelle in-
nerhalb des Gotteshauses zu ermöglichen.
Denn für ein Weihwasserbeckeu wäre es
sicher zu groß und ebensoivohl auch für
ein Taufbecken.

Eine Menge bunter Glasscherben, die
mau im Schutt fand, beweist das Vor-
handensein gemalter Fenster. Die Trüm-
mer ivitrden von fachmännischer Seite
geprüft und als vorzügliche Leistungen
erfunden.

In tvelche Umgebung Niedermünster
innerhalb der elsässischeu Kunstgeschichte
gehört, ist bereits attgedenlel. Auch unter
den Knnstdenkmälerit Württembergs hat
es feine Verwandten. Die Cluniaoen-
sischen Einflüsse, die sich hier tvie dort
deutlich fühlbar machen, erkläreil die Ver-
wandtschaft. Die Vorhalle zwischen den
beiden Westtürnien, über ihr der trach
der Kirche offene Chor und die Schnecken-
treppeit in den Türmen erinnern sofort
an St. Aurelius in Hirsau; ebeufo der
gradlinige Abschluß der beiden Neben-
chöre, während in Hirsau allerdings die
Krypta sowie die Gewölbe für Chor,
Quer- uub Hauptschiff und in Nieder-
nlünster die Apsis des Hauptchors fehlen.
Auch die Stiftskirche in Ellwangen zeigt
einige Aehnlichkeit.

Ein llniknnt in der elsässischeu Kunst-
geschichte, und iituerhalb der gesanlten
Kunstgeschichte imnterhin eine Rarität ist
das in der Nähe von Niedermünster ge-
legene Kirchlein 51. Nikolaus. Zwar
ist es keine staufische Gründung, aber
stammt doch aus staufischer Zeit und titag
seiner Svtlderbarkeit halber in diesem
Zusammenhang behandelt werden. Vor
der Hauptkirche hat es den Vorzug des
älteren Ursprungs, uub fein Schicksal war
ihr gegenüber auch insofern ein milderes,
als es aus seinen Trümulern wieder-
erstand uub heute noch gelegentlich bem
Gottesdienste dient. Allerdings war hiezu
auch ein ilngleich geringerer Aufwand an
 
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